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Kusswechsel

Kusswechsel

Titel: Kusswechsel
Autoren: Janet Evanovich
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flüchtig die Post durch, die Ella am Vormittag hereingebracht hatte. Er blickte von den Briefen auf und sah mir fest in die Augen.
    »Du siehst irgendwie umnachtet aus, Babe.«
    Ich hatte einiges hinter mir, fünf Stunden Fernsehen und zwei Stunden nervöses Hin- und Herlaufen im Flur. »Ich gehe jetzt«, sagte ich. »Ins Einkaufszentrum. Ich habe nur noch so lange abgewartet, weil ich mich bei dir bedanken wollte. Das war sehr nett von dir, dass ich deine Wohnung benutzen durfte, und das geile Duschgel wird mir fehlen. Aber jetzt muss ich gehen. Es wäre vielleicht ganz gut, wenn du deinen Leuten Bescheid sagen würdest, damit sie mich nicht mit ihrer Pistole betäuben.«
    Ranger legte die Briefe auf das Silbertablett. »Nein.«
    »Nein?«
    »Junkman läuft noch immer frei herum.«
    »Habt ihr keine Fortschritte gemacht?«
    »Wir haben nur einen Namen«, sagte Ranger. »Norman Carver.«
    »Im Einkaufszentrum wird er sich ja wohl nicht verstecken. Entschuldige bitte, aber du versperrst mir die Tür.«
    »Beruhige dich«, sagte Ranger.
    »Du dich auch«, sagte ich und stieß mit der Faust leicht gegen seine Schulter. »Lass mich durch.«
    Den ganzen Tag über hatten die Autoschlüssel auf dem Teller gelegen. Und eigentlich glaubte ich auch nicht, dass Ranger seinen Leuten gesagt hatte, sie sollten mit der Betäubungspistole auf mich schießen. Ich war in der Wohnung geblieben, weil ich nicht sterben wollte. Das galt noch immer, ich wollte auch jetzt nicht sterben, aber ich hatte die passive Rolle satt, die ich spielen musste. Ich wollte, dass mein Leben anders aussah. Ich wollte so wie Ranger sein. Er konnte gut den harten Typen spielen. Ich war darin ein Versager. Außerdem entbehrte es nicht der Ironie, dass auch Ranger von mir verlangte, hübsch zu Hause zu bleiben. Das kannte ich ja von Morelli schon.
    Wieder stieß ich Ranger an, aber er stieß mich zurück, drückte mich mit seinem Körper gegen die Wand.
    »Ich habe einen langen, unbefriedigenden Tag hinter mir«, sagte Ranger. »Meine Geduld ist ziemlich aufgebraucht. Zwing mich nicht.«
    Er lehnte sich einfach nur gegen mich, mühelos hielt er mich mit seinem Gewicht fest, und ich war bewegungsunfähig. Aber ich war nicht nur bewegungsunfähig, jetzt wurde ich auch noch geil.
    »Das ist wirklich das Allerletzte«, sagte ich.
    Er war den ganzen Tag unterwegs gewesen, und er roch immer noch wunderbar. Seine Wärme sickerte in mich ein, seine Wange ruhte an einer Seite meines Gesichts, seine Hände lagen flach an der Wand auf, rahmten meine Schultern ein. Ohne zu überlegen kuschelte ich mich an ihn und fuhr mit den Lippen über seinen Hals, küsste ihn flüchtig.
    »Das ist gemein«, sagte er.
    Ich wollte unter ihm durchrücken, aber ich spürte, wie er sich regte.
    »Ich habe das Gewicht und die Muskeln«, sagte er. »Aber allmählich glaube ich, dass du die Power hast.«
    »Reicht meine Power, um dich zu überreden, mit mir shoppen zu gehen?«
    »So viel Power hat nicht mal der liebe Gott. Hat Ella das Abendessen hochgebracht?«
    »Vor zehn Minuten. Es steht in der Küche.«
    Er rückte von mir ab, kraulte mein Haar und ging in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. Die Tür war unbeaufsichtigt, die Autoschlüssel lagen auf dem Teller.
    »Arrogantes Schwein«, rief ich hinter ihm her.
    Er drehte sich um und sein Breitwandlächeln blitzte auf.
    Ich saß noch immer am Frühstückstisch, als Ranger mit offener kugelsicherer Weste und voll behängtem Mehrzweckgürtel aus dem Schlafzimmer kam. »Stell bitte keine verrückten Sachen heute an. Versuch es wenigstens«, sagte er auf dem Weg zur Tür.
    »Ja«, sagte ich. »Und du, lass dich nicht erschießen. Versuch es wenigstens.«
    Es war ein seltsamer Abschiedsgruß, denn wir beide meinten ernst, was wir sagten.
    Um fünf Uhr rief Lula mich auf meinem Handy an. »Sie haben ihn«, sagte sie. »Connie und ich haben den Polizeifunk abgehört, und gerade hieß es, dass sie Junkman gefasst haben.«
    »Wisst ihr schon Näheres?«
    »Nicht viel. Anscheinend wurde er angehalten, weil er bei Rot über die Ampel gefahren ist, und als sie ihn überprüften, landeten sie einen Treffer.«
    »Ist jemand verletzt?«
    »Es wurde jedenfalls kein Krankenwagen angefordert.«
    Mir zitterten die Knie vor Erleichterung. Es war vorbei.
    »Danke«, sagte ich. »Bis morgen.«
    »Viel Spaß«, sagte Lula.
    Wenn ich mich beeilte, konnte ich noch etwas für Valerie kaufen und schaffte es auch noch rechtzeitig zur Geschenkeparty. Ich schrieb
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