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Labyrinth der Spiegel

Labyrinth der Spiegel

Titel: Labyrinth der Spiegel
Autoren: Lukianenko Sergej
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daran glauben, dass es Zufall ist, wenn du mit verbundenen Augen tausendmal ins Schwarze triffst! Ich bin kein Genie, ich bin ein ganz normaler Mensch. Nein! Da , in der Zukunft, hat man entschieden, die virtuelle Welt zu erschaffen. Vielleicht war das bereits vorbestimmt. Vielleicht brauchten sie aber auch einen Vorposten … eine Aussichtsplattform, um unsere Welt zu erkunden. Jedenfalls bin ich … die Feder in ihrer Hand gewesen …«
    »Ein Vorposten?«, frage ich zurück. »Ein Vorposten bedeutet Krieg.«
    »Genau! Und im Krieg muss man töten! Und Gefangene machen.«

    »Du weißt, wie viele Versionen darüber existieren, wer der Loser ist?«
    »Ja.«
    »Was, wenn er nicht aus der Zukunft ist? Sondern aus einer Parallelwelt?«
    »Na und? In dem Fall müssen wir ihn uns doch wohl erst recht vorknöpfen! Er ist in unserer Welt! Hier gelten unsere Gesetze! Er muss uns sagen, wer er ist!«
    Was will er eigentlich von mir?
    Ich sehe Dibenko an. Seine Lippen zittern, seine Augen blicken müde, er macht einen heruntergekommenen Eindruck. Worauf ist er so erpicht? Dass ich die Sache überdenke? Ihm den Loser ausliefere? Letzteres liegt sowieso nicht in meiner Macht. Wir vergeuden hier nur unsere Zeit …
    Zeit …
    Er kennt meinen Namen und meine Adresse. Er weiß, wo ich in der virtuellen Welt lebe.
    Er hat es sogar geschafft, meine Spur bis zu Romka zu verfolgen.
    Und jetzt spielt er auf Zeit.
    Ich weiche zurück, stürze zur Pforte. Dibenko sieht mir nach, versucht aber nicht, mich aufzuhalten. Auf seinem Gesicht zeichnet sich ein Lächeln ab: das zufriedene Lächeln eines Schauspielers, der nach seinem Auftritt den Applaus einstreicht.

101
    Das Taxi fährt an mir vorbei. Als habe es in Deeptown keine Bedeutung mehr, wenn ich den Arm hebe. Ich stürze dem Wagen nach, fuchtle noch einmal mit der Hand …
    Vergeblich.
    Das ist Krieg.
    Wie hat Dibenko es geschafft, mich aus dem Transportsystem zu schmeißen? Ob er auch am Deep-Explorer einen Anteil hält?
    Nur dass ich kein Taxi mehr brauche …
    Das mittlerweile vertraute Gefühl macht sich in mir breit, als sich die Stadt in einen Chip verwandelt. Ich schwebe über ihr, dehne mich im Raum aus und gelange über fremde Rechner zu meinem Haus.
    Wo ich gegen die Mauer knalle.
    Ich sehe das Haus, dieses von Dingen bewohnte Ungetüm  – kann es aber nicht betreten. Etwas hat sich im Raum selbst verändert.
    Ich mache mich wieder real, allerdings nicht im Haus, sondern notgedrungen auf der Straße vor ihm.

    Mein Haus lodert.
    Es steht jedoch nicht in Flammen, eher ist das eine noch nie dagewesene Illumination. Die Mauern wechseln ihre Farbe und ihre Helligkeit, jedes Sandkorn funkelt wie ein Edelstein, so dass mein Haus wie ein grober Brillantquader im Scheinwerferlicht wirkt.
    Davor drängen sich sehr viele Menschen. Ich mache die Uniformen der Sicherheitsorgane Deeptowns, die Security-Leute vom Labyrinth und die Wachposten von Al Kabar aus. Scharfschützen mit Gewehren, MP-Schützen hinter transparenten Schilden und in der Luft schwebende Männer mit Jet Packs auf dem Rücken haben eine Kette ums Haus gebildet. Ich bin mitten in dieser Umzingelung gelandet. Sofort richten sich hundert Waffen auf mich.
    Die Spinnen haben sich verschworen und weben ihr Netz nun gemeinsam.
    »Leonid! Nehmen Sie die Hände hoch und kommen Sie näher!«, dröhnt eine Stimme. Hinter dem Sicherheitskordon stehen im regenbogenfarbigen Schimmer der Lichter Urmann, Willy, der Mann Ohne Gesicht und Kommissar Jordan Raid.
    ’ne Nummer kleiner war wohl nicht drin!
    Da hat der arme Diver es doch weit gebracht! Die offiziellen und inoffiziellen Herrscher der Tiefe beehren ihn zu Hause!
    »Leonid, kommen Sie langsam näher!«, wiederholt Raid. Das Echo seiner Stimme hallt durch die Straße.
    Zumindest versuchen sie, den Anschein von Legalität zu wahren und lassen die Operation von der Polizei durchführen.

    Als ich auf meine Bekannten zugehe, behalten mich die Schützen im Visier, wird jeder meiner Schritte durch Hunderte von Computern ausgewertet, strömt jedes Datenbyte unter unsichtbarer Aufsicht durch den Raum …
    Die Kette vor mir öffnet sich, damit ich durchtreten kann. Guillermo weicht meinem Blick aus. Urmann – der eigentlich nur Urmanns Sekretär ist – grinst verschlagen. Dibenko verschanzt sich wieder hinter seiner undurchdringlichen Nebelmaske.
    Ich ignoriere sie alle, indem ich mich an Raid wende. »Was geht hier vor?«
    »Sie werden angeklagt, illegal in einen fremden
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