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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Autoren: Ilona Andrews
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und ging auf die hell erleuchteten Eingangstüren zu.
    »Denkt daran«, sagte sie, als sie sich unter die abendliche Kundschaft mischten. »Schuhe, und sonst nichts. Ich mein’s ernst.«

 
    2
    Niemand sagte etwas, bis ein Paar kleiner, schwarz-blauer Schuhe an Jacks Füßen saß. Zwar keine Skechers, aber immerhin so ähnliche. Um die Originale zu kaufen, hätte sie in die Mall von Savannah fahren müssen, aber wenn sie morgen zur Arbeit wollte, musste sie heute mit jedem Tropfen Benzin haushalten. Rose hockte sich hin und drückte auf der Suche nach Jacks Zehen mit dem Finger auf die Schuhspitze. Da war noch reichlich Platz. Der Junge wuchs wie Unkraut, daher versuchte sie immer, Schuhe zu bekommen, die ein bisschen größer waren als eigentlich notwendig. »Sind die auch nicht zu groß?«
    Jack schüttelte den Kopf.
    »Gefallen sie dir denn?«
    Jack nickte.
    »Okay«, sagte sie und warf einen Blick auf das Preisschild. 27,99. Sie hätte die Treter selbst dann gekauft, wenn dort fünfzig gestanden hätte.
    Die Jungen standen wie verängstigte kleine Kaninchen im Mittelgang und beobachteten sie schweigend. Rose seufzte. »Habt ihr Lust, euch noch die Spielsachen anzuschauen?«
    Das Schlüsselwort hieß »anschauen«. Im Bann der Rüstungen und Muskelberge aus bemaltem Plastik staunten die Jungen die Actionfiguren an, während sich Rose am Ende des Verkaufsregals die Beine in den Bauch stand. Der Fremde auf der Straße fiel ihr wieder ein. Der konnte nicht von hier sein, da war sie sich ganz sicher.
    Das Edge war in dieser Gegend sehr schmal, maß nicht mehr als zwölf Meilen im Durchmesser. Es gab hier keine richtige Ortschaft, bloß eine Handvoll am Waldrand verstreuter Häuser, die großspurig als East Laporte firmierten. Rose kannte alle hiesigen Edger vom Sehen, und jemand wie der König der Landstraße war ihr bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Diese Augen würde sie so schnell nicht vergessen.
    Wenn der Typ nicht aus East Laporte stammte, kam er vermutlich aus dem Weird, denn die Leute aus dem Broken bevorzugten Schusswaffen anstelle von Schwertern.
    Rose biss sich auf die Lippe. Edger wie sie bewegten sich ungehindert von einer Welt in die andere, aber für jene, die nicht dort geboren waren, stellte der Übergang vom Broken oder aus dem Weird ins Edge kein so leichtes Unterfangen dar.
    Zum einen konnten die Leute aus dem Weird und dem Broken nicht über ihre jeweilige Grenze hinwegsehen. Falls jemand aus dem Broken ihr bis ins Edge folgen wollte, würde es so aussehen, als löse sie sich beim Übertritt einfach in Luft auf. Im einen Augenblick wäre sie noch da, im nächsten aber bereits verschwunden, und ihre Verfolger würden weiter in ihrer eigenen Welt herumkurven. Da sie die Grenze nicht wahrnehmen konnten, gab es das Edge für sie nicht. Es existierte nicht, wie ein Zimmer hinter einer Tür, die für immer verschlossen blieb. Die meisten Bewohner des Weird nahmen die Grenze ebenfalls nicht wahr und bekamen nichts von ihr mit. Sie lebten ihr Leben, ohne etwas von dem merkwürdigen Ort in ihrer Nachbarschaft zu wissen, der ein Übergang in eine noch seltsamere Welt war.
    Natürlich gab es für jede Regel eine Ausnahme. Manche im Broken erblickten das Licht der Welt mit einer magischen Gabe, die in ihnen schlummerte, bis sie eines Tages über eine unbekannte Straße stolperten und beschlossen, ihr zu folgen, weil sie wissen wollten, wohin sie dieser neue Weg führen würde. Und auch einige Bewohner des Weird entdeckten die andere Dimension. Aber dann gab es ein Problem: Die Überquerung der Grenzen tat richtig weh.
    Und daran ließ sich nichts ändern. Menschen wie Rose lebten im Edge, weil sie nur dort Zugriff auf ihre Magie hatten, aber sie arbeiteten oder studierten im Broken, weil sie dort für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten. Doch während sie beim Übertritt lediglich Schmerz und Unwohlsein sowie ein kurzes Ziehen empfanden, durchlitt ein im Broken oder Weird Geborener dabei wahre Höllenqualen.
    Ein paar Wildentschlossene kamen trotzdem durch. Etwa alle drei Monate traf bei East Laporte eine Karawane aus dem Weird ein. Wie die meisten Edger gab Rose jeden Dollar, den sie erübrigen konnte, für Zeugs aus dem Broken aus: Pepsi. Nylonstrumpfhosen. Bunte Stifte. Und wenn die Karawane kam, trug sie ihre Ausbeute zusammen und verkaufte die Sachen dem Karawanenführer zu einem Festpreis oder tauschte sie gegen Waren aus dem Weird, vor allem Modeschmuck und exotischen Plunder, den sie
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