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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Autoren: Ilona Andrews
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Krallen wachsen lassen geht nicht hinter der Grenze.«
    Sie spielten dieses Spiel auf der Fahrt ins Broken jedes Mal. Es erinnerte die Jungen daran, was ging und was nicht ging, und brachte eindeutig mehr als jede Standpauke. Nur sehr wenige Leute im Broken wussten vom Edge oder vom Weird, und es war für alle Beteiligten sicherer, wenn das auch so blieb. Ihre Erfahrung hatte Rose gelehrt, dass bei dem Versuch, jemandem im Broken die Existenz von Magie zu erklären, nichts Gutes herauskam. Es beförderte einen zwar nicht gerade in eine Nervenheilanstalt, aber mit Sicherheit in die Kategorie Volltrottel, und ließ die Leute in der Mittagspause einen weiten Bogen um einen machen.
    Für die meisten Bewohner des Broken gab es das Broken, das Edge und das Weird überhaupt nicht. Sie lebten in den Vereinigten Staaten, auf dem Kontinent Nordamerika, auf dem Planeten Erde – und damit hatte es sich. Die meisten Bewohner des Weird konnten die Grenze ihrerseits ebenso wenig erkennen. Es brauchte schon jemand Besonderen, um sie zu finden, und die Kinder mussten sich das ins Gedächtnis rufen.
    Georgie berührte sie an der Hand. Jetzt war sie an der Reihe. »Sich hinter einem Wehrstein verstecken geht hinter der Grenze nicht.« Sie sah die beiden an, doch sie machten weiter, ohne ihre Ängste zu bemerken.
    Der Fahrweg lag verlassen. Um die Abendzeit fuhren nur wenige Edger auf dieser Straße. Rose trat aufs Gas, da sie diesen Ausflug schnell hinter sich bringen und in die Sicherheit ihres Heims zurückkehren wollte.
    »Verlorene Sachen wiederfinden geht nicht hinter der Grenze«, sagte Georgie.
    »Im Dunkeln sehen geht nicht hinter der Grenze.« Jack grinste.
    »Blitze schleudern geht nicht hinter der Grenze«, sagte Rose.
    Das Blitzeschleudern war ihre beste Waffe. Die meisten Edger besaßen jeweils besondere Gaben: manche prophezeiten, manche kurierten Zahnweh, manche, wie Georgie, holten die Toten zurück; andere, wie Rose und ihre Großmutter, verhexten Menschen. Das Blitzeschleudern jedoch konnte jeder lernen, der über einen Funken Magie verfügte. Das war keine Sache der Begabung, sondern der Übung. Man griff dabei auf die Magie in einem selbst zurück und leitete sie aus dem eigenen Körper in eine kontrollierte Eruption, die wie ein Lichtbogen oder ein Band aus Licht aussah. Mit ein wenig Magie und Ausdauer ließ sich das Blitzeschleudern leicht lernen – je heller die Farbe, desto heißer und mächtiger der Blitz. Ein kraftvoller, heller Blitz stellte eine furchtbare Waffe dar. So ein Blitz fuhr durch einen Körper wie ein heißes Messer durch Butter. Doch die meisten Edger bekamen keine Blitze hin, die hell genug waren, um irgendetwas damit zu töten oder auch nur zu verletzen. Sie gehörten zu den Mischwesen, die in einer Zone minderer Magie lebten, und die meisten von ihnen schleuderten lediglich rote oder dunkelorangefarbene Blitze. Ein paar Glücklichen gelangen immerhin schon grüne oder blaue Blitze.
    Der ganze Schlamassel hatte mit ihrem Blitz angefangen.
    Nein, dachte Rose, sie hatten schon vorher jede Menge Ärger gehabt. Das Pech verfolgte die Draytons. Sie waren eben schlauer und verdrehter, als ihnen guttat: ihr Großvater ein Pirat und Vagabund, ihr Vater war Goldgräber. Großmama besaß den Dickschädel eines Maultiers und meinte immer alles besser zu wissen als der Rest der Welt. Ihre Mutter war eine Herumtreiberin. Früher betrafen die Schwierigkeiten immer nur einzelne Familienmitglieder. Aber als Rose während der Abschlussfeier ihren weißen Blitz schleuderte, hatte sie damit die Aufmerksamkeit zahlloser Familien im Edge auf ihren kleinen Clan gelenkt. Trotzdem bedauerte sie nichts, nicht mal jetzt, nicht mal mit den Flinten im Auto. Sie wurde deswegen von Schuldgefühlen geplagt und wünschte, die Dinge hätten sich nicht so entwickelt wie geschehen, aber wenn sie die Möglichkeit dazu bekäme, würde sie alles noch mal genauso machen.
    Der Fahrweg vor ihr beschrieb eine Kurve. Rose nahm die Biegung ein bisschen zu schnell, und die Federung des Trucks quietschte.
    Wie ein grauer Fleck vor dem zunehmenden Zwielicht stand ein Mann auf der Straße.
    Rose stieg auf die Bremse. Der Ford schlitterte kreischend über die harte, trockene Erde des Fahrwegs. Sie erhaschte einen Blick auf lange, helle Haare und durchdringend grüne Augen, die sie unverwandt anstarrten.
    Der Truck schlingerte auf den Mann zu. Sie konnte ihn unmöglich stoppen.
    Da sprang der Mann steil in die Höhe. Mit einem dumpfen
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