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L wie Liquidator

L wie Liquidator

Titel: L wie Liquidator
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Regierungen anderer großer Wirtschaftsnationen aufgegriffen werden wird.
    Auch unser folgender Beitrag paßt zu dieser Thematik. Er befaßt sich mit einer besonderen Gruppe von Doppelverdienern: Beschäftigungslosen, bei denen durch Arbeitslosenhilfe und Schwarzarbeit die Haushaltskasse gleich zweimal klingelt. Sehen Sie dazu den Bericht Mit dem Mercedes zum Arbeitsamt von Jürgen Ploog.«
     
    Soweit ein Kommentar von damals, der den Zeitgeist exakt traf. Die Arbeitslosigkeit hatte ein Ausmaß erreicht, in dem sie von jedem einzelnen Opfer forderte – Opfer, die ein großer Teil der Bevölkerung nicht zu bringen bereit war. Wer wollte schon gern auf seinen gewohnten Lebensstandard verzichten? Die steigende Abgabenlast brachte Millionen von Haushalten, die ihr Budget mit Ratenkäufen, Bausparbeiträgen, Versicherungen, Kredittilgungen und Zinsen bereits bis zur Grenze ausgereizt hatten, in bedrohliche Existenzkrisen. Die Solidaritätsrate sank dramatisch. Die Zahl der Befürworter der Einfrieraktion war bereits von 20% auf mittlerweile 40% gestiegen. Doch da meldeten sich gewichtige Gegenstimmen zu Worte, pikanterweise aus Kreisen, die dem Projekt ansonsten positiv gegenüberstanden.
     
    Jean Wittlich, Einzelhändler in Neunkirchen/Saar, vor seinem Laden: »Wenn die alle Arbeitslosen einfrieren, kann ich hier zumachen. Dann ist das sowieso bald eine Geisterstadt. Von den paar, die hier noch Arbeit haben, kann ich nicht leben.« Er beißt wütend auf der Unterlippe herum. »Was die da oben in Bonn vorhaben, wissen Sie, was das ist?« Er weist anklagend auf einen knallroten Schaufensteraufkleber mit der Aufschrift AUSVERKAUF. »Genau das ist es. Mehr hab ich dazu nicht zu sagen.«
    Walter Schablinski, Geschäftsführer des Maxi-Centers in Amberg, deutet auf den leeren Parkplatz seines Supermarkts: »So wird’s hier aussehen, wenn die in Bonn Ernst machen. Dazu ist unsere Kapazität einfach zu groß. Wir müssen dann wohl aus Rentabilitätsgründen schließen.«
    Dr. Jörg Kalkhoff, Geschäftsführer der Hauptgemeinschaft des deutschen Einzelhandels, in einer belebten Fußgängerzone. Ein Windstoß wirbelt seine Haartolle dynamisch hin und her. »Wir werden entschiedene Schritte gegen das Bonner Vorhaben unternehmen. Wir werden es nicht zulassen, daß der deutsche Einzelhandel in die schwerste Krise seit seinem Bestehen gestürzt wird. Ein Konsumausfall in diesem Ausmaß ist nicht zu verkraften. Zahllose Einzelhandelsgeschäfte werden schließen müssen, mit allen Konsequenzen für die Mitarbeiter. Man kann doch das Arbeitslosenproblem nicht dadurch lösen, daß man neue Arbeitslose schafft. Diese ganzen dubiosen Pläne wurden offensichtlich nicht zu Ende gedacht. Wir werden dafür sorgen, daß das geschieht.«
    Dipl.-Kfm. Rolf Kastner, Geschäftsführer des Verbandes der Hausbesitzer und Grundstückseigner, im Wohnzimmer einer leerstehenden Wohnung. Seine Stimme hallt wie eine Lautsprecherdurchsage von den kahlen Wänden wider. »So sinnvoll die Einfrieraktion arbeitsmarktpolitisch auch sein mag: Wohnungspolitisch gesehen ist sie eine Katastrophe. Zigtausende von Sozialwohnungen werden frei und von Besserverdienenden belegt. Der freifinanzierte Wohnungsmarkt trocknet auf der Nachfrageseite völlig aus, wandelt sich noch mehr als bisher vom Verkäufer- zum Käufermarkt. Es werden kaum noch neue Wohnungen gebaut werden, weil genug billiger Wohnraum leersteht. Die Bauindustrie wird endgültig zusammenbrechen. Vermieten lohnt sich nicht mehr. Wir verwahren uns deshalb schärfstens gegen das Projekt.«
     
    Ähnlich äußerten sich der Ring Deutscher Makler, der Verband der Automobilindustrie und eine Vielzahl weiterer Interessengruppen. Besonders schwer tat sich der Deutsche Gewerkschaftsbund, in dem sich Befürworter und Gegner des Kryo-Projekts in etwa die Waage hielten.
    Entsprechend turbulent verlief die eilig anberaumte außerordentliche Mitgliederversammlung des DGB in Hannover. (Einblendung eines zum Bersten gefüllten Saales, in dem sich tumultartige Szenen abspielen.) Es war, wie es ein zeitgenössischer Beobachter anschaulich formulierte, »ein Getümmel wie auf der Jahrestagung der Anonymen Masochisten«. Ein Vertreter des gemeinwirtschaftlichen Arbeitgeberflügels des DGB wurde bei einer Podiumsdiskussion mit einem Eisbeutel niedergeschlagen. (Szene wird eingeblendet: »Macht jeden kalt, der euch kaltmachen will!« ruft der Attentäter. »Wehrt euch, Genossen!« Der Mann wird von der Bühne gezerrt.)
    Diese
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