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Kussen hat noch nie geschadet

Kussen hat noch nie geschadet

Titel: Kussen hat noch nie geschadet
Autoren: Gibson Rachel
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Sam in der Stadt?«
    Sam? Autumn konnte sich nicht erinnern, dass Vince Sam je anders genannt hatte als »der Idiot« oder noch schlimmer. Irgendwas war hier sehr faul. Vielleicht war Vince gestürzt, hatte sich den Kopf angeschlagen und nicht nur ein blaues Auge, sondern auch einen Hirnschaden davongetragen. »Er ist in L.A. Warum?«
    »Ich wollte mit ihm reden. Wann kommt er zurück?«
    »Irgendwann morgen Abend.«
    »Das ist zu spät. Dann bin ich schon weg.«
    »Warum?« Überrascht erhob sie sich vom Schreibtisch. »Wohin willst du?«
    »Ich verlasse die Stadt.«
    »Nein!« Ihr klappte die Kinnlade herunter. »Warum?« Warum ging auf einmal ihr ganzes Leben den Bach runter?
    »Ich hab im Süden was zu erledigen. In Texas.«
    »Und was?« Sie lief um den Schreibtisch herum zu ihm.
    »Ich darf nicht darüber reden.«
    »Bist du auf der Flucht vor der Polizei?«
    »Nein.«
    »Vor einer wütenden Freundin?«
    »Nein.«
    »Einem Freund?«
    »NEIN!«
    Die Sorge um ihren Bruder verdrängte sofort ihre eigenen Probleme. Betroffen legte sie die Hand auf ihre Brust. »Aber ich bin deine Schwester! Du kannst mir alles sagen, und ich werde dich immer lieben. Egal, was es ist.«
    »Ich hab dich auch lieb, doch es gibt einfach Sachen, von denen du besser nichts weißt.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich werde nicht darüber reden. Also frag nicht.«
    Manchmal war er so verschlossen, dass es sie wahnsinnig machte. »Wann kommst du zurück?«
    »Bald.« Er zog einen dicken Briefumschlag hervor. »Gib das Sam.«
    Der Umschlag war voller Geldscheine, und sie schnappte nach Luft. »Wann hat Sam dir so viel Geld geliehen?«
    »Sag ihm einfach nur danke.«
    »Was hast du angestellt?« Entgeistert starrte sie auf den Briefumschlag in ihrer Hand und fragte sich, wozu ihr Bruder so viel Geld brauchte. War er aus seiner Wohnung geflogen, hatte er sich verzockt oder gar einen Söldner von der Rückseite einer seiner Militär-Zeitschriften angeheuert? Nein, Vince würde niemanden anheuern, der für ihn die Drecksarbeit erledigte.
    »Sam hat mich am Montag aus dem Knast geholt.«
    »Was?« Ans Gefängnis hatte sie nicht gedacht. Aber Sam hasste Vince. Warum sollte er die Kaution für ihn aufbringen? »Was ist passiert? Geht’s dir gut?«, fragte sie durch einen Schleier fassungsloser Ungläubigkeit. Dann hörte sie schweigend zu, während Vince ihr von seiner Schlägerei mit einem Biker-Trupp und von seiner Festnahme erzählte.
    »Warum bist du nicht abgehauen?«
    Er runzelte die Stirn. »Ich haue nicht ab.«
    »Aber das war vor drei Tagen. Warum hat es mir keiner von euch gesagt?« Okay, Sam sprach nicht mehr mit ihr, aber: »Warum hast du es mir nicht gesagt?«
    »Sam wollte nicht, dass du es erfährst. Ich glaube, er liebt dich, und er will nicht, dass du dir meinetwegen Sorgen machst.«
    Sie war sich nicht so sicher, ob Sam sie wirklich liebte. Nicht nach ihrem letzten Gespräch.
    »Und um mich sollst du dir auch keine Sorgen machen.«
    Sie sah ihn an, wie er dort stand, ihr knallharter Bruder. Ihre Kehle brannte, und wieder traten ihr die Tränen in die Augen. Sie wollte ihm das Leben nicht schwer machen. Schwerer, als es ohnehin schon war. »Was soll ich denn ohne meinen großen Bruder machen?«
    »Nicht weinen!« Er schloss sie in seine kräftigen Arme. »Ich geh ja nicht für immer weg.« Er zog sich zurück und schaute ihr ins Gesicht. »Vielleicht ist Sam gar kein so großer Idiot mehr.« Er wischte ihr mit den Daumen die Tränen von den Wangen. »Er passt auf Conner und dich auf.«
    Sie war total durcheinander und hatte große Angst um Vince. »Du magst Sam inzwischen?«
    »Nein, aber die wichtigere Frage lautet: Magst du ihn?«
    Natürlich mochte sie Sam. Sie liebte ihn. Sie konnte nicht anders. Sie liebte den Klang seiner Stimme und seinen Geruch auf ihrem Kissen. Sie liebte es, dass sich unter den stahlharten Muskeln und dem riesigen Ego ein liebenswürdiger, gutherziger Mann verbarg. Sie nickte.
    »Dann musst du in Betracht ziehen, ihm zu verzeihen, denn manchmal muss ein Mensch hören, dass man ihm verzeiht, damit er sich selbst verzeihen kann.«
    Sie blickte in die aufgewühlten Augen ihres Bruders und fragte sich, ob er von Sam oder von sich selbst sprach.
    Sam betrat seine Loftwohnung und wusste schon, bevor er die Lichter einschaltete, dass etwas nicht stimmte. Es war drei Uhr nachts, auf einem Hocker an der Küchentheke lag Conners Jacke, und die Tür zu seinem Zimmer stand einen Spaltbreit offen. Er warf einen Blick
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