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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman
Autoren: Lisa Kleypas
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an ihrem Bett zu verweilen. Drei Tage lang hatte er sie im Arm gehalten und hilflos zusehen müssen, wie sie ihm einfach wegstarb.
    Nach ihrem Tod war Leo nach Hause zurückgekehrt und selbst an dem Fieber erkrankt, ebenso Win. Wie durch ein Wunder hatten sie beide überlebt, wenn sich Win auch nie vollständig erholt hatte. Und Leo war als ein völlig anderer Mensch aus der Krankheit hervorgegangen. Sie hatte ihn auf eine Weise gezeichnet, die er selbst nicht gänzlich erfassen konnte. Als wäre er in einem Albtraum gefangen, aus dem er nicht mehr erwachte. Ihm war völlig gleichgültig gewesen, ob er nun tot oder lebendig war. Unverzeihlich war aber, dass er in seiner Qual auch der Familie geschadet und ihnen endlos Probleme bereitet hatte. Als es gerade am allerschlimmsten war und Leo entschlossen schien, sich selbst endgültig zugrunde zu richten, hatten die Hathaways eine Entscheidung getroffen. Sie schickten Win zur Kur in eine Klinik nach Frankreich, und Leo sollte sie begleiten.
    Während Wins schwache Lungen in der Klinik allmählich wieder zu Kräften kamen, wanderte Leo stundenlang durch die provenzalische Landschaft, durch kleine Dörfer mit Feldsteinhäusern, schmale, mit Blumen gesäumte Serpentinenwege hinauf und über ausgedörrte Felder. Die Sonne, die klare, heiße Luft, die Langsamkeit, das gemächliche Leben, hatten seine benebelten Sinne aufklaren lassen und seine Seele besänftigt. Von einem einzigen Glas Wein zum Abendessen abgesehen, hatte er sogar mit dem Trinken aufgehört. Er hatte Skizzen angefertigt und sich in die Malerei gestürzt, und am Ende hatte er die Trauer schließlich annehmen können.
    Als Leo und Win nach England zurückkehrten, hatte Win keine Zeit verloren, sich ihren Herzenswunsch zu erfüllen und Merripen zu heiraten.
    Leo für seinen Teil setzte alles daran, den Schaden, den er angerichtet hatte, wiedergutzumachen. Und vor allem war er entschlossen, sich nie wieder zu verlieben. Nun, da er sich darüber bewusst war, wie tief seine Gefühle sein konnten, würde er niemals mehr einem anderen Menschen eine solche Macht über sich einräumen.
    »Sis«, erklärte er Amelia bußfertig, »solltest du im Ernst auf den völlig absurden Gedanken gekommen sein, dass ich irgendein persönliches Interesse an Marks hegen könnte, vergiss ihn einfach schnell wieder. Ich versuche nur herauszufinden, welche Leiche sie in ihrem Keller hat. Und so wie ich sie einschätze, ist die nicht einmal sprichwörtlich.«

Drittes Kapitel
    »Ich habe von Cats Existenz erfahren, da war ich schon zwanzig«, erzählte Harry Rutledge und streckte seine langen Beine aus. Er saß mit Leo im Club des Rutledge Hotels. Die ruhige, luxuriöse Räumlichkeit mit ihren zahlreichen achteckigen Apsiden, war in London ein beliebter Versammlungsort für ausländische Adlige, vermögende Reisende, Aristokraten und Politiker.
    Leo musterte seinen Schwager mit kaum verhohlener Skepsis. Auf einer Liste von Männern, die er seiner Schwester zur Heirat anempfohlen hätte, hätte Rutledge sicherlich nicht an oberster Stelle gestanden. Leo traute ihm nicht. Aber es gab auch Dinge, die für Harry sprachen, zum Beispiel die offensichtliche und bedingungslose Verehrung seiner Schwester Poppy.
    Harry nahm einen Schluck von dem warmen Brandy und wog seine Worte sorgfältig, bevor er weitersprach. Er war ein gut aussehender Mann und beileibe nicht ohne Charme, aber er war auch skrupellos und manipulativ. Von einem Mann, der solche Erfolge aufzuweisen hatte, unter anderem den Aufbau des größten, opulentesten Hotels in ganz London, war auch nicht weniger zu erwarten.
    »Ich sträube mich aus verschiedenen Gründen, über Cat zu sprechen«, erklärte Harry schließlich. »Einer davon ist, dass ich selbst nie besonders gut zu ihr gewesen bin, geschweige denn sie beschützt habe, als ich es hätte tun sollen. Zu meinem großen Bedauern.«
    »Jeder hat in seinem Leben immer etwas zu bedauern«, erwiderte Leo und nippte an seinem Brandy, ließ das samtene Feuer die Kehle hinuntergleiten. »Genau aus diesem Grund halte ich an meinen schlechten Gewohnheiten fest. Solange ich nicht damit aufhöre, muss ich nicht anfangen, etwas zu bedauern.«
    Harry grinste, aber er wurde alsbald wieder ernst, als er in die Flamme einer kleinen Kerzenlampe starrte, die man auf den Tisch gestellt hatte. »Bevor ich dir etwas erzähle, möchte ich gern wissen, welcher Art dein Interesse für meine Schwester ist.«
    »Ich erkundige mich als ihr Arbeitgeber«,
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