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Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten

Titel: Lautstärke beweist gar nichts - respektlose Wahrheiten
Autoren: Aufbau
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nach und nach flossen die Jahre dahin, und der Krieg kam. Mein Herr war Oberst bei den Konföderierten, und ich war Koch der Familie. Wie nun die Unionstruppen die Stadt einnahmen, sind sie alle getürmt und haben mich mit den anderen Negern ganz allein in dem riesigen großen Haus gelassen. Da sind die hohen Unionsoffiziere eingezogen und haben mich gefragt, ob ich für sie kochen will. ›Der Herr segne euch‹, habe ich gesagt, ›dazu bin ich ja da!‹
    Das waren keine kleinen Offiziere, wenn Sie nichts dagegen haben, das waren die höchsten, die’s gibt; und wie die dafür gesorgt haben, dass die Soldaten verduften! Der Gennaral, der hat mir gesagt, ich soll die Küche übernehmen, und er sagte noch: ›Wenn dir irgendjemand in die Quere kommt, dann machst du ihnen einfach Dampf; hab keine Angst‹, sagte er, ›du bist jetzt unter Freunden.‹
    Na, da hab ich so bei mir gedacht, wenn mein kleiner Henry jemals ’ne Gelegenheit hat auszureißen, dann geht er natürlich nach’m Norden. Deshalb bin ich den einen Tag dort reingegangen, zu den hohen Offizieren ins Wohnzimmer, hab einen Knicks gemacht, so, und bin wieder hoch und hab ihnen von meinem Henry erzählt, wobei die zugehört haben, genau wie wenn ich ’n Weißer gewesen war. Und ich sagte: ›Weshalb ich komm, is, weil Sie ihn vielleicht gesehen haben, wenn er ausgerissen und nach’m Norden gegangen is, wo Sie Genlmen her sind, und weil Sie’s mir vielleicht sagen können, damit ich ihn wiederfinde. Er war sehr klein und hatte ’ne Narbe am linken Handgelenk und oben an der Stirn.‹
    Da sahen sie ganz traurig aus, und der Gennaral fragte: ›Wie lange is das schon her, seit du ihn verloren hast?‹ Und ich sagte: ›Dreizehn Jahre.‹ Da sagte der Gennaral wieder: ›Dann is er jetzt nich mehr klein – der is ein Mann!‹
    Daran hatt ich überhaupt noch nich gedacht! Für mich war er immer nur das kleine Kerlchen gewesen. Ich hab mir nich vorgestellt, dass er wächst und groß wird. Aber nunwar mir das klar. Keiner von den Genlmen hat ihn getroffen, deshalb konnten sie für mich nichts tun. Aber die ganze Zeit über war Henry schon im Norden, obwohl ich das nich gewusst hab, Jahr um Jahr, und er war Friseur und arbeitete selbständig. Und wie später der Krieg kam, da raffte er sich auf und sagte: ›Ich bin lange genug Friseur gewesen‹, sagte er, ›ich geh jetzt meine alte Mammi suchen, wenn sie nich schon tot is.‹ Da verkaufte er alles und ging dorthin, wo sie Rekruten anwarben, und meldete sich als Bursche vom Obersten. Und dann hat er alle Schlachten mitgemacht, überall, um seine alte Mammi zu suchen; ja wirklich, er war erst bei einem Offizier, dann bei ’nem andern, bis er den ganzen Süden durchgestöbert hatte; aber verstehn Sie, ich hab davon keine Ahnung gehabt. Woher hätt ich das wissen solln?
    Nun, den einen Abend fand bei uns ’n großer Soldatenball statt; die Soldaten da in New Berne haben immerzu Feste gefeiert und sich benommen! Die hielten sie in meiner Küche ab, reichlich oft, weil sie so groß war. Aber verstehn Sie, ich konnte solche Geschichten nich leiden, denn ich gehörte zu den Offizieren, und das hat mich gekränkt, wenn die einfachen Soldaten so in meiner Küche rumgesprungen sind. Aber ich stand immer dabei und hielt Ordnung, jawohl; und manchmal haben sie mich in Rage gebracht, da hab ich sie aber aus der Küche rausbugsiert, das kann ich Ihnen versichern!
    Gut, den einen Abend, ’s war an einem Freitag, da kamein ganzer Zug von dem Negerregiment, das bei uns Wache hielt – das Haus war Hauptquartier, wissen Sie –, und da war ich vielleicht geladen! Wütend? Ich hab gekocht vor Wut! Da bin ich aufgeblasen rumstolziert und rumstolziert; ich hab sie bloß angestachelt, dass sie was tun, damit ich losgehen kann. Und die haben getanzt und gewalzt, meine Güte! Aber die haben sich amüsiert! Und ich hab mich immer weiter aufgeblasen! Bald danach kam so ein schmucker junger Neger, ein braunes Mädchen um die Hüfte gepackt, die Küche langgewirbelt, und rundum, rundum flogen sie, dass man schon vom Zugucken betrunken wurde, und wie sie vor mir anlangten, gingen sie dazu über, erst auf einem Bein, dann auf dem anderen rumzubalancieren, und dabei lachten sie über meinen großen roten Turban und machten sich lustig über mich. Da fuhr ich hoch und sagte: ›Macht, dass ihr wegkommt – Unflat!‹ Ganz plötzlich ging da für eine Sekunde ’ne Veränderung über das Gesicht des jungen Mannes, aber dann hat er
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