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Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch

Titel: Kurze Geschichte des Traktors auf ukrainisch
Autoren: Marina Lewycka
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erzählt, er und Dubov so weit umgerüstet haben, dass er mit normalen Beuteln
     betrieben werden kann), sowie Mutters Dampfkochtopf. (Das ist die Höhe!)
    |337| Als der Kofferraum voll und die Klappe zu ist, machen sie sich an den Dachgepäckträger. Als Erstes kommt Babys in Einzelteile
     zerlegtes und mit einem Strick verschnürtes Holzbettchen an die Reihe. Eins, zwei, drei ist auch ein mächtiger Fiberglaskoffer,
     dessen Ausmaße an einen Kleiderschrank erinnern, oben auf dem Dach.
    Und dann kommt (das kann nicht wahr sein! – aber es ist wahr, auch wenn Stanislav und Dubov das Ungetüm nur mit Mühe aus dem
     Haus und zum Wagen schleppen können), ja, dann kommt tatsächlich der braune, für gebildete Köche gedachte und nicht auf Strom
     angewiesene Gasherd an die Reihe. Wie wollen sie den nur aufs Dach kriegen?
    Dubov hat aus einem dicken Seil und festem Segeltuch eine Art Hebezug konstruiert. Das Seil hat er über einen dicken Ast der
     vor dem Haus an der Straße stehenden Esche geworfen, so dass es sicher in der Astgabel liegt. Zusammen mit Stanislav legt
     er den Herd seitlich auf die Segeltuchmatte. Dann steigt Valentina in den Lada und Dubov dirigiert sie vor den Herd. Jetzt
     wird das andere Ende des Seils an der hinteren Stoßstange befestigt. Als Valentina den Lada Zentimeter um Zentimeter vorsetzt
     – »Langsam, Valentina, ganz langsam!«   –, wird der Herd in die Höhe gezogen, er schaukelt und hängt in der Luft, Dubov stützt ihn von unten und gibt Valentina ein
     Zeichen, als sie stehen bleiben soll. Der Lada raucht etwas, aber die Handbremse funktioniert. Nun wird der Rolls-Royce (von
     Stanislav!) direkt unter den in seiner Segeltuchmatte hin und her schwingenden Herd gefahren.
    Vater ist aus dem Haus gekommen und unterstützt Dubov mit wildem Gefuchtel beim Einwinken. »Noch ein bisschen vor – wieder
     zurück – stop!«
    Dubov winkt Valentina, wieder heranzufahren: »Zurück, Valentina. Vorsichtig! Langsam! Halt!
Halt!«
    Da Valentina das Spiel mit der Kupplung nicht eben gut |338| beherrscht, kommt der Herd einigermaßen unsanft auf, aber der Rolls-Royce hält es aus und Dubovs Dachgepäckträger ebenso.
    Alle jubeln, auch die Nachbarn, die zum Zuschauen aus ihren Häusern gekommen sind. Valentina entsteigt dem Lada, trippelt
     auf ihren hochhackigen Pantoletten zu Dubov hin (kein Wunder, dass ihr Umgang mit der Kupplung zu wünschen übrig lässt) und
     küsst ihn auf die Wange – »Mein Täubchen!«. Stanislav drückt auf die Rolls-Royce-Hupe, die einen tiefen, vornehmen Klang hat,
     und lässt die Umstehenden von Neuem jubeln.
    Dann wickeln sie das Segeltuch um die Ladung auf dem Dachgepäckträger und zurren es mit dem Seil fest – und nun sind sie fertig
     und aufbruchbereit. Valentinas Pelzmantel wird auf dem Rücksitz ausgebreitet und zur Unterlage für das dick in Decken eingewickelte
     Baby Margaritka umfunktioniert, man umarmt und küsst sich zum Abschied – mit Ausnahme von Vater und Valentina allerdings,
     die einander ohne großes Aufsehen wortlos aus dem Weg gehen. Dubov setzt sich hinter das Steuerrad, Stanislav klettert auf
     den Beifahrersitz, Valentina setzt sich nach hinten zum Baby. Der Motor des Rolls-Royce schnurrt wie ein zufriedener Kater.
     Dubov legt den Gang ein – und fort sind sie. Vater und ich treten auf die Straße hinaus, um ihnen nachzuwinken, bis sie um
     die Ecke biegen und wir sie nicht mehr sehen können.
     
    Und ist nun wirklich alles aus und vorbei?
    Nein, noch gibt es den einen oder anderen Faden, der verknüpft werden will, das eine oder andere, was zu Ende gebracht werden
     muss.
     
    Zum Glück hat Valentina die Autoschlüssel für den Lada stecken lassen, so dass ich ihn in die Garage fahren kann. Die Papiere
     sind im Handschuhfach, und auch – welche |339| Überraschung! – die Papiere und Schlüssel des Schrottautos. Vater wird allerdings mit dem einen so wenig anfangen können wie
     mit dem anderen, denn sein Führerschein ist längst abgelaufen und Dr.   Figges nicht bereit, ihre Unterschrift auf einen Verlängerungsantrag zu setzen.
    In der Küche steht jetzt anstelle des braunen Gasherds wieder Mutters alter Elektroherd, er ist angeschlossen und funktioniert,
     und zwar sogar einschließlich der Platte, die vorher kaputt war.
    Ein wenig Putzen und Aufräumen braucht es noch, aber längst nicht mehr so viel wie beim letzten Mal. In Stanislavs Zimmer
     finde ich unter dem Bett dieses Mal nur noch ein Paar übelriechende
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