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Kussen hat noch nie geschadet

Kussen hat noch nie geschadet

Titel: Kussen hat noch nie geschadet
Autoren: Gibson Rachel
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Rot, passend zu seinen Nägeln.
    Dicht hinter der Brautmutter betraten Ty Savage und sein Vater Pavel den Raum. Vater und Sohn waren Eishockeylegenden, und jeder, der sich auch nur annähernd für den Sport interessierte, hatte den Namen Savage schon einmal gehört. Sam hatte Pavel von frühster Kindheit an beim »Old School«-Eishockey zugesehen, bei dem es noch keine Schutzhelme und Kampfregeln gab. Später hatte Sam dann sowohl mit als auch gegen Ty gespielt und war unbestritten einer der besten Spieler, die sich je ein Paar Schlittschuhe zugeschnürt hatten. Beide Männer steckten in traditionellen schwarzen Smokings, und einen unbehaglichen Augenblick lang blitzte vor Sams geistigem Auge seine eigene Hochzeit auf. Nur dass er statt eines Smokings ein BELIEVE-T-Shirt von Cher und Jeans getragen hatte. Er wusste nicht, was demütigender gewesen war, die Hochzeit oder das T-Shirt.
    Ty und Pavel nahmen ihre Plätze gegenüber der Brautmutter vor dem Kamin ein. Ty wirkte ganz ruhig. Gar nicht nervös oder von der Angst getrieben, einen Riesenfehler zu begehen. Vermutlich hatte Sam auf seiner Hochzeit auch recht ruhig gewirkt. Natürlich war er hackevoll gewesen. Das war die einzige Erklärung für sein Handeln. Der Schrecken des Ganzen war erst am nächsten Morgen bis in sein Hirn vorgedrungen. Die Erinnerung an seine hackevolle Hochzeit mied er wie eine Hure die Sittenpolizei. Auch jetzt schob er sie weit weg und verschloss sie sicher dort, wo er alle unangenehmen Erinnerungen und ungewollten Gefühle verwahrte.
    Die leise Harfenmusik ging in den Hochzeitsmarsch über, und als die Braut den Saal betrat, erhoben sich alle. Faith Duffy war eine der schönsten Frauen auf dem Planeten. Groß und blond, mit einem fantastischen Gesicht. Wie eine Barbiepuppe. Perfekte Brüste. Und er fand nicht, dass er ein Perversling war, nur weil ihm ihr Busen auffiel. Schließlich war sie Playmate des Jahres gewesen, und die meisten Männer hier im Saal hatten ihre Fotostrecke bewundert. Heute trug sie ein eng anliegendes weißes Kleid, das sie vom Hals bis zu den Knien verhüllte. Über den hauchdünnen Schleier auf Faiths Kopf hinweg erhaschte er einen Blick auf Autumn, die hinten in den Saal schlüpfte. Bei ihrer letzten Begegnung hatte sie ihn als unreif und egoistisch beschimpft, ihm vorgeworfen, ein verantwortungsloser geiler Bock zu sein, und ihre Tirade mit dem Vorwurf beendet, Fußpilz im Gehirn zu haben. Was nicht stimmte. Er hatte noch nie Fußpilz gehabt, nicht mal am Fuß, und hatte ihr das sehr übel genommen. Er hatte die Beherrschung verloren und sie eine zickige Kneifzange genannt. Was in ihrem Fall auch stimmte , aber das war noch nicht das Schlimmste gewesen. Nein, das Schlimmste war der Ausdruck in den blauen Augen seines dreijährigen Sohnes Conner gewesen, der plötzlich hinter dem Sofa auftauchte. Als hätten seine Eltern ihm eigenhändig einen Dolch ins Herz gestoßen. Das war das Schlimmste daran gewesen. Nach diesem Abend hatten sie einvernehmlich beschlossen, dass es das Beste wäre, sich nicht mehr am selben Ort aufzuhalten. Deshalb war es heute das erste Mal, dass er sich mit Autumn im selben Gebäude befand, sie überhaupt sah, seit wie lange inzwischen? Zwei Jahre vielleicht?
    Zwanzig Monate, zwei Wochen und drei Tage. So lange war es her, seit Autumn das Pech hatte, sich im selben Raum aufzuhalten wie der größte Idiot auf dem Planeten. Wenn nicht auf dem Planeten, dann wenigstens an der Pazifikküste. Und das waren eine Menge Idioten.
    Sie stand ganz hinten im Cutter Room des Rainier Clubs, den Blick auf die Braut gerichtet, die ihren Strauß aus weißen Pfingstrosen, Hortensien und tiefroten Rosen jetzt ihrer Mutter reichte. Faith nahm ihren Platz gegenüber dem Bräutigam ein, der nach ihrer Hand griff, sie ganz spontan an die Lippen hob und küsste. In den letzten Jahren hatte Autumn eine Menge Hochzeiten geplant. So viele, dass sie ganz gut vorhersagen konnte, welche Paare es langfristig schaffen würden. Sie erkannte es an der Art und Weise, wie sie miteinander sprachen und einander berührten und wie sie mit dem Stress umgingen, den die Planung einer Hochzeit mit sich brachte. Und sie prophezeite, dass Ty und Faith gemeinsam steinalt werden würden.
    Als die Hochzeitsgäste wieder Platz nahmen und der Geistliche mit der Trauungszeremonie begann, senkte Autumn den Blick auf den leicht gerundeten Bauch der Braut. Erst vor wenigen Wochen war sie telefonisch von Faith darum gebeten worden, den
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