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Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)

Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)

Titel: Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg (German Edition)
Autoren: Sheryl Sandberg
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identisch dargestellte männliche und weibliche Kandidaten bewertet werden. Tatsächlich zeigten die Befragten, die von sich behaupteten, am wenigsten voreingenommen zu sein, einen größeren geschlechterverzerrten Effekt (Gender Bias) zugunsten männlicher Kandidaten. Das ist nicht nur kontraproduktiv, es ist auch sehr gefährlich. Die Befragten aus eben jener Studie veränderten sogar die Bewertungskriterien, um Männern einen Vorteil zu gewähren. Wenn ein männlicher Kandidat hervorragende Bildungsergebnisse vorweisen konnte, wurde diese Qualifikation als entscheidend für den Erfolg als Polizeichef angesehen. Wenn die Bildungsergebnisse des männlichen Kandidaten nicht ganz so gut waren, wurde diese Qualifikation als weniger wichtig bewertet. Diese Art der Bevorzugung kam bei weiblichen Kandidaten nicht vor. Wenn überhaupt nur das Gegenteil. Wenn eine Frau über eine bestimmte Fähigkeit oder Erfahrungsgrundlage verfügte, dann war diese Qualität von eher geringerem Wert. Die ärgerliche Erkenntnis aus dieser Studie ist, dass »Leistung« unbewusst manipuliert werden kann, um Diskriminierung zu rechtfertigen. 9
    Sozialwissenschaftler stoßen andauernd auf weitere Beispiele für derartige Verzerrungen. In einer Reihe von Studien wurden im Jahr 2012 Männer in »moderneren« Ehen (Männer, deren Ehefrauen in Vollzeit außer Haus arbeiten) mit Männern aus »traditionelleren« Ehen (Männer, deren Ehefrauen zu Hause bleiben) verglichen. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob beim Mann die Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe sein Verhalten im Beruf beeinflusst. Das tat sie. Verglichen mit Männern in modernen Ehen hielten Männer in traditionelleren Ehen die Berufstätigkeit von Frauen für weniger gut. Zudem beförderten sie häufiger qualifizierte weibliche Angestellte nicht und fanden mit größerer Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen mit einem höheren Prozentsatz weiblicher Angestellter weniger gut funktionieren. Die Wissenschaftler spekulieren, dass Männer in traditionellen Ehen Frauen nicht unverhohlen ablehnend gegenüberstehen, sondern stattdessen »wohlwollende Sexisten« sind – mit durchaus positiven, aber eben überholten Ansichten über Frauen. 10 (Ein weiterer Begriff, der mir untergekommen ist: »frauenfeindlicher netter Kerl«.) Diese Männer glauben unter Umständen sogar, dass Frauen ihnen auf manchen Gebieten überlegen sind, zum Beispiel im Bereich des moralischen Denkens, und halten sie deswegen für besser geeignet, Kinder großzuziehen – und daher vielleicht auch weniger geeignet für beruflichen Erfolg. 11 Höchstwahrscheinlich ist Männern mit solch einer Haltung gar nicht klar, dass sie ihren Kolleginnen mit ihren bewussten und unbewussten Überzeugungen schaden.
    Eine weitere Verzerrung entsteht durch unsere Neigung, mit Leuten arbeiten zu wollen, die uns ähnlich sind. Die Beratungsfirma Innovisor hat in neunundzwanzig Ländern Untersuchungen durchgeführt und Folgendes herausgefunden: Wenn Männer und Frauen Kollegen für die Zusammenarbeit auswählen sollen, wählen beide mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit jemanden mit dem gleichen Geschlecht. 12 Dabei erbringen gemischte Gruppen häufig bessere Leistungen. 13 Mit diesem Wissen bewaffnet, sollten Manager aktiver darauf hinwirken, dass ihre Teams gemischt sind. Oder zumindest sollten die Manager auf diese Tendenz hinweisen, damit die Angestellten motiviert werden, ein paar ihrer Gewohnheiten über Bord zu werfen.
    Meine eigenen Versuche, auf den Geschlechter-Bias hinzuweisen, haben mir mehr Augenrollen seitens meiner Mitmenschen eingebracht, als ich verdient habe. Im besten Fall sind die Leute gewillt, sich selbst zu hinterfragen und über ihre blinden Flecken nachzudenken. Im schlechtesten Fall machen sie dicht und werden wütend. Ein verbreitetes Beispiel für geschlechterbedingte Verzerrung taucht bei der Bewertung beruflicher Leistungen auf. Wenn es um eine Frau geht, äußert der oder die Bewertende oft folgende Bedenken: »Sie ist wirklich gut in dem, was sie tut, aber ihre Kollegen mögen sie nicht so gerne.« Wenn ich so etwas höre, erwähne ich die Heidi / Howard-Studie, und dass Erfolg und Beliebtheit bei Frauen negativ korrelieren. Ich fordere den Bewertenden auf, zu bedenken, dass diese erfolgreiche Frau womöglich einen Preis für ihr Geschlecht zahlt. Für gewöhnlich halten die Leute die Studie für glaubwürdig, nicken zustimmend und sind dann empört über die Andeutung, dass ihre Manager dadurch
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