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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst
Autoren: Guenter Broedl
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rätselhaften Grippe-Epidemie und waren eine ganze Woche lang ans Krankenlager gefesselt. Zum Zeitpunkt ihrer Erkrankung verfügten die beiden bereits über den bandeigenen Citröenbus und waren telefonisch so gut wie nie zu erreichen. „Arztbesuch“, versicherte mir Ronnies Freundin, ganz egal zu welcher Tageszeit ich anrief, um mich nach dem werten Befinden meines siechenden Mitarbeiters zu erkundigen. Und bei Axel lief rund um die Uhr der Anrufbeantworter.
    Kaum wieder genesen, warteten auf den Bautrupp dringende musikalische Verpflichtungen in Linz und Salzburg. Als sie vier Tage später wieder auf der Baustelle erschienen, sahen sie aus wie der leibhaftige Tod. Ich dachte zuerst an einen Rückfall, eine Tücke des geheimnisvollen Virus, sollte aber bald erfahren, daß sie im Anschluß an ihren Salzburg-Auftritt dem Alkohol zugesprochen hatten, und zwar in so reichem Maße, daß das zweitägige Besäufnis als Jahrhundertrausch in die Annalen ihrer kurzen Bandgeschichte eingegangen ist.
    Jetzt waren die Burschen natürlich indisponiert, troffen vor Selbstmitleid und brachten die nächsten zwei Tage nicht viel mehr weiter, als bei kleinen Dosen Bier große Pläne zu schmieden, wie man dem verdammt robusten Türstöcken der ehemaligen Kaltenbeck-Wohnung zu Leibe rücken könnte. Vorgestern kamen sie dann mit einer Motorsäge angetanzt, einem vorsintflutlichen Gerät, das mehr stank und brüllte als effektive Arbeit zu leisten, und dem kurz vor der Mittagspause der Sprit ausging.
    Ronnie und Axel verließen die Baustelle, um nur schnell Nachschub zu besorgen und sich in einem Aufwaschen ein paar Leberkässemmeln zu kaufen, kamen aber nicht mehr wieder, bis ich das Haus so gegen 19 Uhr verließ. Kein Anruf, auch keine Botschaft an der Tür. Nix.
    Schmeck’s, Kropferter.
    Als ich sie gestern darauf ansprach, redeten sie kryptisch von einem möglichen Hörfehler meinerseits, einem Mißverständnis ihrerseits oder einer kurzzeitigen allgemeinen Terminkollision, die sie aber mittlerweile voll im Griff hätten.
    Und jetzt, beim Quell und mit einer Mumie im Keller, das volle Geständnis, die ganze ungeschminkte Wahrheit über Grippe-Epidemie, Konzert-Verpflichtungen und terminliche Mißverständnisse: Nix davon ist wahr, mit Ausnahme des Konzerts in Salzburg und dem anschließenden Rekordrausch. Die Burschen waren in der fraglichen Zeit auf anderen Baustellen, bei Übersiedlungen, Entrümpelungen oder haben im Probenkeller einer befreundeten Indie-Kapelle einen neuen Estrich gelegt. Sie waren also auf Pfusch. Und zwar seit dem Tag, an dem ich ihnen den Schlüssel des Instrumentenbusses zu treuen Händen übergeben hatte.
    Zu ihrer Verteidigung führten sie ins Treffen, daß es sich dabei nicht um einen ausgeklügelten Plan gehandelt hätte, sondern um eine Verkettung von Zufällen. Und das vorläufig letzte Glied in ihrer Zufallskette ist dieser unterirdische Turnsaal in der Auhofstraße, der bis allerspätestens morgen früh geräumt sein muß. Da in dem Keller aber nebst allerlei Gerümpel auch diese Leiche im Zustand fortgeschrittener Mumifizierung auf den Abtransport wartet, stehen die Burschen jetzt natürlich an. Und ich mit ihnen.
    Wie verhält sich der korrekte Staatsbürger im Falle einer Leiche im Keller? Er verständigt umgehend die Polizei. Wie verhält er sich aber, wenn er die Leiche in einem Keller findet, zu dem er von Rechts wegen keinen Zutritt hat, weil es nicht sein Keller ist, sondern der Keller ihm völlig unbekannter Mitbürger? Er verständigt besser nicht umgehend die Polizei. Das mag zwar nicht hundertprozentig korrekt sein, erspart ihm aber viele unangenehme Fragen, auf die er womöglich nicht die richtigen Antworten weiß.
    Wie im vorliegenden Fall: Die Burschen wissen so gut wie nix. Wissen nicht, wer Eigentümer der Villa ist, und sie haben keine Ahnung, in wessen Auftrag sie eigentlich seit Tagen ein Stockwerk unter der Erde rackem und schuften.
    Sie wissen nur, daß es auch so ein blöder Zufall war, der sich in ihrem Stammlokal, dem Savoy , zugetragen hat, kurz vor der Sperrstunde, Ende letzter Woche. Da hat sich dieser dicke Italiener, der in letzter Zeit öfter vorbeikommt, um an der Bar literweise Espresso zu trinken und dabei wie kurz vorm Nervenzusammenbruch in sein Handy zu brüllen, zu den Burschen an den Pooltisch gestellt und ein Gespräch angefangen. Auf Italienisch, Englisch und Deutsch. Eine halbe Stunde und drei Runden Fernet später waren die Burschen um den Auftrag in der
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