Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
nicht? Sie arbeiten trotzdem über die Maßen wirtschaftlich.«
    »Ich frage mich, wie lange noch. Eine Legebatterie arbeitet auch über die Maßen wirtschaftlich, solange die Leute Eier essen wollen, die nach Fisch stinken und vor lauter Salmonellen in Eigenbewegung verfallen.«
    »Prinzipiell richtig. Aber was wollen Sie? Programmierer sind die reinsten Ferkel. Geben Sie ihnen einen größeren Raum, und sie machen mehr Dreck.«
    Firidolfi lachte.
    »Nicht alles ist so sauber wie Geld, Silvio.«
    »Computer sind sauberer als Geld«, bemerkte Ricardo geringschätzig. »Sollten Sie anderer Meinung sein? Gut, kaufen wir die Fattoria.«
    »Ist der Preis okay?«
    »Zu hoch. Ich sorge dafür, dass sie runtergehen.«
    »Gut.«
    »Ansonsten können wir uns wirklich nicht beklagen. Das Thema Forschung und Entwicklung werden wir dieses Jahr mit einem satten Plus abschließen, ich glaube, das hat dem alten Sack mit seinen sepiagefärbten Haaren am meisten imponiert. – Ach, nebenbei, wir kommen noch mal besser weg, wenn wir den Stock verringern – soll heißen, wir schlagen einen Teil der Hardware los, bevor das Zeug wertlos wird. Pumpen Sie ein paar Ressourcen in die neuen i-Macs, wir bekommen sie zum Vorzugspreis.«
    »Das übernehmen Sie. Was ist mit den Turinern?«
    »Alpha? Sieht gut aus. Sie möchten uns kommende Woche treffen. Das Programm für die Fahrsimulation hat ihnen sehr gefallen.«
    Neuronet spaltete sich auf in Neuroweb und Neuroware. Während Neuroweb vornehmlich eigene und lizensierte Internet-Lösungen vertrieb, konzipierte Neuroware Programme für unterschiedlichste Einsatzzwecke. Der Leiter der Programmierung war ein russischer Exilant, der seit einigen Jahren für Neuronet arbeitete.
    Ricardo blätterte weiter in seinen Unterlagen. Firidolfi steuerte den Wagen gemächlich über die sich hochschraubende Straße auf das Städtchen zu, dessen Silhouette zackig und schartig einer Hügelkuppe unmittelbar über ihnen entsprang. Jenseits der Mauer, die La Morra zum Osten hin umgab, stürzte der Fels steil ab in die sanft geschwungene Tiefebene der Langhe.
    »Ardenti frisst uns aus der Hand«, sagte Firidolfi. »Gute Arbeit, Silvio. Nehmen Sie sich für den Rest des Tages frei. Soll ich Sie irgendwohin fahren?«
    Ricardo zögerte.
    »Ich kann nicht freinehmen«, sagte er langsam und fügte hinzu: »Sie übrigens auch nicht.«
    Sie hatte es gewusst.
    »Warum nicht?«, fragte sie trotzdem.
    »Es gibt noch eine Anfrage.«
    »An wen? Neuroweb oder Neuroware?«
    Ricardo schüttelte den Kopf.
    »An Jana.«
1999.15. JUNI. KOELN. HYATT
    Was gegen 9.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit auf den Bildschirmen der Durchleuchtungskontrolle erschien, die das BKA und der Secret Service im Zulieferereingang des Hyatt aufgebaut hatten, waren keine verdächtig aussehenden Gepäckstücke, ominösen Aktenkoffer, Jacken oder Mäntel, ebenso wenig Golftaschen, Kameras, Laptops und mit Kokain gefüllte Teddybären, sondern das Resultat der Vermengung von Wasser und Mehl. Den Mitarbeitern der Security gelang dank der Technik des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts ein faszinierender Einblick ins Innere von rund dreihundert Frühstücksbrötchen, knusprig gebacken, appetitlichen Duft und letzte Reste von Wärme verströmend.
    Unter anderen Umständen wäre die Prozedur an Lächerlichkeit kaum zu überbieten gewesen. Die Ankunft des Präsidenten der Vereinigten Staaten jedoch setzte andere Umstände schlicht außer Kraft. Hatte das Hyatt bis vor wenigen Tagen noch über normale Ein- und Ausgänge verfügt, war nun jede Öffnung, durch die man aufrechten Ganges ins Innere gelangen konnte, zu einer Sicherheitsschleuse mit Detektoren und Durchleuchtung umfunktioniert worden – nur eine von ein paar hundert Maßnahmen, hinter denen andere Umstände ins Glied der Verhandelbarkeit zurückzutreten hatten.
    Kika Wagner saß, eine Zeitschrift auf den Knien, in der Vorhalle und betrachtete das Kommen und Gehen.
    Zwei Tage vor Bill Clintons Ankunft in Köln glich das Hyatt einer Festung. Vor dem Gebäude parkten keine Autos mehr. Selbst Schiffstouren waren abgesagt worden; die nahe gelegene Frankenwerft durfte seit Gipfelbeginn nicht mehr angefahren werden. Das Innere des Hyatt präsentierte sich augenscheinlich unverändert, sah man davon ab, dass der Secret Service seit Wochen jeden Stein, aus dem das Hotel erbaut war, dreimal umgedreht hatte, durch jeden Lüftungsschlitz gekrochen und mittlerweile in jedem Winkel, unter jedem Teppich und im Innern
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher