Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
Mäuse.«
    »Aber Sie sagten, es wären fünfzig
Dollar pro Woche.« »Zweihundertfünfzig pro Monat oder fünfzig pro Woche, fällig
Dienstag und Sonntag.«
    Wong ging weg. Tommy stopfte
seinen Kleidersack und die Schreibmaschine unter das Bett und legte sich
hinein. Bevor er sich so richtig in die Sorge um seinen brennenden Wagen
hineinsteigern konnte, war er schon eingeschlafen. Er hatte den Volvo in einem
Rutsch von Incontinence, Indiana, nach San Francisco getrieben ; nur
zum Tanken und zum Pinkeln hatte er angehalten. Er hatte von seinem Lenkrad aus
dreimal die Sonne auf- und untergehen sehen - bis ihn schließlich an der Küste
die Erschöpfung eingeholt hatte.
    Tommy stammte von zwei
Generationen von Fließbandarbeitern bei der Incontinence Forklift Company ab.
Als er mit vierzehn verkündet hatte, daß er Schriftsteller werden würde, nahm sein
Vater, Thomas Flood Sr., die Nachricht mit jener toleranten Ungläubigkeit auf,
die Eltern gemeinhin für Ungeheuer unter dem Bett und imaginäre Spielkameraden
reservieren. Als Tommy einen Job in einem Lebensmittelgeschäft annahm, statt in
der Fabrik zu arbeiten, stieß sein Vater einen leisen, erleichterten Seufzer
aus - wenigstens gehörte das Geschäft zur Gewerkschaft, also würde der Junge
Sozialleistungen und eine Rente bekommen. Erst als Tommy den alten Volvo kaufte
und in der Stadt das Gerücht die Runde machte, er wäre ein verkappter
Kommunist, fing Tom Senior an, sich ernstlich Sorgen zu machen. Vater Floods
elterliche Befürchtungen wuchsen mit jeder Nacht, in der er mitanhören mußte,
wie sein einziger Sohn auf dessen tragbare Olivetti einhämmerte. Und eines
Mittwochabends schüttete er schließlich beim Bier im Starlight Lanes seinen
Bowling-Kumpeln sein Herz aus.
    »Ich habe eine Ausgabe vom New
Yorker unter der Matratze des Jungen gefunden«, lallte er aus einem
Zwei-Liter-Budweiser-Nebel. »Ich muß den Tatsachen ins Auge sehen: Mein Sohn
ist ein Weichei.«
    Der Rest der Mitglieder des
Bill's-Radiator-Bowlingteams senkte mitfühlend den Kopf. Insgeheim dankten sie
alle Gott, daß der Kelch an ihnen vorübergegangen war und daß ihre Söhne alle
mit ganzer Seele an großen Chevys und großen Titten hingen. Harley Businsky,
der kürzlich durch das Bowlen eines Dreihunderters zu einer niederen Gottheit
aufgestiegen war, legte einen bärengleichen Arm um Toms Schultern. »Vielleicht
ist er nur ein bißchen verwirrt«, meinte Harley. »Laß uns mit dem Jungen
reden.«
    Als zwei neonblaue, bestickte
XXXL-Bowlinghemden, gefüllt mit zwei betrunkenen XXXL-Bowlern, in sein Zimmer
gestürmt kamen, kippte Tommy vor Schreck mit seinem Stuhl nach hinten über.
    »Hallo, Dad«, sagte Tommy vom Boden.
    »Sohn, wir müssen uns
unterhalten.«
    Die nächste halbe Stunde lang
unterzogen die beiden Männer Tommy der väterlichen Version des
Guter-Cop-böser-Cop-Spiels, oder vielleicht auch Joe McCarthy gegen den
Weihnachtsmann. Ihr Verhör stellte folgende Tatsachen fest: Ja, Tommy mochte
Mädchen und Autos. Nein, er war weder jetzt noch zu irgendeinem früheren
Zeitpunkt Mitglied der kommunistischen Partei. Und ja, er würde eine Karriere
als Schriftsteller verfolgen, auch wenn es keine gewerkschaftliche Absicherung
gab.
    Tommy versuchte eine Lanze für die
schöngeistige Literatur zu brechen, mußte jedoch feststellen, daß seine
Argumente auf taube Ohren stießen (was sicher nicht unmaßgeblich daher rührte,
daß seine beiden Inquisitoren Othello für eine italienische Restaurant-Kette
hielten). Kalter Schweiß brach ihm aus, und er fing an, die Niederlage zu
akzeptieren, als er noch einen letzten Verzweiflungsschuß abfeuerte.
    »Wißt ihr, daß jemand Rambo
geschrieben hat?«
    Thomas Flood Senior und Harley
Businsky tauschten einen entsetzten Blick aus. Sie waren bis in ihre Grundfeste
erschüttert.
    Tommy setzte nach. »Und Patton -
jemand hat Patton geschrieben.«
    Tommy wartete. Die beiden Männer
saßen hüstelnd und unbehaglich nebeneinander auf seinem Bett und versuchten,
keinen Blickkontakt mit dem Jungen aufzunehmen. Überall wo sie hinsahen, waren
sorgfältig mit Markern geschriebene Zitate an die Wände gepinnt ; da
waren Bücher, Kugelschreiber und Schreibpapier ; da waren postergroße
Bilder von Schriftstellern. Ernest Hemingway starrte sie mit einem
durchdringenden Blick an, der zu besagen schien: »Ihr Arschlöcher hättet
fischen gehen sollen.«
    Schließlich sagte Harley: »Nun,
wenn du Schriftsteller werden willst, dann kannst du nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher