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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman
Autoren: Lisa Kleypas
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machen. Immerhin bin ich derjenige, der nach einer Unterhaltung mit ihr immer völlig auseinandergenommen davonschleicht.« Seine Empörung wurde umso größer, als seine Schwester versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. »Ich entnehme deiner Reaktion, dass du bereits von der Verwandtschaftsbeziehung zwischen Rutledge und Marks wusstest.«
    »Ich weiß es seit ein paar Tagen«, gestand sie.
    »Warum hast du es mir nicht erzählt?«
    »Sie hat mich darum gebeten, niemandem etwas zu sagen, und ich habe aus Rücksicht auf ihre Privatsphäre zugestimmt.«
    »Weiß der Teufel, warum Marks’ Privatsphäre so viel wert ist, wenn hier sonst niemand eine hat.« Leo hielt plötzlich inne und zwang seine Schwester, ebenfalls stehen zu bleiben. Sie sahen einander an. »Warum ist es ein Geheimnis, dass sie Rutledges Schwester ist?«
    »Ich weiß es nicht genau«, gab Amelia zu und blickte besorgt drein. »Sie sagt, es sei nur zu ihrem Schutz.«
    »Schutz, wovor?«
    Sie schüttelte machtlos den Kopf. »Vielleicht wird Harry es dir erzählen. Obwohl ich das bezweifle.«
    »Herrgott noch mal! Einer von euch wird es mir erklären, oder ich setze Marks noch heute Abend auf die Straße.«
    »Leo«, erwiderte Amelia erstaunt. »Das kannst du nicht tun.«
    »Es wäre mir ein Vergnügen.«
    »Aber denk doch an Beatrix, wie schlimm das für sie wäre …«
    »Genau darum geht es. Ich denke an Beatrix. Und ich werde nicht zulassen, dass sich meine jüngste Schwester unter der Obhut einer Frau befindet, die ein womöglich gefährliches Geheimnis mit sich herumträgt. Wenn sich ein Mann wie Harry Rutledge, der Verbindungen zu den ruchlosesten Gestalten Londons pflegt, nicht zu seiner eigenen Schwester bekennen kann … muss man sich doch fragen, ob sie nicht eine Kriminelle ist. Hast du daran schon mal gedacht?«
    »Nein«, antwortete Amelia mit steinerner Miene und setzte sich wieder in Bewegung. »Also wirklich, Leo, das ist sogar für dich ein bisschen zu pathetisch. Sie ist keine Kriminelle.«
    »Sei nicht so gutgläubig!«, sagte er, als er sie wieder eingeholt hatte. »Niemand ist der, der er – oder sie – zu sein vorgibt.«
    Nach einer kurzen Pause fragte Amelia vorsichtig: »Was hast du also vor?«
    »Ich breche morgen nach London auf.«
    Sie machte große Augen. »Aber Merripen rechnet mit deiner Hilfe bei der Steckrübensaat und beim Düngen, und …«
    »Ich weiß. Und es tut mir auch wirklich schrecklich leid, dass ich seine faszinierenden Vorträge über die Wunder der Natur verpassen werde. Aber ich muss trotzdem fahren. Ich möchte mir Rutledge einmal in Ruhe vornehmen und ihm ein paar Antworten entlocken.«
    Amelia runzelte die Stirn. »Warum kannst du nicht hier mit ihm sprechen?«
    »Weil er in seinen Flitterwochen ist. Er wird kaum Lust haben, seinen letzten Abend in Hampshire mit mir zu verbringen. Außerdem habe ich mich entschlossen, einen kleinen Auftrag anzunehmen und einen Wintergarten für ein Haus in Mayfair zu entwerfen.«
    »Ich glaube, du willst nur weg von Catherine. Ich glaube ja, dass zwischen euch etwas vorgefallen ist.«
    Leo betrachtete den letzten lila-orangefarbenen Schimmer am Horizont. »Es wird gleich dunkel«, sagte er mit freundlicher Stimme. »Wir sollten zurückkehren.«
    »Du weißt, dass du vor deinen Problemen nicht davonlaufen kannst.«
    Um seinen Mund zuckte es. Er war sichtlich verärgert. »Warum sagen das nur alle? Natürlich kann man vor seinen Problemen davonlaufen. Ich mache das ständig, und bislang hat es immer prima funktioniert.«
    »Du bist verrückt nach Catherine«, setzte Amelia nach. »Das sieht doch jeder.«
    »Wer von uns beiden ist hier pathetisch?«, murrte er und machte sich mit großen Schritten auf den Weg zum Haus.
    »Dir entgeht nichts, was sie sagt oder tut.« Amelia hielt hartnäckig mit ihm Schritt. »Wann immer irgendwo ihr Name fällt, bist du ganz Ohr. Und wenn ich dich in der letzten Zeit mit ihr habe reden oder streiten sehen, kamst du mir lebendiger vor denn je, das heißt, seit …« Sie hielt inne, als zweifelte sie, ob sie es wirklich sagen sollte.
    »Seit wann?«, munterte Leo sie auf fortzufahren.
    »Seit dem Scharlachfieber.«
    Über das Thema wurde in der Familie nicht gesprochen.
    Im Jahr, bevor Leo die Viscountwürde erbte, hatte eine verhängnisvolle Scharlach-Epidemie das Dorf erfasst, in dem die Hathaways seinerzeit lebten.
    Die Erste, die dem Fieber zum Opfer fiel, war Leos Verlobte Laura Dillard gewesen.
    Lauras Familie hatte ihm gestattet,
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