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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Ludger abgeblieben? Der Kommissar war so mit dem Entschärfen der Bombe beschäftigt gewesen, dass er sich gar nicht mehr darum gekümmert hatte. Er drehte sich um und blickte in Richtung Bühne. Und da war er: Je zwei Spieler standen rechts und links neben ihm und führten ihn, flankiert von zwei Beamten, zu einem Streifenwagen. Einer der Spieler war Doktor Langhammer.
    Erleichtert wandte sich der Kommissar wieder seiner Familie zu. »Markus, kümmer dich um die Mama, ich muss mal zu den Kollegen.« Sein Sohn nickte ernst und nahm seine Mutter in den Arm. Auch Hedwig Kluftinger war nun zu ihnen gestoßen und vergrub ihr Gesicht in der Schulter ihres Mannes.
    Der Kommissar schleppte sich derweil mühsam auf die Spielfläche. Jeder Schritt kostete ihn unendlich viel Kraft. Er hatte das Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen. Aber er hatte noch ein paar Dinge zu erledigen, bevor er diesem Gefühl würde nachgeben können. Plötzlich öffnete sich in dem Chaos eine Gasse und Kluftinger sah Martin Langhammer verloren neben einem Polizisten stehen. Auch der Doktor hatte ihn jetzt wahrgenommen, und sie sahen sich lange an, bevor sie langsam, wie in Zeitlupe, aufeinander zugingen. Als sie sich gegenüberstanden, umarmten sie sich ohne Worte. Beide hatten Tränen in den Augen. Etwa eine Minute standen sie so, dann hatte der Kommissar das Gefühl, etwas sagen zu müssen, sich beim Doktor für dessen beherztes Eingreifen zu bedanken. Doch der kam ihm zuvor, indem er einen der Schlusssätze des Stückes zitierte, was Kluftinger wieder unsanft in der Realität ankommen ließ: »So reich ich diesem Jüngling meine Rechte …«

3 Wochen später
    »Servus, Eugen. Und danke für die Schlüssel. Bis Montag dann!«
    Kluftinger sah Strobl nach, als der die Tür hinter sich zuzog.
    Sein neues Büro. Lange würde er brauchen, bis er sich hier heimisch fühlen würde. Das lag auch daran, dass er sich von seinem alten Arbeitsraum nicht hatte »verabschieden« können. Alle Mitglieder der Task Force hatten drei Wochen Sonderurlaub bekommen, und so hatte der Umzug ohne den Kommissar stattgefunden.
    Doch nicht nur der neue Raum war schuld an Kluftingers mulmigem Gefühl. Die Arbeit in der Task Force, die Bedrohungssituation und vor allem die Gewissheit, dass der Terror in die Provinz Einzug gehalten hatte und nunmehr jeder noch so abgelegene Winkel als potenzielles Ziel eines Anschlags infrage kam – das alles hatte Kluftingers ruhiges und beschauliches Leben bei der Kripo Kempten in seinen Grundfesten erschüttert. Er war ein anderer Mensch geworden in dieser Zeit.
    Der Kommissar ließ seinen Blick schweifen. Schön war es hier. Schön und ungeheuer ordentlich. Dank Maier, der seine Aufgabe wohl sehr ernst genommen hatte. Die neuen eleganten Regale und Büroschränke waren akribisch eingeräumt, der Schreibtisch geordnet und sogar mit einer kleinen Grünpflanze aufgehübscht. Der bläuliche Filzteppich verströmte den Duft von Hygiene, Ordnung und Sauberkeit. Nicht ein Zettel störte die Symmetrie auf der Pinnwand, die Maier mit Wollfäden in Wochentage eingeteilt hatte. Warum, das würde er Kluftinger sicher übermorgen erklären.
    Übermorgen war der Sonderurlaub vorbei. Ein normaler Montag, an dem es weitergehen müsste wie zuvor, auch wenn es keinen Weg mehr zurück gab, zurück in die Unschuld dieses ehemals so verträumten Landstrichs. Der Kommissar hatte seine Frau in die Stadt gefahren und war dann zum neuen Gebäude der Kripo gegangen, wo er mit Strobl ein Treffen vereinbart hatte. Er hatte wenigstens das fertige Büro einmal sehen wollen, wollte die Schlüssel haben, bevor er wieder zum Dienst erschien.
    Strobl war nicht mit heraufgekommen. Er hatte gespürt, dass sein Vorgesetzter lieber allein sein wollte. Auf seinem Schreibtisch hatte der Kommissar eine Schachtel Pralinen und einen Zettel gefunden: »Wir freuen uns sehr, dass du wieder da bist! Gott sei Dank!« Unterzeichnet hatten nur Strobl und Hefele.
    Kluftinger hatte den Seitenhieb auf Maier sofort verstanden. Erst als er den Zettel umdrehte, bemerkte er, dass es sich dabei um ein Foto handelte – das Foto, das Willi von ihm im Kostüm gemacht hatte. Auch wenn er sich anfangs sehr darüber geärgert hatte: Jetzt markierte dieses Bild für ihn die Rückkehr zur schmerzlich vermissten Normalität. Er lächelte und öffnete ein Fenster, als sein Handy klingelte. Kluftinger war überrascht. Sollte Erika ihren Einkaufsbummel tatsächlich schon beenden wollen? Der Blick
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