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Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)

Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)

Titel: Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)
Autoren: Sheryl Sandberg
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beeinflusst sein könnten. Dann verteidigen sie ihre Meinung mit dem Argument, dass es in diesem Fall mit dem Geschlecht nichts zu tun haben könne, weil – aha! – sowohl Männer als auch Frauen Probleme mit eben jener weiblichen Führungskraft haben. Doch die Strafe in Sachen Erfolg und Beliebtheit wird von Männern und Frauen gleichermaßen verhängt. Auch Frauen halten diese Verzerrung am Leben.
    Natürlich verdient es nicht jede Frau, gemocht zu werden. Manche Frauen werden wegen eines Verhaltens nicht gemocht, das sie am besten ändern sollten. In einer perfekten Welt bekämen sie konstruktives Feedback und die Gelegenheit, sich zu ändern. Dennoch, auf diesen Bias aufmerksam zu machen zwingt die Leute, darüber nachzudenken, ob es sich um ein echtes Problem oder um ein Problem mit der Wahrnehmung handelt. Das Ziel ist, Frauen etwas zu geben, was Männern automatisch zugestanden wird – den Vorteil des Zweifels.
    Im Gegenzug sollten auch Frauen ihren Chefs den Vorteil des Zweifels zugestehen. Cynthia Hogan arbeitete als Chefberaterin des Justizausschusses im Senat unter dem damaligen Senator Joe Biden, bevor sie 1996 nach der Geburt ihres ersten Kindes kündigte. Sie hatte vor, ein paar Jahre später in den Beruf zurückzukehren. Doch als ihr zweites Kind zu früh zur Welt kam, änderten sich ihre Pläne. Genau zwölf Jahre später rief der designierte Vizepräsident Biden Cynthia an und bat sie, als juristische Chefberaterin in sein Team im Weißen Haus zu kommen. »Mein erster Gedanke war, dass ich außer Yoga-Hosen gar keine Hosen mehr hatte!«, sagte Cynthia. Doch größere Bedenken bereitete ihr die Frage, ob sie angesichts der langen Arbeitszeiten im Weißen Haus ihre Familie noch zu Gesicht bekommen würde. Sie hat es wunderschön formuliert: »Ich wusste, dass es von zwei Männern abhängt, ob das funktioniert. Also fragte ich zuerst meinen Mann, ob er einspringen und mehr Verantwortung für die Kinder übernehmen könnte. Er sagte: ›Natürlich, jetzt bist du dran.‹ Und dann sagte ich dem designierten Vizepräsidenten, dass ich wirklich an den meisten Tagen mit meinen Kindern zu Abend essen wollte. Seine Antwort lautete: ›Na, Sie haben ja schließlich ein Handy, ich kann Sie also anrufen, wenn ich Sie nach dem Abendessen brauche.‹« 14
    Cynthia glaubt, dass die Moral ihrer Geschichte, auch wenn das weit hergeholt scheint, lautet: »hab keine Angst zu fragen«. Dass sie eine so wichtige Stelle mit Einfluss angeboten bekam, war eine großartige Gelegenheit. Vor allem, da sie so lange zu Hause gewesen war. Viele Frauen hätten sie angenommen, ohne überhaupt zu versuchen, dringend nötige Zeit für die Familie herauszuschlagen. Andere hätten in der Annahme abgelehnt, dass es ohnehin nicht verhandelbar sein würde, an den meisten Abenden zum Essen zu Hause sein zu können. Dass sie das Thema geradeheraus ansprach, hat ihr diese Möglichkeit überhaupt erst eröffnet.
    Jeder Beruf wird nach ein paar Opfern verlangen. Die Hauptsache ist jedoch, dass man unnötige Opfer vermeidet. Das ist besonders schwierig, da in unserer Arbeitskultur die komplette Hingabe geschätzt wird. Wir befürchten, dass die bloße Erwähnung anderer Prioritäten uns zu weniger wertvollen Angestellten macht. Auch mir ist das passiert. Wie oben schon beschrieben, änderte ich wegen der Kinder meine Arbeitszeiten, so dass ich zum Abendessen zu Hause sein konnte. Dass ich anfing, über diese Veränderung auch öffentlich zu sprechen, ist jedoch noch nicht lange her. Und wiewohl die Auswirkungen meines frühen Feierabends vernachlässigbar sind, erwies es sich als ziemlich große Sache, zuzugeben , dass ich um halb sechs das Büro verlasse.
    Zum ersten Mal öffentlich über meine Arbeitszeiten sprach ich bei der Lancierung von Facebook Women, einer firmeninternen Ressourcen-Gruppe. Das erste Treffen, unter der Leitung von Lori Goler und Mike Schroepfer, dem Technischen Direktor von Facebook, war für alle Facebook-Angestellten offen, auch für Männer. Während der Fragerunde wurde mir die (unausweichliche) Frage gestellt, wie ich Beruf und Familie miteinander vereinbare. Ich erzählte, dass ich so früh Feierabend mache, damit ich mit meinen Kindern zu Abend essen kann. Und dass ich mich, wenn sie im Bett sind, wieder an meinen Computer setze. Ich sagte, ich erzähle deswegen von meinen Arbeitszeiten, weil ich andere ermutigen will, ihre Arbeitszeiten ebenfalls ihren Bedürfnissen anzupassen. Obwohl ich schon im Voraus
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