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Laura, Leo, Luca und ich

Laura, Leo, Luca und ich

Titel: Laura, Leo, Luca und ich
Autoren: Stefan Maiwald
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gehören auch Lars von Trier (»es ist sehr wichtig, nicht zu fliegen«), Drew Barrymore, Til Schweiger und, schau an, Michael Schumacher.
    Dennis Bergkamp ist einer der besten Fußballer der letzten zwei Jahrzehnte. Lars von Trier gilt als der derzeit wichtigste europäische Regisseur. The Cure veröffentlichen nach wie vor Platten, die euphorische Kritiken erhalten. Man kann es also, auch wenn man aufs Fliegen verzichtet, weit bringen. Sogar zum kommunistischen Diktator: Josef Stalin nahm wegen seiner Flugangst nicht an der kriegswichtigen Konferenz von Casablanca im Januar 1943 teil, Churchill und Roosevelt blieben unter sich. Zur Siegerkonferenz in Jalta 1945 verspätete er sich, weil er auf dem Landweg anreiste. Der bizarre Kim Jong Il aus Nordkorea brauchte für den Besuch bei Wladimir Putin zwei Wochen, denn er fuhr die Strecke quer durch elf Zeitzonen mit der Eisenbahn.
    |43| Offizielle Statistiken sprechen von rund 40   Prozent Flugängstlichen; interne Untersuchungen von Fluggesellschaften berichten dagegen von bis zu 80   Prozent der Reisenden, die ein mehr oder weniger übles Gefühl haben. Flugzeuge sind also Vollversammlungen zitternder, Wodka aufstoßender, in ihre Polstersessel schwitzender Kreaturen. Um diese lauernde Angst nicht zu einer veritablen Panik zu steigern, werden in Bordmagazinen zweifelhafte Vokabeln tunlichst vermieden. So darf kein Autor schreiben, er sei in einer Bar »abgestürzt«, und auch sonst sollten keine »turbulenten Szenen«, »Explosionen« oder »Brandherde« vorkommen. Noch besser: Viele Kinofilme werden fürs Abspielen an Bord massiv geschnitten. Ein krasses Beispiel ist der ›Englische Patient‹. Wer sich wundern sollte, warum Kristin Scott-Thomas plötzlich schwer verletzt in einer Höhle liegt, sollte sich den Film lieber auf DVD ausleihen. Auch in ›Sechs Tage, sieben Nächte‹ wird in der Airline-Fassung nicht erklärt, wie es Harrison Ford und Anne Heche eigentlich auf diese einsame Insel verschlagen hat.
    Oft wurde mir schon vorgeschlagen, ein Flugangst-Seminar (genauer wohl: ein Anti-Flugangst-Seminar) zu besuchen, und unter den zahlreichen Ironien des Schicksals, die mein Leben ohne das Fliegen begleiten, befindet sich auch jene, dass direkt über mir in München die Chefin eines großen Anti-Flugangst-Seminar-Veranstalters wohnt. Einmal hielt die Chefin des Anti-Flugangst-Seminar-Veranstalters, Gipfel der Perfidie, sogar Laura auf offener Straße an und flüsterte ihr ein, |44| sie könne »den da« (sie bewegte den Kopf in meine Richtung) problemlos heilen. Aber Flugangst-Seminare sind nichts für mich. Zum einen muss man in ihnen fliegen. Zum anderen wird einem dort dauernd erzählt (so berichteten mir jedenfalls Teilnehmer), dass Flugzeuge nicht abstürzen können, weil sie, selbst wenn alle vier Triebwerke ausfallen, noch friedlich zu Boden gleiten könnten. Entschuldigung, aber
wie viele Fälle von friedlich zu Boden gleitenden Flugzeugen gab es in der Geschichte der Luftfahrt?
Nein, Flugzeuge explodieren, kollidieren, werden von fehlgeleiteten Raketen getroffen oder zu Attentaten missbraucht, stürzen wie Steine zu Boden oder schalten gar, wie im Fall des Lauda-Air-Absturzes am 26.   Mai 1991, bei voller Reisegeschwindigkeit die Schubumkehr ein.
    Flugangst-Seminar-Psychologen behaupten ja, man müsse seine Angst unter allen Umständen überwinden. Man müsse sich seiner Furcht stellen. Das erinnert mich an den Extrem-Bergsteiger, den ich einmal fragte, warum er sich in Lebensgefahr begebe, nur um einen achttausend Meter hohen Gesteinsbrocken zu erklimmen. »Weil er da ist«, antwortete er mir. »Das sind die Fernbedienung und die Flasche Bier aber auch«, sagte ich.
    Nein danke. Denjenigen, die behaupten, ich würde was »verpassen«, antworte ich wahr und klar: Allein zwischen München und Rom gibt es so viele Orte zu entdecken, dass das ganze Leben nicht dazu ausreicht. Ich will nicht glauben, dass zwei Wochen Strandurlaub auf Mauritius mein Dasein nachhaltig bereichern |45| würden. Zudem finde ich, es tut gut, unter einer Angst zu leiden, denn das schärft die Sinne.
    Laura hat vor nichts und niemandem Angst. Sie lacht mich wegen meiner Flugweigerung aus. Wann immer sie nach München kommt, fliegt sie. Überflüssig zu erwähnen, dass ich schreckliche Angst um sie habe. Das kann nur Liebe sein.

|46|
Italienische Namen klingen
wie ein Versprechen
    M eike, Berit, Imke, Hilke – so heißen meine Exfreundinnen, und ich war in jede von ihnen
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