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Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz

Titel: Laubmann 1 - Der zerrissene Rosenkranz
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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stoßen?» wiederholte Konrad seine Frage.
    «Ich vermute, daß immer zuerst die Menschen vernommen werden, die einem Mordopfer am nächsten stehen, schon deshalb, weil die Polizei mehr über die Tote erfahren möchte – wenn es wirklich ein Mord war. Da wird man bald auf Sie stoßen.»
    «Das glaube ich kaum. Wir haben unser Verhältnis sehr geheimgehalten.»
    «Warum sind Sie wegen der Polizei denn so besorgt? Sie wollen doch selbst wissen, wie die Ermittlungen weitergehen, ob man vielleicht einen Täter gefunden hat. Und Sie kannten das Opfer in letzter Zeit doch mit am besten. So gesehen, haben Sie sogar die moralische Pflicht, die Polizei zu unterstützen.»
    «Es ist schon zutreffend, wie Sie das einschätzen, Herr Dr. Laubmann», bemerkte Konrad nüchtern. Und nach einer kurzen Pause: «Trotzdem möchte ich Sie bitten, mir zu helfen. Ich weiß, daß Sie da über Kontakte verfügen …» «Zur Polizei … na ja.»
    «Es würde mir wirklich helfen, wenn Sie da etwas tun könnten. Aber», gab sich der Professor einen Ruck, «wir sollten uns in meinem Büro weiterunterhalten. Hier könnte uns vielleicht doch noch jemand zuhören.»
    «Meinetwegen», stimmte Laubmann zu, wobei ihm völlig klar war, daß sich außer ihnen – und dem einen oder anderen Kirchenvater in den Bücherschränken – niemand zwischen den Regalen befand.
    Sie gingen die Galerie entlang, dann die «Schranktreppe» hinunter und bis zum Eingangsportal. Dort knipste der Professor an mehreren Schaltern das Licht aus. Der Saal versank stufenweise in eine Dunkelheit, mit der alle Bibliotheksgemütlichkeit endgültig schwand.
    Sie schritten durch die Gänge der Fakultät, in denen am Abend aus Sparsamkeitsgründen nur wenige Deckenlampen brannten. Anders als in der Bibliothek war hier eine Strenge in der Architektur zu spüren, schließlich hatte sich die Fakultät aus einem Jesuitenkolleg der Gegenreformation entwickelt.
    Auch bei Tage vermittelte das frühbarocke Kollegium mit seinen beiden langgestreckten und einander gegenübergestellten dreigeschossigen Hauptgebäuden den Eindruck gestrenger Symmetrie, die durch die regelmäßigen Fensterreihen, die Fensterkreuze und durch die als Gehweg gestaltete heckengesäumte Mittelachse des breiten Innenhofs zusätzlich betont wurde. Der rechte Trakt beherbergte hauptsächlich Hörsäle, der linke Büro- und Verwaltungseinrichtungen, an die sich der Bibliothekssaal anschloß. Im rückwärtigen Teil der Anlage war ebenfalls ein Querbau eingefügt, der die beiden Seitenflügel miteinander verband und als architektonisches Ausrufezeichen einen Treppenturm aufwies. Der achtunggebietende Schwarznußbaum im Innenhof der Fakultät, dessen Äste erst weit oben am mächtigen Stamm begannen, mußte schon über 200 Jahre alt sein, hatten doch die Jesuiten die Sämlinge und Früchte aus ihrem Missionsland Japan mitgebracht.
    ­­
    Das Büro Konrads war hingegen neu und funktionell eingerichtet, nicht so wie einige andere Theologen-Büros mit ihren düsteren Schrankwänden und restaurierungsbedürftigen Gemälden. Hier standen ein moderner höhenverstellbarer Schreibtisch – darauf ein neuer Computer der Marke Apple mit Flachbildschirm –, ein metallener Rollschrank, eine weißlackierte Regalreihe und vor dem Schreibtisch ein Stahlrohrsessel.
    «Bitte, nehmen Sie Platz!» Der Professor wies auf den unbequem wirkenden Stahlrohrsessel. Er selbst setzte sich auf einen gepolsterten Arbeitsstuhl hinter dem Schreibtisch. «Ich möchte Sie einfach um Ihre christliche Nächstenliebe bitten. Ich muß wissen, wie es mit den Ermittlungen bei der Polizei steht. Ob sie den Fall als Mord erkennen. Und wenn nicht, dann muß sie jemand darauf bringen …»
    «Aber Sie wissen vielleicht, wie kritisch gerade in solchen Dingen die Polizei mit einem umgeht. Das ist genau das, was sie am wenigsten haben wollen: daß man sich in ein schwebendes Ermittlungsverfahren einmischt. Ich kenn das schon.» Laubmann konnte das Gefühl nicht leugnen, zu etwas Ungutem überredet zu werden. Und der Stuhl war tatsächlich unbequem. «Was soll ich denn als Grund angeben, warum ich zur Polizei komme?» Seine Frage klang fast bockig. «Sie könnten sagen, Sie hätten die Frau gekannt.» «Das wäre eine Lüge!» Laubmann war entrüstet. «Na gut, wenn Sie meinen …» Der Professor wurde unsicher.
    Nach einem Moment des Nachdenkens klang Laubmann wieder versöhnlicher. «Ich könnte vorgeben, ich würde jemanden kennen, der mehr über den Fall weiß,
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