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Kurzschluss

Kurzschluss

Titel: Kurzschluss
Autoren: Gmeiner-Verlag
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augenblicklich, dass es sich um die Geisel handeln musste. Immerhin – der Mann, der trotz seiner Körperfülle wie ein Häufchen Elend vor ihnen lag, gab Lebenszeichen von sich. Er begann plötzlich laut zu lachen, immer wieder und immer heftiger.
    Schock, dachte einer der Beamten, der sich als Erster erhob und mit vorgehaltener Waffe die halb offene Tür zum Treppenabgang vollends aufstieß. »Geben Sie auf!«, brüllte er, völlig außer Atem. »Polizei, geben Sie auf.« Seine Stimme verlor sich im Inneren des Turmes, den die rustikale hölzerne Treppenkonstruktion ausfüllte. Und über ihm dröhnte noch immer der Helikopter.
     
    »Große Klappe und dann Schiss«, stellte Linkohr fest, nachdem sich Wollek widerstandslos hatte festnehmen lassen. Noch während die SEK-Kräfte ihn im oberen Teil des Turmes vermutet hatten, war er freiwillig aus der Eingangstür gekommen. Der geballte Einsatz des Spezialeinsatzkommandos hatte ihn offenbar derart beeindruckt, dass er die Sinnlosigkeit eines Fluchtversuches einsah. Damit war er nicht der Erste, der angesichts des massiven Auftretens einer Spezialeinheit aufgab.
    »Die Jungs und Mädels sind klasse«, stellte Häberle fest, während er mit seinem Assistenten in der Hitze des Sommeranfangs talabwärts zur Sonderkommission fuhr.
    »Wann ist Ihnen eigentlich klar geworden, dass wir’s mit Wollek zu tun haben?«, wollte Linkohr ungeduldig wissen.
    »Jetzt, unterwegs«, gab sich Häberle einsilbig. »Wollek hat sich ganz gezielt für einen Job bei dem relativ kleinen Stromversorger hier beworben – sozusagen, um ihn von innen aufzumischen, wie man so schön sagt. Moderne Kriegsführung, inzwischen auch in der Wirtschaft üblich.« Häberles Grinsen wirkte gequält. Er schaltete zurück, um auf der Gefällstrecke eine Haarnadelkurve zu durchfahren.
    »Er hat demnach versucht, seinen eigenen Arbeitgeber einzuschüchtern«, stellte Linkohr fest, obwohl er spürte, dass der Chef nach der Ermittlungsreise nicht in der Verfassung war, lange Erklärungen abzugeben.
    »Er hat natürlich genau gewusst, wie er so ein relativ kleines Versorgungsunternehmen in Bedrängnis bringen kann. Indem er es nämlich zu Strompreiserhöhungen zwingt. Mit legalen Mitteln ist ihm dies nicht gelungen, also hat er mit anonymen Drohungen Angst und Schrecken verbreitet.«
    »Was aber wohl nicht von Erfolg gekrönt war«, wandte Linkohr ein.
    »Hm«, machte Häberle. »Zumindest ist es nicht so weit gekommen. Denn mittlerweile sind ihm sein Kollege Büttner und Mariotti auf die Spur gekommen. Büttner muss richtig Blut geleckt haben, so wie der rangegangen ist mit seiner Filmerei.«
    »Und dann ist Wollek durchgeknallt«, stellte Linkohr fest.
    »Eine Art Kurzschlussreaktion«, bestätigte Häberle, der am Geislinger Ortsschild auf 50 Stundenkilometer abbremste. »Er hat Büttner und Mariotti ausgeschaltet und mit den Anschlägen aufs Stromnetz seinen Chef in die Knie zwingen wollen, um der Forderung nach einer Preiserhöhung Nachdruck zu verleihen.«
    »Aber der Büttner war mit seinen Recherchen bereits weiter, als es sich Wollek vorgestellt hat.«
    Häberle holte tief Luft. »Na ja – und dann ist seinem Betthäschen, dieser Rothfuß, die Sache zu heiß geworden – vor allem wohl auch, seit sie nach dem Mord an Büttner damit rechnen musste, früher oder später mit Wollek in Verbindung gebracht zu werden.«
    »Sie meinen, sie hat mitgemischt?«
    »Nicht direkt, aber sicher indirekt. Er hat sie vermutlich schon länger gekannt, aus Norddeutschland, und sie geschickt nachgeholt – oder besser gesagt, eingeschleust, als das Albwerk eine Aushilfskraft fürs Sekretariat gesucht hat. Und ich bin mir sicher, sie war eine unserer Katimäuse.«
    »Und wer hat sie dann gekidnappt und in diese Hütte gesperrt?«
    Häberle musste vor geparkten Autos den Gegenverkehr abwarten. »Na, wer wohl – derselbe, der überall Angst und Schrecken verbreitet hat.«
    »Wollek?«
    »Er hat ihr eine Abreibung verpassen wollen, einen Denkzettel. Aber sie nicht wirklich umbringen wollen.«
    »Er musste doch damit rechnen, dass sie ihn als Kidnapper anzeigen würde«, warf Linkohr ein.
    »In der Tat, das musste er. Doch warten Sie es ab, junger Kollege. Sobald sie ihren Schockzustand überwunden hat, wird sie uns etwas darüber sagen können.«
    »Und die Sache in Norwegen – nur ein Bluff?«, fragte Linkohr, während sie durch die Bahnunterführung beim Bahnhof fuhren.
    Häberle zuckte mit den Schultern. »Hat man Sander
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