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Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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aufrichtig eingestand! Ein wenig Vernunft hätte man ihr also wohl zutrauen dürfen! Aber... nun, so etwas sollte ihr nie wieder passieren!
    Bei diesem Gedanken mußte sie lachen. Die Tankstelle >Zum Kreuzweg< schien kaum der rechte Ort für Liebschaften und Abenteuer — das hatte ihr der erste kurze Rundblick gestern abend deutlich verraten...
    Ziemlich abgespannt war sie nach langer Bahnfahrt an der Endstation ausgestiegen, und dann hatte sie der Bus über weites Land und durch schmucke Kleinstädte gefahren. Bald jedoch war das Gelände karg und kahl geworden, und schließlich hatte sich die Straße wie ein Fremdkörper durch unwegsames, uraltes Buschland gewunden. Gegen Abend erst hatte der Fahrer ausgerufen: »Lakeville!« Die kümmerliche Ansiedlung schien nur aus ein paar Häusern, einem Kramladen, einer Garage mit Werkstatt, einer Eingeborenenschule und einer verfallenen Mühle zu bestehen, und hier war der letzte Mitreisende ausgestiegen. Der Fahrer hatte sich zu Lucia umgedreht.
    »Jetzt sind es nur noch fünf Kilometer. Ihr Onkel kann einem leid tun. Allerdings hat er sich einen ganz schönen Laden aufgebaut, und er lebt nicht schlecht vom Brückenbauer-Camp, den Feriengästen am See und dem Reitstall oben... Komische Idee übrigens: Da oben im Nebel Pferde zu halten!«
    »Ach, der Stall liegt hoch?«
    Der Fahrer hatte auf die vor ihnen aufsteigenden Bergzüge hingedeutet. »Das kann man wohl sagen! Verrückter Gedanke, die Tiere durch die Höhenluft abhärten zu wollen! Na, der Kerl hat eben Geld wie Heu und kann sich das Experiment leisten. Vier oder fünf Gäule, die nicht wunschgemäß spuren, hat er da oben, und dazu noch ein paar Zuchtstuten.«
    »Und er selbst? Wohnt er auch oben?«
    »Nein, wenigstens nicht ständig. Jetzt hat er für ein halbes Jahr jemanden angestellt. Über den Winter will er die Pferde wohl nicht oben lassen. Na, die würden da auch ganz schön einschneien! Ha, wie finden Sie die Aussicht hier?«
    Lucia verschlug es den Atem. Die Straße schlängelte sich aus dem Busch heraus, und nun schaute man auf den See — eine gewaltige Wasserfläche, so weit das Auge reichte. Die Straße zog sich lange unmittelbar zwischen Wald und Wasser dahin. Die Wolken wurden von der untergehenden Sonne rosig gefärbt, sie spiegelten sich nun in der stillen Wasserfläche. Lucia wunderte sich gar nicht mehr, daß Onkel Peter an einem solchen Ort Glück und Frieden gefunden hatte.
    »Gleich sind wir da!« erklärte der Fahrer. »Dort wohnt schon Ihre nächste Nachbarin — aber sie scheint nicht daheim zu sein.«
    Lucia riß den Blick vom See los und betrachtete das Häuschen, das von einem üppig blühenden Garten umgeben war. Es war, als flösse er über von Blumen und Blüten, aber zwischen all der Schönheit erkannte Lucia plötzlich verblüfft zahlreiche aus Stein gehauene widerwärtige Wesen, die wie Gnomen, Unholde und verwunschene Tiere aussahen.
    »Ein seltsames Anwesen! Was für Leute wohnen denn da?«
    »Eine alleinstehende Frau mit Namen Mills. Und sie selbst ist so seltsam wie der Garten. Der Garten ist nämlich ein ausgemachter Tick von ihr, und außerdem möchte sie andauernd der Welt beweisen, daß sie eine große Künstlerin ist... Sie verkauft auch selbstgemalte Bilder und so. Persönlich kenne ich sie gar nicht, aber mein Kollege, der abwechselnd mit mir diese Strecke fährt, hat schon manchen Plausch mit ihr gehabt; er ist auch so ein Gartenfex. Nee, für mich ist das nichts... Wir geben hier immer die Post ab; sie ist nämlich die Posthalterin.«
    Noch manche Frage brannte Lucia auf der Zunge, aber sie kam nicht mehr dazu, sie zu stellen, denn schon rollte der Bus in die Tankstelle ein, wo sie einen jungen Mann warten sah, der sicherlich Len Wilson war. Nun, sie würde bald wissen, ob sie gut mit ihm auskam; und auch das Geheimnis um Rosie und Carmen wollte sie bald enthüllen.
    Eben wollte Lucia aussteigen, da sank sie, zu Tode erschrocken, in ihren Sitz zurück: Der riesenhafteste und wildeste Hund, den sie je gesehen hatte, kam herangesprungen, ein gefleckter Boxer mit bißfrohem Maul und traurigen Augen. Drohend und furchteinflößend — fand Lucia — schaute er herein. Aber der Fahrer meinte unerschüttert: »Das arme Tier! Sie vermißt Peter!« Beim Klange des Namens seines Herrn kuschelte sich der Hund winselnd zu Boden und wedelte mit dem Schwanzstummel. Lucia stieg aus.
    Neben dem erschreckenden Tier wirkte Len beruhigend freundlich und harmlos, ein mittelgroßer,
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