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LaVyrle Spencer

LaVyrle Spencer

Titel: LaVyrle Spencer
Autoren: Getrennt von Tisch und Bett
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jetzt wagte er nicht zu sagen, weswegen er
anrief, hatte Angst, sie würde ihn abweisen.
    »Wie geht
es dir?« fragte er statt dessen.
    Sie stellte sich sein Gesicht vor,
seine Augen, seinen Mund und gab schließlich leise zu: »Nicht sehr gut, seitdem
du das letzte Mal hier warst.«
    Er schluckte vor Überraschung über
die unerwartete Antwort. Er hatte eigentlich befürchtet, mit einem beiläufigen:
»Gut, danke«, abgespeist zu werden.
    »Auch mir
ging es nicht gut.«
    Es war unglaublich, wie ihr diese
paar Worte den Atem rauben konnten. Verzweifelt suchte sie nach einer Antwort,
sah jedoch nur sein Gesicht vor sich und überlegte, wo er sich jetzt wohl
aufhielt.
    »Wie geht
es Melissas Beule?« fragte er.
    »Oh, gut. Der kleine Kratzer ist
verheilt. Er wird ihrer Schönheit keinen Abbruch tun.«
    Beide lachten nervös, dann herrschte
wieder Schweigen in der Leitung. Clay stützte den Ellbogen auf sein Knie und
rieb sich die Nase. Sein Herz pochte so laut, daß er glaubte, sie müsse es am
anderen Ende hören.
    »Catherine,
was habt ihr beide morgen abend vor?«
    Sie umklammerte den Hörer mit beiden
Händen. »Morgen abend? Aber da ist Heiligabend.«
    »Ja, ich
weiß.«
    Clay rieb sich jetzt nicht mehr die
Nase, sondern zupfte an seiner Bügelfalte herum. »Ich habe mich gefragt, was du
und Melissa wohl vorhabt.«
    Catherine
schloß die Augen. Sie legte eine Hand über den Hörer, damit er ihr schweres
Atmen nicht hören konnte. Dann hatte sie ihre Fassung wiedergewonnen.
    »Nichts.
Morgen abend jedenfalls nicht. Am ersten Weihnachtsfeiertag sind wir bei Onkel
Frank und Tante Ella eingeladen. Aber morgen abend bleiben wir zu Hause.«
»Möchtet ihr mit mir zu meinen Eltern kommen?« Während er angespannt auf ihre
Antwort wartete, dachte sie:
    Was ist mit Jill? Wo ist Jill? Ich
sagte dir, du sollst nicht mehr zu mir kommen, außer es ist für
immer.
    »Wo bist du jetzt, Clay?« fragte sie
so leise, daß er sie kaum verstand.
    »In einem Motel.«
    »In einem Motel?«
    »Allein.«
    Ein überwältigendes Gefühl der
Freude durchströmte sie. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt, und
Tränen brannten in ihren Augen, während sie stumm den Hörer
umklammert hielt.
    »Catherine?« sagte er mit gepreßter
Stimme.
    »Ja, ich bin noch dran«, antwortete
sie atemlos.
    Seine Stimme klang fremd, als er
sagte: »Verdammt noch mal, antworte mir!« Und sie
erinnerte sich daran, daß Clay immer fluchte, wenn er Angst hatte.
    »Ja«, wisperte sie und rutschte mit
einem Plumps auf den Fußboden.
    »Was?«
    »Ja«, sagte sie lauter und lächelte
freudestrahlend.
    Wieder herrschte eine Weile
Schweigen in der Leitung.
    »Wo bist du jetzt?« fragte er dann
und wünschte sich, bei ihr zu sein.
    »Im Schlafzimmer. Ich sitze neben
dem Bett auf dem Fußboden.«
    »Schläft Melissa?«
    »Ja, schon lange.«
    »Hat sie den Koalabären bei sich?«
    »Ja«, flüsterte Catherine. »Er liegt
neben ihrem Kopf.«
    Nach einer Weile sagte Clay: »Ich
werde so bald wie möglich in Dads Kanzlei anfangen zu
arbeiten.«
    »Oh, Clay ...«
    Sie hörte ihn lachen – ein tiefes,
glückliches Lachen.
    »Ach, Catherine, du hattest recht,
du hattest so recht.«
    »Ich habe nur etwas geahnt.«
    Wieder lachte er, befreit dieses
Mal, und dann stieß er einen tiefen Seufzer aus.
    »Hör mal, ich muß Schlaf nachholen.
In den vergangenen Nächten kam ich kaum zur Ruhe.«
    »Mir ging's ebenso.«
    »Ich hol dich gegen fünf ab, okay?«
    »Wir warten auf dich.«
    Wieder herrschte angespanntes
Schweigen zwischen ihnen, das genauso viel aussagte wie die
sanften Worte, die dann folgten.
    »Gute Nacht, Catherine.«
    »Gute Nacht, Clay.«
    Wieder Schweigen, während jeder
wartete, daß der andere auflegte.
    »Gute Nacht sagte ich«, wiederholte
er.
    »So wie ich.«
    »Dann wollen wir es zusammen tun.«
    »Was wollen wir zusammen tun?«
    Bis dahin hatte sie nicht gewußt,
daß man ein Lächeln hören kann.
    »Auch das. Aber später. Jetzt leg
auf, damit ich schlafen gehen kann.«
    »Okay. Bei drei also?«
    »Eins ... zwei ... drei.«
    Beide legten auf.
    Doch beide fanden auch in dieser
Nacht wenig Schlaf.

31
    Der nächste Tag schien nicht vergehen
zu wollen. Catherine schwebte wie auf Wolken. Jedesmal, wenn sie an einem
Spiegel vorbeikam, betrachtete sie sich lange und kritisch, bedeckte mit beiden
Händen ihre Wangen, schloß die Augen und lauschte auf ihren Herzschlag, der
jeden Nerv in ihrem Körper zum Pulsieren brachte. Dann öffnete sie die Augen
und warnte sich vor
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