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Landschaften der Metropole des Todes: Auschwitz und die Grenzen der Erinnerung und der Vorstellungskraft (German Edition)

Landschaften der Metropole des Todes: Auschwitz und die Grenzen der Erinnerung und der Vorstellungskraft (German Edition)

Titel: Landschaften der Metropole des Todes: Auschwitz und die Grenzen der Erinnerung und der Vorstellungskraft (German Edition)
Autoren: Otto Dov Kulka
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die Autorität, der Fels ihrer Brandung inmitten der Dunkelheit des Feuers, antwortete ihnen – und so antworteten sie meinem Vater: »Es ist verboten, diese Frage zu stellen, diese Fragen, dort und bis in alle Ewigkeit.«
    Hier kehre ich zurück zu meinem letzten Traum, den ich flüchtig auf Notizzetteln notiert hatte: In der Tat, es war verboten zu fragen, dort (und bis in alle Ewigkeit). Denn Er existierte, war gegenwärtig, auch dort.
    Ich beschwor noch mehr aus diesem Traum bei Tagesanbruch herauf, oder antwortete auf Fragen und Überlegungen, denen ich bereits im wachen Zustand nachgegangen war, rief Bilder auf, vertiefte sie und prägte diese Traumbilder schließlich meiner lebendigen Erinnerung ein:
    War es nicht im Grunde so mit Hiobs furchtbarem Leid, als Er (gesegnet sei Sein Name) ihn in die Hände Seines dunklen getreuen Dieners gab? Denn er war derjenige, der sprach und tat und das Reich des Bösen entstand, so mächtig wie »das unabänderliche Gesetz des Großen Todes« (in meinen Worten); »Markgraf von Gomorra«, schrieb Gerschon, 21 und Dan Pagis schrieb über diese Worte Gerschons, als ich ihm die Nachricht von dessen Tod mitteilte, hilflos angesichts seiner vergeblichen Versuche, Gerschons Gedichte in die Sprache der Heiligen Schrift zu »übersetzen«. 22
    Beide, Gerschon und Dan, schrieben über Kain und Abel, 23 während ich auf meine Weise Wege, Taten und »Selbstverständnis« des »großen Kain« erforsche.
    So verfuhr der Abgesandte von »Dem, der sprach und die Welt ward«, so handelte und regierte er, und Er sprach und ließ all dies zu – auch das – in der Welt derer, die nach Seinem Ebenbild geschaffen wurden, und Er trauerte und fühlte mit ihnen und fühlte Hiobs Schmerz, als er sich »in der Hand« Seines großen dunklen Getreuen befand. Denn was Er gesprochen hatte und geschehen ließ – das »unabänderliche Gesetz des Großen Todes« und seine Herrschaft, die damals war und in deren Angesicht wir in der Metropole des Todes gesungen hatten, zu der ich zurückgekehrt bin, im Traum und im Wachen, in unzähligen Variationen –, dieses »unabänderliche Gesetz des Großen Todes« hat es gegeben und war nicht nur ein Gleichnis. 24
    In dem ewigen unabänderlichen Gesetz, das Er als »unbewegter Beweger« in Gang gesetzt hatte, das wie alle Dinge, die Er sprach, geschah, waren Seine Hände gebunden, nachdem Er zu Seinem dunklen »getreuen Diener« sprach, in all seinen Inkarnationen, in allen Generationen, denn es steht geschrieben: »›Sieh, er ist in deiner Hand, nur seines Lebens wahre!‹ Und er ging weg vom Angesichte des Ewigen.« 25
    Und ich, gehöre ich zu den übrig gebliebenen Atomen des ewigen Hiob, einer, dem er das Leben gewährt hat (so die Version, die ich in meiner Erinnerung erschaffen habe – aber es ist unleugbar wahr); so wie jener große, finster dreinschauende Rabbiner, der meinem Vater im Krankenhaus so widerstrebend antwortete, denn auch er war einer der Übriggebliebenen, einer von denen, deren Leben verschont wurde vom Urteilsspruchs des Großen Richters, der sprach und es geschah. Die Welt wurde verschont. Und Seine Geschöpfe. Auch der große Kain, den Er erschaffen hatte und in dessen Hand Er Abel für alle Generationen gab. Mein geliebter Dan Pagis: Kannst du das hören, dort, im Hades der Höhe?
    Was von all dem war Traum, was meine düsteren Gedanken? Aber ich kann nicht anders, als das, was ich geträumt habe, in meiner Erinnerung erneut zu leben: als die Erinnerung der Verwandlungen des unabänderlichen Gesetzes des Großen Todes – des Markgrafen der Metropole des Todes.

    Abb. 48
    Dort sah ich mit eigenen Sinnen Den, der sprach und die Welt ward, und da war auch er und sein Reich, und da war Kain, und der unerträgliche Schmerz, den Er in Seiner Erscheinung litt, und Er krümmte sich im Schmerz und Sein Schmerz strahlte in jener Düsternis auch auf mich, in jenem Traum, in der damaligen Zeit und in meiner und Seiner gegenwärtigen Zeit in den Gefilden der Metropole des Todes.
    Es ist fast sieben, Schabbat bricht gleich an, und ich muss mich auf den Weg machen, den Schabbat mit den Kindern der Söhne und Töchter von Hiob dem Gerechten zu begrüßen.
    Und Kain schwebt umher. Der Große Tod? Hier, bald, wird die Zeit abermals kommen – seines Reiches, in seiner heutigen Inkarnation … »Ich versprach nicht, [dass die Welt nie] durch Feuer und ABACH (der atomaren, biologischen und chemischen Kriegsführung) [untergehen wird]«. Und der Bogen in
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