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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich
Autoren: Stefan Maiwald
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Bestrebungen lag. Zum Schluss gab es einen trockenen Abschiedskuss und, welch schwacher Trost, Adressaustausch.
    Am nächsten Tag ging es von der Insel Grado 1200   Kilometer zurück nach Braunschweig. Ich habe gewisse romantische Gene in mir und bezeichnete mich vor mir selbst als verliebt, und Laura und ich traten in einen intensiven Briefkontakt. E-Mails gab es noch nicht beziehungsweise allenfalls zur militärischen Nutzung für die CIA.   Dieser Briefkontakt hielt gute drei Jahre, und ich hatte vielleicht sogar Laura im Hinterkopf, als ich den Italienischkurs belegte. Doch dann zog ich von Braunschweig nach Hamburg, die Entfernung zu Laura nahm noch einmal um 200   Kilometer zu, und ich genoss das Single-Dasein als schäbiger Politologie-Student. Der Kontakt riss ab. Herrje, was konnte man auch von einer Urlaubsbekanntschaft erwarten?
    Außerdem holte ich in Hamburg alles nach, was mir in meiner späten Teen-Ära verwehrt geblieben war – der kluge und mittlerweile sehr maßvolle und nachgerade gezielte Einsatz von Alkohol bei mir wie bei der jeweiligen Partnerin wird dabei fraglos geholfen haben. Diese Flegeljahre wurden unterstützt von meiner Rumtreiberei in traditionell promisker Szene: Ich lungerte |17| auf Ausstellungen, Vernissagen und Lesungen rum, schloss Freundschaft mit ein paar Künstlern und genoss sehr bald ein aufregendes Leben, das von allerlei seltsamen weiblichen Wesen bevölkert wurde. Ich war nicht gerade ein Casanova, aber ich tat mein Bestes.
    Natürlich war ich (bitte an dieser Stelle seufzen) im Kern noch ein zutiefst verunsicherter junger Mann. Die, die ich haben wollte, bekam ich nicht. Ich war eher der Mann für die nicht ganz so gut aussehende beste Freundin, aber da es in Hamburg eine Menge reizender Wesen gab, war auch die nicht ganz so gut aussehende Freundin oft noch recht passabel. Doch bald spürte ich (bitte an dieser Stelle ein zweites Mal seufzen, dann aber nie mehr) eine gewisse Leere, denn nur Sex machte komischerweise auch nicht glücklich. Apropos Sex: Ich schrieb nebenbei ein paar Geschichten für diese und jene Zeitschrift, saß plötzlich in der Redaktion der Zeitschrift ›Tempo‹ und bekam von dort ein Angebot vom, jawohl, ›Playboy‹. Ich überlegte kurz (etwa eine halbe Sekunde lang), dann sagte ich zu und zog im Sommer 1995 nach München.
     
    Exkurs:
Meine journalistische Karriere verlief ziemlich unglücklich. Vor allem für die Zeitschriften, die mich fest engagierten. Hier eine vollständige Auflistung meiner Stationen:
1992   –   1993: fester Autor ›Braunschweiger Stadtzeitung‹. 1993 wurde das Blatt eingestellt.
1993   –   1994: fester Autor ›Tempo‹. 1996 eingestellt.
|18| 1995   –   2000: Redakteur ›Playboy‹. 2003   Lizenzverlust; vom Burda-Verlag gekauft.
2000   –   2002: Textchef und Chefredakteur ›Globo‹. 2002 eingestellt.
    Dann beschloss ich, es wäre für alle Beteiligten besser, wenn ich fortan nur noch als freier Autor arbeitete.
     
    Ein Dreivierteljahr später war es Zeit, meinen ersten Urlaub zu nehmen. Nachdem ja alle Münchner mir vorschwärmten, wie nahe man an Italien sei, beschloss ich, Pfingsten dort zu verbringen. Aber wo? Ich erinnerte mich an diese bezaubernde kleine Insel und fuhr hin. Ich verbrachte fünf angenehme Tage mit Lesen, Pastaessen und sinnlos starke Espressi zu später Stunde trinken – eben all das, was man als Deutscher in Italien so macht. An meinem letzten Abend bummelte ich wieder einmal durch die Altstadt; meine letzte Runde Italien, bevor mich die ›Playboy‹-Redaktion wiederhaben würde, etwas brauner gebrannt und etwas fülliger um die Hüften, also ein bisschen schmierlappiger, was ja ganz gut zum Blatt passte. Dann hörte ich von irgendwoher meinen Namen. Konnte ja schlecht sein, also ging ich, nachdem ich mich verstohlen umgeblickt hatte, weiter. Ein paar Minuten später hörte ich wieder meinen Namen. Diesmal war es kaum zu leugnen, dass ich gemeint war, denn die Stimme war höchstens ein paar Meter hinter mir, also drehte ich mich um. Und da stand: Laura. Zufällig. Nach acht Jahren. Umwerfend sah sie aus, mit jetzt längerem, |19| immer noch blauschwarzem Haar. Sie hatte mich zufällig gesehen, wollte mich aber nicht ansprechen, es war ja schon sehr lange her, doch zufällig hatte sie eine alte Freundin dabei, die weniger vertrackt dachte als sie und sie immer wieder mit dem Ellbogen in die Seite stieß.
    Tja. Wir gingen auf den Schreck erst mal einen
caffè
trinken,
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