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Land der guten Hoffnung

Land der guten Hoffnung

Titel: Land der guten Hoffnung
Autoren: Unbekannter Autor
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Südafrikaner übrigens nur mit knapper Mehrheit gegen Deutschland als Alliierte.“
    Langsam bereute ich, mich nicht sofort auf den Rückweg gemacht zu haben. Mir drohte eine Art Heimatabend.
    „Denken Sie mal darüber nach, Helm!“
    Damit kam Bertrand zum Ende seines Monologs zur nationalen Identität. Er starrte mich aus seinen kleinen Augen an, als könne er mir mit einem einzigen Schnabelhieb das Herz herausreißen und damit meine Seele retten. „Es gibt einen harten mythischen Kern in der deutschen Psyche, der mich schon seit Ewigkeiten fasziniert hat. Ein uraltes Zentrum der Dinge, das den Kräften, die es beherrschen wollen, stets erbitterten Widerstand geleistet hat.“
    Ich hatte gute Lust, ihn zu fragen, ob er diesen Gesichtspunkt schon mal mit Rena besprochen hatte. Mythen! Ein Thema, das ihn auf geheimnisvolle Weise sogar mit Stan Wishbone verband.
    „Wir wollten noch am Drehbuch arbeiten“, mahnte Gormann behutsam.
    Man konnte über den Produzenten denken, was man wollte, aber er hatte unzweifelhaft ein Gespür für kritische Situationen.
    „Richtig, Gunter!“
    Bertrands Antwort war laut, als müsse er sich ins Hier-und-Jetzt zurückbringen. Mit einem Ruck zog er das Eisen aus der Glut und hielt es Dave wie abwesend hin. Der Athlet hatte sich außer Hörweite getrollt und musste sprinten, um es ihm abzunehmen. Bertrands Blick fiel auf meinen Koffer.
    „Bring Helm zu seiner Unterkunft“, befahl er Gormann. „Und bring auf dem Rückweg dein Skript mit. Wir treffen uns in einer Viertelstunde bei mir.“
    Der Hausherr ließ uns stehen und verschwand im Haus. Gormann wollte mein Gepäck nehmen, aber ich kümmerte mich selbst darum und folgte ihm zum monotonen Zirpen der Zikaden über die Veranda und weiter durch weitläufige Gärten. Unterwegs passierten wir auch den Bungalow, in dem Gormann wohnte. Unser Weg war auf Fußhöhe ausgeleuchtet. Der Geruch glimmender Holzkohle verflüchtigte sich allmählich, und zum steten Rauschen des Ozeans zog ein voller Mond auf.
    „So wie Marius drauf ist, legt er heute Nacht wieder Richard Wagner auf.“
    Zum ersten Mal nannte Gormann den Mann beim Namen.
    „Sie werden es erleben! Er nennt es Sturm-Musik. Manchmal redet er auch von der größten Stammes-Musik, die jemals komponiert wurde. Er sitzt dann am Ozean, starrt auf das Meer hinaus und redet von einem aufwühlenden lunaren Einfluss empor schwellender Fluten, die schnell ansteigen und an die schadhaften Deiche in der Seele des einzelnen Menschen schlagen. Für ihn ist nicht nur das ganze Thema, sondern auch die Musik selber der reine Mythos. Ich, für meinen Teil, liebe Wagner - aber ohne das ganze Brimborium.“
    Wenn er Bertrand weiter so gut beobachtete und ihm derart aufmerksam zuhörte, war mit einem ziemlich authentischen Dreiteiler zu rechnen.
    „Haben Sie mal was von Laurens van der Post gelesen?“ fragte er.
    Ich zögerte einen Moment. Worauf wollte Gormann hinaus? Gehörte die Frage nur zu seinem philosophischen Exkurs oder hatte sie eine andere Bedeutung?
    „Ja - Flamingofeder! “
    „Ein tolles Buch.“
    Gormanns Begeisterung war zweifellos echt.
    „Sie sollten mal Das dunkle Auge Afrikas lesen, dann wissen Sie, wovon ich die ganze Zeit rede. Ein Autor, bei dem es oft um Träume geht - im Prinzip immer nur um den einen großen Traum.“
    „Und darum, dass nicht wir träumen, sondern geträumt werden.“
    Meine kargen Erkenntnisse versetzten Gormann geradezu in Begeisterung. „Sie haben ihn tatsächlich gelesen!“ Doch bevor er richtig ins Schwärmen kam, fügte er düster hinzu: „Leider liest Marius den alten Meister nicht sorgfältig genug. Obwohl er ihn gerne im Mund führt. Aber er pickt sich dabei leider nur das heraus, was ihm in den Kram passt. Und wenn es ganz schlimm kommt, deklamiert er zu dröhnender Wagner-Musik den Schwachsinn größenwahnsinniger Politiker, Sätze wie: Ich gehe den Weg, den mir die Vorsehung vorgezeichnet hat, so sicher wie ein Schlafwandler? “
    „Das kommt mir aber sehr bekannt vor.“
    „Worte des Größten Führers aller Zeiten. “
    „Und in welchem Teil Ihrer Dokumentation werden sie diese Seite ihres Hauptdarstellers in Szene setzen, Gunter?“
    „Das weiß der liebe Gott.“
    „Ich befürchte, der wird Ihnen dabei nicht helfen.“
    Mein Bungalow lag am äußersten Rand der Wohnanlage, wo die nächtlichen Geräusche des Waldes das ferne Rauschen der Wellen überlagerten.
    Nachdem Gormann sich fürs Erste verabschiedet hatte, ging ich kurz
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