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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
Autoren: Ilona Andrews
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Schlag landeten die in dunkelgrauen Stiefeln steckenden Füße auf der Motorhaube des Trucks und verschwanden. Der Mann setzte seitlich über das Wagendach hinweg und verschwand dann zwischen den Bäumen.
    Schlitternd kam der Truck zum Stehen. Rose schnappte nach Luft. Ihr Herz flatterte, ihre Fingerspitzen kribbelten, und sie spürte einen bitteren Geschmack im Mund.
    Mit einem Schlag löste sie den Sicherheitsgurt, stieß die Tür auf und sprang auf die Straße hinaus. »Sind Sie verletzt?«
    Der Wald schwieg.
    »Hallo?«
    Keine Antwort. Der Mann war verschwunden.
    »Rose, wer war das?« Georgies Augen hatten die Größe von Untertassen.
    »Keine Ahnung.« Erleichterung überkam sie. Sie hatte ihn nicht getroffen. Sie hatte sich vor Angst fast in die Hose gemacht, ihn aber nicht angefahren. Niemand war verletzt. Alle waren okay …
    »Hast du die Schwerter gesehen?«, fragte Jack.
    »Welche Schwerter?« Sie hatte bloß die blonden Haare, die grünen Augen und so etwas wie einen Umhang gesehen. Sie konnte sich nicht mal an das Gesicht des Mannes erinnern – nur an einen blassen Fleck.
    »Er hatte ein Schwert«, sagte Georgie. »Auf dem Rücken.«
    »Zwei Schwerter«, berichtigte Jack. »Eins auf dem Rücken, eins am Gürtel.«
    Ein paar der älteren Einheimischen fuchtelten gerne mit Schwertern herum, aber keiner von denen hatte lange, blonde Haare. Und keiner solche Augen. Die meisten Menschen, die einen Truck auf sich zukommen sahen, bekamen es mit der Angst zu tun. Der Mann hatte sie bloß angestiert, als hätte sie ihn, indem sie ihn beinah über den Haufen fuhr, zutiefst beleidigt. Als wäre er so etwas wie der König der Landstraße.
    Fremde waren im Edge nicht gern gesehen. Man trieb sich hier besser nicht allzu lange herum.
    Jack schnüffelte, zog die Nase kraus, wie er es immer tat, wenn er Witterung aufnahm. »Gehen wir ihn suchen.«
    »Gehen wir nicht.«
    »Rose …«
    »Du bewegst dich schon jetzt auf dünnem Eis.« Sie kletterte wieder in den Truck und zog die Tür zu. »Wir werden bestimmt keinem Armleuchter nachjagen, der sich zu wichtig vorkommt, um am Straßenrand entlangzulaufen.« Sie schnaubte und versuchte, ihre Herzfrequenz unter Kontrolle zu kriegen.
    Georgie machte den Mund auf.
    »Kein Wort mehr.«
    Ein paar Minuten später erreichten sie die Grenze, die Stelle, an der das Edge endete und das Broken begann. Rose wusste immer ganz genau, wann sie die Grenze zum Broken überquerte. Zuerst durchbohrte ein Furchtgefühl ihre Brust, gefolgt von einem momentanen Schwindelanfall, der in Schmerz überging. Als würde der Schauder der Magie, der Glutfunken, der irgendwo in ihrem Innern wohnte, beim Übergang absterben. Der Schmerz währte nur einen Lidschlag lang, dennoch fürchtete sie sich jedes Mal vor diesem Moment. Sie fühlte sich danach unvollständig. Gebrochen. Daher auch die Bezeichnung für die magiefreie Dimension des Broken.
    Am anderen Ende des Edge gab es eine gleichartige Grenze, die den Übergang ins Weird abschirmte. Diese Grenze hatte sie niemals zu überqueren versucht. Sie war sich nicht sicher, ob ihre Zauberkräfte ausreichten, um dort zu überleben.
    Problemlos drangen sie ins Broken ein. Der Wald endete mit dem Edge. Georgia-Eichen und Kiefern traten an die Stelle der uralten, dunklen Bäume. Die Erde des Fahrwegs wich Asphalt.
    Die schmale, zweispurige Straße führte sie an der Zwillingstankstelle beiderseits der Autobahn vorüber. Rose hielt nach herannahendem Verkehr Ausschau, bog rechts ab und steuerte auf die Ortschaft Pine Barren zu.
    Ein Flugzeug donnerte über sie hinweg und setzte zur Landung auf dem nur ein paar Meilen entfernten Flughafen von Savannah an. Die Bäume wichen halb fertigen Einkaufszentren und Baufahrzeugen zwischen Halden des für Georgia typischen roten Schlamms. Die Landschaft ringsum war von Teichen und Flüssen durchsetzt – da es bis zur Küste nur vierzig Minuten Weg waren, stand jedes Erdloch hier früher oder später unter Wasser. Sie kamen an Hotels vorbei – Comfort Inn, Knights Inn, Marriott, Embassy Suites –, hielten vor einer Ampel, überquerten die Überführung und bogen endlich auf einen stark frequentierten Wal-Mart-Parkplatz ab.
    Rose stellte den Wagen am Rand ab, hielt die Tür auf und ließ die Jungen aussteigen. Jacks Augen hatten ihren Bernsteinglanz inzwischen eingebüßt und ein schlichtes dunkles Haselnussbraun angenommen. Sie verriegelte den Truck, ruckte für alle Fälle noch mal an der Tür, die fest verschlossen war,
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