Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laubmann 2 - Bärenzwinger

Laubmann 2 - Bärenzwinger

Titel: Laubmann 2 - Bärenzwinger
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
Vom Netzwerk:
hatte der Ausrutscher Ippendorffs beinahe einen kurzen Lacher entlockt, doch ruhig und standfest, wie er war, griff er nach dem Arm des Professors, um ihm aufzuhelfen. Barbara Burgerroths Blick ruhte mit Bewunderung auf Bebenhausen.
    «Danke, es geht!» erwiderte Ippendorff. Selbstsicher stapfte er weiter durch das knöcheltiefe faulige Laub und bedeutete den anderen mit einer Handbewegung, ihm zu folgen.
    Sie vertrauten ihm, weil sie keine andere Wahl hatten. Er marschierte durch die Senke, die zwischen den hohen Bäumen wie ein viel tieferer Einschnitt wirkte. Bald darauf öffnete sich die Schlucht nach vorne zu und traf auf einen Weg, der seitlich nach oben führte.
    «Endlich», stöhnte Barbara Burgerroth auf. Sie hatte sich ihr langes Haar mit zwei Haarspangen hochgesteckt. «Mir hat schon der unterirdische Schacht nicht gefallen.»
    «Mir hat er gefallen», meinte Ippendorff, und es lag etwas Anzügliches in seiner Stimme. «Leider war das Gemäuer von keiner besonderen künstlerischen Bedeutung.» Auf diese seine Ansicht bildete er sich als Kunsthistoriker offensichtlich etwas ein. Seine goldene Uhr blitzte im Schein einer Taschenlampe auf, während er eine abwertende Handbewegung machte.
    «Die Schmiede auf der Burg war äußerst interessant», widersprach Professor Meister von hinten und ließ sich von seiner Begeisterung leiten. Ihm gefiel der Ausflug. «Eine alte Burgschmiede – wo gibt es das noch? Und der Quellschacht erst. Dabei scheint es sich um ein technisches Meisterwerk zu handeln. Und das ist nicht mal alles erforscht.» Peter Meister suchte Zustimmung: «Meinen Sie nicht auch, Herr Dr. Böhmer?»
    «Durchaus reizvoll.» Friedemann Böhmer gab sich wortkarg.
    Der Waldweg, auf den sie gestoßen waren, stieg sehr steil an. Der sandfarbene grobe Schotter setzte sich zwar optisch vom umgebenden dunklen Waldboden ab, erschwerte aber das Gehen. Nur die verstreuten Schneeflecken leuchteten da und dort heller. Weil die Gruppe nun schwieg, war die Stille wieder hörbar. Dunst und Dämmer durchdrangen den Wald. An dem Stück Himmel, auf das der Weg scheinbar zulief, war ein letzter Schimmer des Tageslichts zu erkennen.
    «Die Burg!» Professor Bach legte Ehrfurcht in seine Stimme. «386 Meter über dem Meeresspiegel.»
    Beinahe drohend ragte das Gestein der Burgmauern vor ihnen empor. Unwillkürlich zogen die Bilder der zurückliegenden Burgführung noch einmal an den Teilnehmern vorüber: die Mauern und Wehrtürme; die Burgschmiede und Werkstatt des Kastellans mit dem altertümlichen Kanonenofen als Heizung; die Bärinnen im großflächigen Zwinger. Dann tief unter dem Torhaus das Verlies mit der Folterkammer, muffig riechend nach feuchter Erde und rostigem Metall; zuletzt der geheime Schacht und Fluchtweg. Das alles war mit den sonst üblichen modernen Tagungsstätten in keiner Weise zu vergleichen.
    Barbara Burgerroth wurde beim Anstieg warm. Sie öffnete ihre gefütterte Regenjacke, ein teures Stück von einer englischen Bekleidungsfirma. Das war nicht unangemessen für eine Literaturprofessorin, fand sie. Und warum sollte sie verleugnen, daß sie Geschmack besaß? Außerdem hatte sie gesehen, daß die Jacke von Dr. Böhmer sicher auch nicht ganz billig gewesen war.
    «Wollen Sie die Jacke ausziehen? Darf ich Ihnen helfen?» Professor Ippendorff war erneut übertrieben galant zur Stelle und versperrte der Gruppe den Weg.
    «Lassen Sie, nicht schon wieder», wehrte Barbara Burgerroth ab.
    «Drängen Sie sich der Kollegin nicht auf!» fuhr Christa Schanz-Haberberger dazwischen.
    Professor Petrus von Bebenhausen war ebenfalls aufmerksam geworden und kam mit langsamen Schritten näher.
    «Danke!» sagte Barbara und schenkte beiden ein Lächeln.
    Das freute Bebenhausen und machte ihn gelöster.
    «Was ist denn da vorne los?» rief Professor Grunde unwirsch, weil er Unterbrechungen haßte.
    «Ich hab nur gefragt, ob ich ihr helfen kann», antwortete Ippendorff gehässig und kleinlaut zugleich, doch niemand achtete darauf.
    Die Burgmauern waren jetzt so nahe, daß sie glaubten, das Schnauben der Bärenweibchen in ihrem Gehege zu hören, obwohl es auf der anderen Seite lag.
    «Na also!» Zufrieden konstatierte Heribert Bach den positiven Ausgang des Rückmarsches. Sie waren an einem Wegstück angelangt, das in eine Treppenpassage überging und von einigen Laternen beleuchtetet war. Und dieser Treppenweg würde sie direkt zur ehemaligen Zugbrücke der Burg führen. Bach zündete sich eine Zigarette an, da sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher