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Kuss im Morgenrot: Roman

Kuss im Morgenrot: Roman

Titel: Kuss im Morgenrot: Roman
Autoren: Lisa Kleypas
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auf ihn zu sprechen waren als seine Freunde.
    Konnte es wahr sein, dass Catherine Marks Harrys Schwester war?
    Leo blickte von einem zum anderen auf der Suche nach ähnlichen Zügen. Ich will verdammt sein, wenn ich da keine Ähnlichkeit erkenne , dachte er. Die hohen Wangenknochen, die geraden Augenbrauen, die katzenähnlich geschwungenen äußeren Augenwinkel.
    »Ich muss mit dir sprechen«, sagte Leo zu Amelia, sobald sie mit dem Essen fertig waren. »Unter vier Augen.«
    Sie blickte ihn mit ihren blauen Augen neugierig an. »Aber natürlich. Sollen wir spazieren gehen? Es ist noch hell draußen.«
    Leo antwortete mit einem knappen Nicken.
    Als die zwei Ältesten der Hathaway-Sippe hatten Leo und Amelia ihren Anteil an Auseinandersetzungen gehabt. Jedoch war sie ihm der liebste Mensch auf der Welt, um nicht zu sagen seine engste Vertraute. Amelia besaß einen ausgesprochen gesunden Menschenverstand, und sie sagte stets geradeheraus, was sie dachte.
    Niemand hätte jemals erwartet, dass die pragmatische Amelia ausgerechnet von Cam Rohan, einem schneidigen Roma, im Sturm erobert werden würde. Doch Cam war es gelungen, Amelia zu verführen und zu heiraten, bevor sie überhaupt wusste, was los war. Und wie sich herausgestellt hatte, war Cam auch bestens dafür geeignet, den Hathaways die vernünftige Führung zu geben, die sie brauchten. Mit seinem schwarzen Haar, das er ein klein wenig zu lang trug, und dem diamantenen Stecker im Ohr erfüllte er wohl kaum das Bild eines gesetzten Familienoberhaupts. Ja, es war gerade Cams Ungezwungenheit, die es ihm erlaubte, die Hathaways so geschickt zu führen. Amelia und er waren inzwischen stolze Eltern eines neun Monate alten Sohnes. Der kleine Rye hatte die dunklen Haare seines Vaters und die blauen Augen seiner Mutter.
    Während Leo mit Amelia über die private Zufahrtstraße schlenderte, warf er einen Blick auf seinen Besitz. Im Sommer verweilte die Sonne bis mindestens neun Uhr über Hampshire und tauchte das Mosaik aus Wäldern, Heideland und Wiesen in ein goldenes Licht. Kleine Flüsse und Bäche durchzogen die Landschaft und versorgten Sümpfe, saftiges Weideland und fruchtbaren Boden. Wenn das Ramsay-Anwesen auch gewiss nicht das größte in Hampshire war, so gehörte es mit seinem alten Baumbestand und dreitausend Morgen landwirtschaftlicher Nutzfläche ganz sicher zu den schönsten.
    Im vergangenen Jahr hatte Leo die Pächter kennengelernt, das Bewässerungssystem modernisiert und neue Dränagen angelegt, Zäune, Gatter und Gebäude repariert … und Gott weiß was er noch alles gelernt hatte, jedenfalls mehr, als er jemals in seinem Leben über Ackerbau und Viehzucht hatte erfahren wollen. Und das alles hatte er allein Kev Merripens gnadenlosen Handlungsanweisungen zu verdanken.
    Merripen, der seit seiner Kindheit bei den Hathaways lebte, hatte alles daran gesetzt, so viel wie möglich über die Haus- und Grundverwaltung zu lernen. Jetzt war er bestrebt, sein gründlich angehäuftes Wissen an Leo weiterzugeben.
    »Es ist erst dann wirklich dein Land«, hatte Merripen ihm erklärt, »wenn etwas von deinem Schweiß und Blut hineingeflossen ist.«
    »Das ist alles?«, hatte Leo sarkastisch gefragt. »Nur Schweiß und Blut? Ich bin sicher, ich könnte noch ein oder zwei andere Körperflüssigkeiten spenden, wenn das so bedeutend ist.«
    Doch insgeheim räumte er ein, dass Merripen recht gehabt hatte. Das Gefühl von Eigentum, von Vereinigung, war nur auf diesem Weg zu erwerben.
    Leo steckte die Hände in die Taschen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Das Abendessen hatte ihn rastlos und reizbar gemacht.
    »Du musst dich mit Miss Marks gestritten haben«, bemerkte Amelia. »Normalerweise lasst ihr bei Tisch keine Gelegenheit aus, euch gegenseitig zu zerfleischen. Heute aber wart ihr beide ganz still. Ich glaube, sie hat nicht ein einziges Mal von ihrem Teller hochgesehen.«
    »Es war kein Streit«, erwiderte Leo barsch.
    »Was dann?«
    »Sie hat mir – unter Zwang – erzählt, dass Rutledge ihr Bruder ist.«
    Amelia blickte ihn misstrauisch von der Seite an. »Was meinst du mit Zwang?«
    »Ach, vergiss es. Hast du nicht gehört, was ich gerade gesagt habe? Harry Rutledge ist …«
    »Miss Marks hat in ihrem Leben schon genug Zwang erlebt, es ist also nicht erforderlich, dass du auch noch deinen Teil dazu beiträgst«, sagte Amelia. »Ich hoffe, du warst nicht hässlich zu ihr, Leo. Denn wenn …«
    »Ich hässlich zu Marks? Du solltest dir lieber Sorgen um mich
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