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Lautlos im Orbit (1988)

Titel: Lautlos im Orbit (1988)
Autoren: Klaus - Lautlos im Orbit Frühauf
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Augen, in denen etwas wie Besorgnis ist. Der Dienstgrad des jungen Mannes ist nicht zu erkennen, seine Uniform weist weder Rangabzeichen noch das obligatorische Namensschild auf.
    Glenn Morris benötigt mehr als eine Sekunde, um das alles zu registrieren, zu verarbeiten und wahrscheinlich auch erste Schlüsse zu ziehen. Dann beginnt er zu brüllen. Ein zu Tode verwundetes Tier, das seine ganze Wut und alle Ängste aus sich herausschreien muß, wenn es nicht an ihnen ersticken will. Ich vermag kaum ein Wort zu verstehen, ich weiß nur, daß Morris alle Teufel der Hölle auf diese pflichtvergessenen Lumpen in den Katakomben des Mount Napier herabruft.
    Der junge Mann auf dem Bildschirm bleibt erstaunlich ruhig. »Nein, Sir!« sagt er, als sich Morris, endlich gezwungen, Atem zu holen, für einen Moment unterbricht. »Wir werden weder der Odin noch der Zeus Energie liefern. Wir haben die schriftliche Weisung, daß…«
    »Eine Weisung haben Sie? So? Und von wem haben Sie die erhalten, wenn ich fragen darf?«
    Der Zornausbruch scheint Glenn Morris’ gesamte Wut und Kraft aufgebraucht zu haben. Er steht, über die Magnetsohlen dem Boden verhaftet, schwankend inmitten der Zentrale. Seine Stimme ist jetzt sehr leise geworden.
    Dann streckt er, ohne die Antwort abzuwarten, die Hand aus und schaltet den Monitor ab. »Diese Idioten!« murmelt er. »Diese hirnverbrannten Idioten.«
     
    Beim Überfliegen der schwimmenden Versorgungsstation in der Nähe der Süd-Shetlands kommt der Energieübertragungsstrahl gar nicht erst zustande. Und Glenn Morris, der sich wohl bereits mit der Situation abgefunden hat, erspart sich die Demütigung, von einem jungen Mann ohne Namen und Rangabzeichen gesagt zu bekommen, daß Leute wie er nun endgültig überflüssig geworden seien.
    Ich sehe ihm an, daß er sich durchaus nicht überflüssig fühlt.
    Die Batterien der Odin sind knapp zur Hälfte aufgeladen.
    Wir haben noch etwa vierundzwanzig Stunden vor uns. Die Zeit ist trotz der Tatenlosigkeit doch schneller vergangen, als es mir mein Gefühl vermittelt hat. Und da sitze ich nun noch immer mit den anderen Leuten der Kernmannschaft in der Zentrale herum, und noch immer in einem Nebensessel der Laserleitanlage. Meinen eigentlichen Platz hat Luis Balmein eingenommen. Auf Befehl des Commanders. Und der kleine Schalter außerhalb meiner Reichweite steht noch immer in der Stellung »Aus«.
    Gegen Abend richtet sich Glenn Morris auf. Er scheint eine lange Kette unerfreulicher Überlegungen abgeschlossen zu haben. Jedenfalls glaube ich ihm anzusehen, daß er sich endlich entschlossen hat, uns die Weisungen zu erteilen, die sich mit dem letzten Teil des Auftrags der Odin befassen werden. Sein Gesicht ist ungewöhnlich blaß, aber der alte Zug von Konzentration und Härte ist zurückgekehrt. Sein goldbeschichteter Skaphander ist wieder bis zum Hals hinauf geschlossen.
    Unwillkürlich setzen auch wir uns in den Sesseln auf.
    »Ihnen dürfte nicht entgangen sein, meine Herren«, beginnt er, »daß der Gegner bisher noch keinen einzigen wirklichen Angriff gegen uns geflogen hat. Wenn es überhaupt Angriffshandlungen waren, dann doch nur Scheinattacken ohne den Einsatz von Waffen. Gibt es zu dieser Feststellung Fragen oder Bemerkungen?«
    Wir schweigen, verblüfft über die ungewöhnliche Art der Einleitung, die mich einen Augenblick lang hoffen läßt, die Überlegungen des Commanders könnten ihn zu völlig neuen Schlußfolgerungen geführt haben.
    »Zweimal sind gegnerische Flugkörper bis in unmittelbare Nähe der Odin vorgestoßen«, fährt er fort. »Es wäre ihnen ein leichtes gewesen, Kernladungen abzusetzen. Das aber…«
    »Vielleicht haben sie es getan«, sagt Harold Newman schleppend. »Nur eben um einige Zehntelsekunden zu spät. Die fünfte Maschine…«
    Der Commander bringt ihn mit einem vernichtenden Blick zum Schweigen. »Dann hätten sie doch wohl eine andere Formation gewählt, wie? Niemals aber den Parallelflug, bei dem sie sich gegenseitig gefährden würden. Halten Sie diese Leute nicht für dumm, Newman. Und Sie sollten zu denken versuchen. Ich bin sicher, daß wir es gut gebrauchen könnten.«
    Es ist eine seiner taktischen Varianten, jeden Widerspruch bereits im Keim zu ersticken. Fahre dem ersten ordentlich in die Parade, und die anderen werden sich hüten, eine andere Meinung zu äußern. Das ist seine Devise. Und sie hat sich immer bewährt.
    »Nein«, erklärt er weiter. »Ich glaube, daß sie einfach nur abwarten. Gewiß
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