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Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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doppelt so lang war, weshalb sie sein Ende noch nicht so recht ausmachen konnten. Laubmann stolperte manchmal, weil er immer wieder an die halbrunde Decke leuchtete, als würde er sich vor Fledermäusen fürchten. Tatsächlich war er insgeheim von den uralten Bearbeitungsspuren fasziniert; unter welchen Anstrengungen und mit welchen Werkzeugen dieser Stollen dereinst wohl vorwärtsgetrieben worden war, überlegte er.
    «Hoffentlich finden wir ihn bald. Selbst wenn die Kellertemperatur höher liegen mag als die Außentemperatur, für eine kräftige Unterkühlung genügt sie auf jeden Fall.» Aus Dr. Franz Röttinger sprach der Mediziner.
    «Hoffentlich finden wir ihn nicht.» Hans Merten hatte bereits Angst, seine Anstellung zu verlieren.
    Die scheinbar schroffe Äußerung des Kastellans stieß bei Röttinger auf Ablehnung. «Wir müssen aber alles absuchen!»
    «Ich meine doch nur, daß er hoffentlich gar nicht hier unten ist.»
    «Quidquid sub terra est, in apricum proferet aetas.» Philipp Laubmann schien die Angelegenheit am wenigsten ernst zu nehmen. «‹Was auch immer unter der Erde verborgen ist, die Zeit wird es schon ans Licht bringen›, hat der römische Dichter Horaz geschrieben.»
    «Wie können Sie jetzt an so was denken?» Franz Röttinger wußte nicht, über wen er sich mehr wundern sollte.
    «Was sollte an einem klugen Gedanken verwerflich sein?»
    «Er bringt uns im Praktischen nicht weiter.»
    «Stimmt, praktisch taugt er nicht viel. Trotzdem suche ich gerne Zuflucht bei solchen Gedanken, vielleicht weil ich mir wünsche, daß sie tröstlich sein mögen.»
    «Ängstigen Sie sich etwa?»
    «Na, ein bißchen unheimlich sind die Dunkelheit, die Feuchtigkeit und die Stille wohl; allerdings gerade so, daß man nicht gleich davonlaufen möchte.»
    Sie waren am Fuß einer steilen, langgezogenen Steintreppe angelangt, die hinauf in ein kasemattenartiges Gewölbe der an der Oberfläche abgetragenen Vorburg führte, wenngleich deren militärischer Charakter nie besonders ausgeprägt war. Die Stufen waren glatt, und es kostete sie bei dem spärlichen und unruhigen Licht der Taschenlampen Mühe, nicht die Balance zu verlieren. Sie mußten untereinander einen größeren Abstand halten, um die nächsten Stufen zu erkennen, denn es war ihnen nur möglich, hintereinander zu gehen. Und obwohl die Treppe äußerst schmal war, waren ihnen die kalten Wände keine Hilfe. Wie in einer Röhre aus Stein kamen sie sich vor. Jeder meinte, der Abstieg vorhin wäre einfacher gewesen.
    Franz Röttinger war der letzte in der Reihe. Ihm saß nun die Unheimlichkeit direkt im Nacken, die Laubmann mit seiner Bemerkung so leichtfertig heraufbeschworen hatte, ja sie kroch ihm den Rücken rauf und runter. Er spürte hinter sich nichts als elende Finsternis oder was dort sonst noch alles sein mochte. Das Gehirn konnte einem vieles vorgaukeln. Als ob er das nicht erforscht hätte. Aber gab es nicht auch Unerforschliches? Nur allzu gerne hätte er sich mit den anwesenden Theologen darüber unterhalten.
    Sie leuchteten wie schon vorher bei der Führung in das Gewölbe hinein, sahen jedoch erneut bloß die herabgestürzten Mauerteile in einer der Ecken und entdeckten ein winziges Tierskelett daneben.
    «Ich vermute mal, von einer Ratte», bemerkte Franz Röttinger, als wäre er überdies Zoologe.
    «Haben Sie was Größeres erwartet?» Laubmann konnte sich den Scherz nicht verkneifen. So machte er sich bei Dr. Röttinger nicht beliebt.
    «Bitte Ruhe!» Der Kastellan war bereits über die nächste Treppe, die in ihrer Breite etwas komfortabler war und über einen, wenn auch angerosteten, Handlauf verfügte, hinaufgeeilt und befand sich inzwischen im eigentlichen Keller der Burg. Laubmann und Röttinger kamen ihm nach.
    «Herr Dr. Forster? Sind Sie hier?» Hans Merten lauschte. «Ich glaube, ich hab was gehört», verkündete er seinen Begleitern, «als hätte einer gerufen.»
    In ihrer Unruhe und in der Düsternis des Kellers, der sich vor ihnen verzweigte, klang jedes Geräusch schaurig. Für einige endlose Sekunden konnten sie sich nicht erklären, was es war, das sie vernahmen, woher es kam. Bald aber wurde ihnen bewußt, daß es sich um keine menschliche Stimme handeln konnte – obwohl das Geräusch bisweilen gänzlich verstummt war, um sogleich wieder heftig anzuheben –, sondern um nichts anderes als das triviale Heulen des Windes. Sie verspürten einige Schritte weiter einen schneidenden Luftzug. Und doch mutete es seltsam an, daß
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