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Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition)
Autoren: D. H. Lawrence
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verrückt, weil sie kein Geld zum Ausgeben haben. Ihr ganzes Leben hängt vom Geldausgeben ab, und jetzt haben sie keines. So sieht unsere Zivilisation und Erziehung aus: man erzieht die Massen dazu, ganz vom Geldausgeben zu leben, und dann geht das Geld aus. Die Gruben sind zwei, zweieinhalb Tage in der Woche in Betrieb, und es gibt kein Anzeichen der Besserung, auch für den Winter nicht. Das bedeutet, daß ein Mann seine Familie mit 25, 30 Shilling durchbringen muß. Die Frauen hat es am schlimmsten erwischt. Aber andererseits: sie sind heutzutage auch die Schlimmsten, wenn’s ums Ausgeben geht.
    Wenn man ihnen nur beibringen könnte, daß Leben und Geldausgeben nicht dasselbe ist! Aber es hat keinen Sinn. Wenn sie nur dazu erzogen worden wären, zu leben , statt zu verdienen und auszugeben, könnten sie ganz gut mit 25 Shilling auskommen. Wenn die Männer rote Hosen trügen, wie ich damals sagte, würden sie nicht so viel ans Geld denken: wenn sie tanzen und springen und singen und fröhlich und hübsch sein könnten, würden sie mit sehr wenig auskommen. Und sie würden den Frauen Vergnügen machen, und die Frauen würden ihnen Vergnügen machen. Sie müßten lernen, nackt zu sein und schön und in der Gemeinschaft zu singen und die alten Tänze zu tanzen und die Stühle, auf denen sie sitzen, mit Schnitzwerk zu verzieren und ihre eigenen Abzeichen zu sticken. Dann würden sie kein Geld brauchen. Das ist der einzige Weg, das Industrieproblem zu lösen: die Menschen dazu zu erziehen, daß sie fähig sind zu leben, in Schönheit zu leben, ohne das Geldausgeben auszukommen. Aber es geht nicht. Es gibt nur eingleisige Gehirne heutzutage. Wobei die breite Masse der Menschen nicht einmal versuchen sollte zu denken, weil sie es nicht kann ! Die Menschen sollten einfach lebendig und munter sein und an den großen Gott Pan glauben. Er ist der einzige Gott für die Massen, für alle Zeit. Einzelne mögen sich höheren Kulten verschreiben, wenn es ihnen gefällt. Aber die Masse muß für alle Zeiten heidnisch bleiben.
    Die Bergleute jedoch sind nicht heidnisch, weit entfernt davon. Sie sind ein trauriges Häuflein, ein abgestorbenes Häuflein Menschen. Tot für ihre Frauen, tot fürs Leben. Die Jungen rasen mit Mädchen auf Motorrädern umher und jazzen, wann immer sie können. Aber sie sind sehr tot. Und es fehlt an Geld. Geld vergiftet einen, wenn man es hat, und läßt einen verhungern, wenn man es nicht hat.
    Ich bin sicher, Dir ist schon schlecht von alldem. Aber ich mag nicht immer von mir reden, und bei mir ereignet sich auch nichts. Ich mag nicht zu viel an Dich denken in meinem Kopf, das verwirrt nur alles. Natürlich lebe ich jetzt nur noch dafür, daß wir beide zusammen sein werden. Ich habe Angst, wirklich. Ich spüre den Teufel in der Luft, und er wird versuchen, uns zu erwischen. Oder richtiger: nicht der Teufel, sondern der Mammon, der, glaube ich, letzten Endes nur der Massenwille des Volkes ist, das Geld will und das Leben haßt. Irgendwie spüre ich große weiße Hände, die jeden bei der Kehle packen wollen, der versucht zu leben, über das Geld hinaus zu leben, und die ihm die Luft abschnüren wollen. Eine böse Zeit wird kommen. Eine böse Zeit, Jungs, eine sehr böse. Wenn es so weitergeht wie jetzt, wird die Zukunft für diese Industriemassen nichts anderes bereit halten als Tod und Vernichtung. Manchmal habe ich das Gefühl, als müßte ich vergehen, und da bist Du nun und bekommst ein Kind von mir. Aber laß nur. Alle widrigen Stürme, die je gewesen sind, haben nicht die Krokusblüte ausblasen können: und auch nicht die Liebe zur Frau. So werden sie auch nicht imstande sein, meine Sehnsucht nach Dir auszulöschen, noch die kleine Glut, die zwischen Dir und mir besteht. Nächstes Jahr werden wir zusammen sein. Und wenn ich auch Angst habe, glaube ich doch, daß Du bei mir bist. Ein Mann muß sich wehren und sein Bestes tun und auf etwas vertrauen, das über ihn hinausreicht. Man kann sich nicht gegen die Zukunft versichern – es sei denn, man glaubt wirklich an das Beste in sich selbst und an eine dahinterstehende Macht. So glaube ich denn an die kleine Flamme zwischen uns. Für mich ist sie jetzt das einzige in der Welt. Ich habe keine Freunde, keine wirklichen Freunde. Nur Dich. Und die kleine Flamme ist jetzt alles, woran mir in meinem Leben etwas liegt. Da ist noch das Kind. Aber das ist eine Sache für sich. Diese züngelnde Flamme zwischen mir und Dir ist mein Pfingsten. Das alte
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