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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne
Autoren: Christopher Moore
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den Lockenstab ein,
den sie jeden Morgen benutzte, um ihr Haar zu glätten, aber dann schaltete sie
ihn wieder ab und warf ihn zurück in den Spiegelschrank. Zum Teufel mit
Lockenstäben und Fönen und Pumps und Wimperntusche und Strumpfhosen mit
eingearbeitetem Miederteil. Zum Teufel mit all diesen menschlichen Dingen.
    Sie schüttelte ihr Haar aus, griff
sich ihre Zahnbürste und ging zurück ins Schlafzimmer, wo sie eine Reisetasche
mit Jeans und Sweatshirts vollpackte. Sie durchwühlte Kurts Schmuckkästchen,
bis sie die Ersatzschlüssel für ihren Honda fand.
    Der Radiowecker neben dem Bett
zeigte fünf Uhr früh. Ich habe nicht viel Zeit. Ich muß einen Platz finden, wo
ich bleiben kann, und zwar schnell.
    Auf dem Weg nach draußen hielt sie
an der Couch inne und küßte Kurt auf die Stirn. »Du wirst zu deinem Termin zu
spät kommen«, sagte sie ihm. Er rührte sich nicht.
    Sie griff sich die Tüte mit dem Geld
vom Boden und s topfte sie in ihre Reisetasche, dann ging sie hinaus.
Draußen sah sie sich suchend um. Sie fluchte. Der Honda war abgeschleppt
worden. Sie mußte ihn erst auslösen. Aber das konnte man nur tagsüber. Scheiße.
Bald würde es hell werden. Jody dachte daran, was die Sonne mit ihrer Hand
gemacht hatte. Ich muß ein dunkles Plätzchen finden.
    Sie trabte die Straße hinunter,
fühlte sich leichtfüßiger als je zuvor. An der Van Ness lief sie in eine
Motelrezeption und schlug auf die Klingel, bis ein schläfriger Portier hinter
dem kugelsicheren Fenster auftauchte. Sie bezahlte bar für zwei Nächte, dann
gab sie dem Portier hundert Dollar, um sicherzustellen, daß sie absolut nicht,
unter keinen Umständen gestört würde.
    Sobald sie im Zimmer war,
verriegelte sie die Tür. Sie stemmte einen Stuhl unter die Klinke und legte
sich ins Bett.
    Als das erste Licht rosa über der
Stadt anbrach, übermannte Jody mit einem Schlag die Erschöpfung. Ich muß meinen
Wagen zurückbekommen, ging es ihr noch durch den Kopf. Ich muß einen sicheren
Unterschlupf finden. Warum gerade ich? Warum das viele Geld? Warum? Ich werde
Hilfe brauchen. Ich werde jemanden brauchen, der sich bei Tag frei umherbewegen
kann.
    Als die Sonne im Osten über den
Horizont lugte, fiel sie in den Schlaf der Toten.

 
4. KAPITEL
    Blumen
und Kolbenfresser
     
    C. Thomas Flood (Tommy für seine
Freunde) erreichte gerade die Schlußgerade eines feuchten Traums, als er von
dem Getrappel und Geplapper der fünf Wongs aus dem Schlaf gerissen wurde.
Geishas in Strapsen trollten sich unbefriedigt ins Traumland davon, während
Tommy auf den Lattenrost des Bettes über ihm starrte.
    Der Raum war kaum größer als ein
begehbarer Kleiderschrank. Die Betten waren in drei Etagen zu beiden Seiten
eines schmalen Gangs aufgetürmt, in dem jeder der fünf Wongs gerade drängelnd
versuchte, genügend Platz für sich zu ergattern, um sich eine Hose anzuziehen.
Wong Zwei beugte sich über Tommys Bett, grinste entschuldigend und sagte etwas
auf kantonesisch.
    »Kein Problem-, erwiderte Tommy.
Er drehte sich auf die Seite, achtsam darauf bedacht, sich nicht seine
Morgenlatte an der Wand zu stoßen, und zog sich die Decke über den Kopf.
    Privatsphäre ist schon was
Wunderbares, dachte er. Wie die Liebe ist auch die Privatsphäre am deutlichsten
spürbar, wenn es an ihr fehlt. Ich sollte eine Geschichte darüber schreiben -
und jede Menge Geishas in Strapsen und roten Pumps einarbeiten. »Das überfüllte
Teehaus der mandeläugigen Dirnen« von C. Thomas Flood. Ich werde sie heute
schreiben, nachdem ich ein Postfach gemietet und mich nach einem Job umgesehen
habe. Oder vielleicht sollte ich heute lieber hierbleiben und herausfinden, wer
mir die Blumen schenkt ...
    Tommy fand seit vier Tagen immer
frische Blumen auf seinem Bett, und sie machten ihm langsam Sorgen. Es waren
nicht die Blumen selbst, die ihm Sorgen machten: Gladiolen, rote Rosen und zwei
bunte Sträuße mit großen rosa Schleifen. Er mochte Blumen irgendwie - auf eine
männliche und völlig unschlaffihafte Art natürlich. Und es machte ihm auch
keine Sorgen, daß er keine Vase besaß, oder einen Tisch, worauf er sie hätte
stellen können. Er war einfach den Flur hinunter zum Gemeinschaftsbadezimmer
gegangen, hatte den Deckel vom Spülkasten der Toilette abgenommen und die
Blumen hineingestellt. Ihre Farbe bildete einen angenehmen Gegensatz zum
Schmutz des Badezimmers - bis die Ratten die Blüten fraßen. Aber auch das
machte ihm keine Sorgen. Was ihm Sorgen machte, war die Tatsache,
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