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Lasst uns froh und grausig sein

Lasst uns froh und grausig sein

Titel: Lasst uns froh und grausig sein
Autoren: Friederike Schmöe
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Lasagne den Weg alles Irdischen gegangen ist. Verkohlt. Möchten Sie statt dessen gefüllte Paprika?«
    »Arbeiten Sie hier?«
    »Ich helfe manchmal aus.« Caren verschwand hinter der Theke und kam mit einem Teller Lebkuchensterne und einer Flasche Cynar zurück. »Nora ist heute mit allem spät dran. Weihnachtsstress.« Sie goss drei Schnapsgläser voll. Katinka schob ihres unberührt weg, aber Dante und Caren prosteten sich zu. Allmählich dämmerte Katinka, dieselbe irrwitzige Geschichte von einem Juwelendieb auf dem Weihnachtsmarkt doch in der Zeitung gelesen zu haben. Dante hatte die Story im Fränkischen Tag offenbar groß ausgeschlachtet.
    »Ich brauche dringend was zum Aufwärmen«, verkündete Caren und schüttete sich Katinkas Schnaps auch gleich hinter die Binde. »Scheiß-Job, auf dem Weihnachtsmarkt rumstehen und sich Gedichte anzuhören. Am ersten Advent sieht man das noch pädagogisch, aber mittlerweile kann ich die Blagen mit ihren vor Stolz fast platzenden Eltern nicht mehr ertragen. Komisch. Wo Nora bleibt?« Sie streifte den Nikolausmantel ab. Darunter trug sie einen Fleecepulli und Thermohosen.
    »Sie wollte kurz was besorgen«, warf Katinka ein. »Ich dachte, Sie hätten auf dem Coburger Weihnachtsmarkt Dienst.«
    »Ich wurde gegen den Bamberger Nikolaus ausgetauscht. Nach der Kiste mit dem Juwelenraub hat mir keiner mehr den Weihnachtsmann abgekauft.« Caren musterte Katinka aufmerksam. Nein, du erkennst mich nicht, bat Katinka im Stillen. Du hast mich nie gesehen, weißt nicht, wer ich bin, und du posaunst jetzt bitte nicht in der Gegend herum, dass ich als Privatdetektivin arbeite, dann kann ich meinen letzten Auftrag in diesem Jahr knicken.
    Caren Seidel zog eine Schachtel Zigaretten aus der Tasche. »Ich geh dann mal.« Sie verzog sich in Richtung Küche.
    »Sie raucht im Hinterhof«, erläuterte Dante und goss sich einen zweiten Schnaps ein. »Das Zeug macht einem den Glimmer, aber der Magen schätzt die Illusion von Wärme. Das ist mein letzter Winter hier.«
    »Ach?«
    »Habe mich gerade für ein Masterstudium an der University of California beworben. Wissenschaftsjournalismus, meine Leidenschaft. Ab September bin ich auf und davon! It never rains in southern California.«
    »Viel Erfolg.«
    Das Eishockeyspiel war zu Ende. Walt Meier streckte und reckte sich. Ein Wettermann erschien auf dem Bildschirm und blickte mit Leichenbittermiene in die Kamera. »Züge stehen still, Autobahnen sind blockiert. Starker Schneefall und ein unerwarteter Temperatursturz haben zu Chaos im Straßenverkehr geführt …«
    Der Mann im Anzug unterbrach die Beschäftigung mit seinem Sax und sah sorgenvoll auf den Bildschirm.
    »Deswegen habe ich es nicht so mit den Kollegen von der Meteo«, bemerkte Dante. »Warum unerwartet? Die recherchieren einfach nicht präzise genug. Bloody Wetterfrösche!«
    Walt Meier stand auf und gähnte. Er schob die Hände in die Taschen und ging den Gang entlang zu den Toiletten.
    »Tschüss!« Katinka nickte Dante zu und folgte Walt.
    »He, nehmen Sie die richtige Tür!«, krähte Dante ihr fröhlich nach. Sie hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht.
    17 Uhr 15
    Walt Meier trabte an den Toiletten vorbei und öffnete eine Tür am Ende des Ganges, auf der ›privat‹ stand. Die Dunkelheit dahinter verschluckte ihn einfach. Lautlos schlich Katinka ihm nach. Sie stand in einem neuen Korridor, der nur schwach durch ein grünes Schild beleuchtet wurde, das auf den Ausgang hinwies. ›Exit‹ stand darauf, und ein Witzbold hatte das Wort mit einem Edding zu ›Exitus‹ erweitert.
    Mucksmäuschenstill stand Katinka da. Sie hörte den Atem des anderen. Walt Meier schien unentschlossen. Dann gähnte er so laut, dass Katinka zusammenzuckte.
    Ein matter Lichtschein und eisige Luft drangen herein. Walt hatte die Tür unter dem Exitus-Schild aufgestoßen. Katinka sah seinen Schatten hinaus auf den Hinterhof treten. Schneeflocken umwehten ihn, als er eine Taschenlampe anschaltete und in die Nacht leuchtete. Katinka zog den Schal enger um sich. Verdammte Kälte. Wenn sie an Dante Wischnewskis Bewerbung bei der University of California dachte, könnte sie gelb werden vor Neid. Die Kanaren würden es für ihren Geschmack allerdings auch tun.
    Sie blieb direkt unter der Tür stehen. Walt hinterließ breite Abdrücke im frisch gefallenen Schnee. Sie wurden im Nu zugeweht. Das versprach eine wahrlich weiße Weihnacht, wie hoffnungslose Romantiker sie sich wünschten, nur um dann über verschneite
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