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Land der Sehnsucht (German Edition)

Land der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Land der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Tamera Alexander
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Mutter vor ihrem Tod ein Versprechen.“
    Véronique fiel es schwer zu atmen, geschweige denn, sitzen zu bleiben. Die letzte Bitte ihrer Mutter ging ihr durch den Kopf. „Ich will, dass du das tust, was ich nie konnte.“
    Sie stand langsam auf und ballte die Hände zu Fäusten, um ihr Zittern einzudämmen. Sie hörte sich die Frage aussprechen, obwohl sie die Antwort bereits wusste. „Wohin reisen die Descantes?“
    Monsieur Marchand erhob sich und kam auf ihre Seite des Schreibtisches herum. Nahe, aber doch mit einem respektvollen Abstand. „Sie brechen nach Amerika auf, ma Chérie. In einer Woche verlässt die Familie Paris in Richtung Italien, und Sie werden sie begleiten. Monsieur Descantes wird dort einige Wochen mit Parlamentsangelegenheiten beschäftigt sein, vielleicht auch länger, und dann werden Sie mit ihnen nach Amerika reisen, in eine Stadt namens New York City. Wenn Sie dort ankommen, ist Ihr Dienst für die Familie Descantes beendet, und jemand wird Sie dort abholen und Sie den Rest des Weges begleiten.“
    Véroniques Blick wanderte zwischen Monsieur Marchand und Christophe hin und her. Sie war vor Schock wie betäubt und fühlte sich verraten und gleichzeitig auf absurde Weise beschützt. „Den … Rest des Weges?“
    Christophe trat näher. Seine Augen verrieten, wie aufgeregt er war. „Du bist stark, ma Petite. Viel stärker, als du aussiehst, und viel stärker, als du selbst glaubst.“
    Sie schüttelte den Kopf. Das hatte ihre Mutter immer gesagt. „Ich bin es müde, stark zu sein, Christophe.“
    Monsieur Marchands leises Seufzen lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Durch einen Kontakt, den Monsieur Descantes aufgebaut hat, habe ich einen Herrn engagiert, der Sie in New York City abholen wird. Ich habe erst heute Morgen einen Brief mit Anweisungen an ihn abgeschickt. Monsieur Descantes wird ihn über Ihr Ankunftsdatum informieren, sobald dieses feststeht.“ Ein liebevolles Lächeln brachte Spuren seiner verflossenen Jugend zum Vorschein. „Nach den Wünschen Ihrer Mutter und gemäß meinem Versprechen, das ich ihr gab, wird dieser Herr Sie ins Colorado-Territorium zum letzten bekannten Aufenthaltsort Ihres Vaters begleiten. In eine Stadt namens Willow Springs.“

Kapitel 1
    In der Nähe von Big Hill, auf dem Oregon Trail 1
    1 Die Route der Siedler über die Rocky Mountains, die im 19. Jahrhundert vom Osten der USA in den Westen zogen.
    März 1871

    Jack Brennan kniete an einer einsamen Stelle des trockenen Tals nieder, nahm seinen Hut ab und schloss kurz die Augen. Die frühe Morgensonne wärmte seinen Rücken und warf einen langen Schatten auf das Land, das ihm bestens bekannt war. Langsam und ehrfurchtsvoll legte er seine rechte Hand auf die nicht gekennzeichnete Stelle.
    Die Stille war fast greifbar.
    Ein frischer Frühlingswind wehte feine Staubkörner über seine Finger. An dieser unauffälligen Stelle im Südosten Idahos lag alles, was ihm früher etwas bedeutet hatte.
    Er betrachtete das unmarkierte Grab, in dem die sterblichen Überreste seiner Frau und seines einzigen Kindes lagen, und war dankbar für die verschwommenen Erinnerungen, die sich immer meldeten, wenn er an diesen Ort zurückkehrte. An den Ort, an dem es passiert war. Die Erinnerungen, die er Revue passieren ließ, waren kurz, und doch hatten ihn diese kostbaren Erinnerungen in seinen schwersten Zeiten durchgetragen.
    Es hatte Jahre gedauert, aber irgendwann war endlich die Heilung eingetreten.
    Langsam wanderte sein Blick zu der einsamen Wildblume, die genau dort aufblühte, wo sonst ein Grabstein gestanden hätte. Sie trotzte der unwirtlichen Landschaft; die zarten Blütenblätter des gelben Rachenblütlers waren sehr hell und blass. Die Blätter fühlten sich klebrig an und hatten feine Härchen, die der Pflanze ein gräuliches Aussehen verliehen. Die schlanke Blume ragte aus der Erde und zeugte von einem Mut und einer Hartnäckigkeit, die sich nicht leicht unterkriegen ließ.
    Eine passende Pflanze für Marys Grab.
    Jack atmete die Luft, die er angehalten hatte, wieder aus und betrachtete den westlichen Horizont in der Ferne, wo die braune Ebene und das dunstige Blau des Himmels ineinander übergingen. „Das ist mein letzter Besuch hier, Mary.“ Er sprach leise und war sich ziemlich sicher, dass sie ihn hören konnte. Er wusste, dass er diese Dinge aussprechen musste. Eines war ihm klar: Falls Mary ihn hörte, dann war sie an einem anderen Ort als in dem Grab unter seinen Füßen. Obwohl er das
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