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Lady Marys romantisches Abenteuer

Lady Marys romantisches Abenteuer

Titel: Lady Marys romantisches Abenteuer
Autoren: MIRANDA JARRETT
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weit war es also schon gekommen: Er konnte in den Flammen sitzen und doch keine Wärme spüren. Als hätte des Grabes eisige Kälte bereits seine Glieder befallen.
    Er hätte niemals heute Abend zu Athenais’ Salon gehen sollen. So schwach fühlte er sich, dass er sich fragte, ob er jemals wieder diesen Sessel würde verlassen können, so erschöpft, dass er jenseits des Schlafes war. Nur der Schmerz in seinem Bauch wütete, wütete stärker als je zuvor. Er zerrte, nagte und riss an seinen Eingeweiden wie ein ausgehungerter Straßenköter. Nicht mehr lange. Ein paar Tage noch, vielleicht nur Stunden. Sein Leben war bald vorbei.
    Er sah zur Madonna hin. Fast hätte er schwören mögen, dass sie ihn anlächelte, ihm Mut machte, ihm das schönste Willkommen versprach, nachdem er sich erst einmal von seinem gemarterten Leib befreit hatte. Sein Verstand war versucht, auf seine übliche spöttische Art darüber zu lachen und ihn daran zu erinnern, dass dieser Effekt nur durch das flackernde Licht des Feuers hervorgerufen wurde.
    Er erwiderte das Lächeln der Madonna und hob die zittrige Hand, um ihren Segen zu empfangen. Gewiss wusste sie, was heute Nacht für sie getan wurde. Sicher freute sie sich darüber. Wieder vollständig zu sein, vollkommen in all ihrer Erhabenheit, nach so vielen Jahren schändlicher Verstümmelung – wie sollte sie ihn da nicht mit ihrer Gnade belohnen?
    Er hörte die Kutsche auf der Straße, hörte, wie sie vor seinem Haus anhielt. Endlich war der Engel gekommen. Er drehte sich zur Tür um, ahnte das Klopfen des Dieners voraus, noch bevor es ertönte.
    „Komm herein, komm herein, du Narr!“, rief er ungeduldig. „Bring mir das Bild!“
    Der Diener trat ein und eilte zu ihm. In seinen Händen hielt er ein achtlos eingewickeltes Bündel, das er ihm wie eine Opfergabe entgegenstreckte.
    „Öffne es, verdammt!“ Die Aufregung verlieh d’Archambault neue Kraft, und er richtete sich in seinem Stuhl auf. „Jetzt zeige es mir!“
    Rasch wickelte der Mann das Bild aus und hielt es hoch.
    „Das ist es“, flüsterte d’Archambault, während er das Bild mit den Augen fast verschlang. Es war so vollkommen, wie er es sich vorgestellt, so einmalig, wie er es sich erträumt hatte. „Das ist der Engel unserer geliebten Muttergottes.“
    Der Diener verbeugte sich. „Soll ich es zu den anderen hängen?“
    „Drehe es zuerst um, damit ich es mir ansehen kann.“ Finster betrachtete d’Archambault die Rückseite des Bildes. Das Gemälde von Florenz, das zu der anderen Tafel gepasst hätte, war vor langer Zeit abgeblättert. Jetzt war da nur noch das raue Holz, deutlich erkennbar mit einer Kritzelei beschmutzt. Doch unterhalb des schweren, goldenen Rahmens – was für eine Entstellung – waren noch die originalen Messingscharniere befestigt, die einst die Holztafel mit der mittleren Tafel verbunden hatten.
    „Entferne diesen Rahmen“, befahl er. „Zerstöre ihn, wenn es sein muss. Aber pass auf, dass du das Bild nicht beschädigst. Vorsichtig, du Trottel, vorsichtig!“
    Erstaunlich ruhig löste der Mann die Tafel aus dem Rahmen und benutzte das Tuch, in dem das Bild eingewickelt gewesen war, um es sauber zu wischen.
    „So“, keuchte d’Archambault. „Endlich befreit. Nun bring die Tafel dorthin, wo sie hingehört, zur Ehre unserer Heiligen Muttergottes.“
    Gehorsam trug der Diener die Holztafel durch das Zimmer. Er brauchte nur wenige Augenblicke, um die kleinere Tafel an die größere anzuhängen.
    „Denken Sie nur, Monsieur le comte“, sagte der verblüffte Diener, als er zurücktrat. „Die ganzen Jahre waren sie getrennt, und doch passen sie zusammen wie nichts.“
    „Natürlich passen sie zusammen“, flüsterte d’Archambault ehrfurchtsvoll. „So sind die Wunder dieser Welt.“
    Noch nie hatte er die Heilige Jungfrau so vor Freude leuchten sehen. Der Engel neben ihr war wieder angebracht worden, um sie zu beschützen mit seinem kriegerischen Mut und sie anzubeten, wie sie es verdiente.
    D’Archambault konnte ihre Freude und ihre Gnade wie einen kostbaren Balsam spüren, der ihm seine Pein erleichterte. Er konnte fühlen, wie sein Körper leichter wurde, sich über sein Leiden erhob. Bald würde sie ihn zu sich rufen. Dann würde er gehen, und all seine alten Sünden würden vergeben und vergessen sein.
    „Verzeihen Sie, Herr“, sagte der Diener, „aber was sollen wir mit der Frau machen?“
    Widerwillig riss sich d’Archambault aus seinen Träumen los. „Was für eine
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