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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste
Autoren: Patrick O'Brian
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als erstes doch nur über die Straße zum Marineausrüster und belastete seinen jetzt beträchtlich gestiegenen Kredit mit dem Preis für eine wuchtige, schwere, goldbetreßte Epaulette, das äußere Zeichen seines neuen Dienstranges. Er ließ das gute Stück vom Ladendiener sofort auf seiner linken Schulter befestigen und musterte sich dann höchst zufrieden in einem hohen Spiegel, wobei ihm der Verkäufer mit ehrlicher Freude über die Schulter schaute.
    Als Jack die Ladentür hinter sich zuzog, gewahrte er auf der anderen Straßenseite, nicht weit vom Kaffeehaus, den Mann im schwarzen Gehrock.
    Die Erinnerung an den letzten Abend kehrte zurück, er hastete hinüber und rief schon von weitem: »Mr. — Mr. Maturin, da sind Sie ja, Sir. Ich muß mich tausendmal bei Ihnen entschuldigen. Ich fürchte, gestern abend war ich Ihnen ein lästiger Nachbar. Hoffentlich können Sie mir verzeihen. Aber wir Seeleute kriegen so selten Musik zu hören — wir sind die feine Gesellschaft so wenig gewohnt —, da geht die Begeisterung leicht mit uns durch. Bitte aufrichtig um Vergebung.«
    »Aber, mein Bester«, beteuerte der Mann im schwarzen Gehrock, wobei ihm eine unerklärliche Röte in die leichenblassen Wangen schoß, »Sie hatten ja auch allen Grund, sich so mitreißen zu lassen. Ich habe in meinem ganzen Leben kein besseres Quartett gehört — dieses Feuer, dieses Zusammenspiel! Darf ich Sie zu einer Tasse Schokolade oder Kaffee einladen? Sie würden mir eine große Freude machen.«
    »Sehr freundlich, Sir, nichts wäre mir lieber. Offen gestanden bin ich heute in einer solchen Hochstimmung, daß ich ganz vergessen habe zu frühstücken. Ich wurde nämlich befördert«, fügte er mit verlegenem Lachen hinzu.
    »Tatsächlich? Da gratuliere ich aber von ganzem Herzen. Bitte nach Ihnen ...«
    Als der Kellner Maturins ansichtig wurde, hob er den rechten Zeigefinger und bewegte ihn hin und her wie ein aufrechtes Pendel: die entmutigende Geste mediterraner Verneinung. Aber Maturin zuckte nur die Achseln, meinte zu Jack: »Die Post ist dieser Tage ganz schön langsam«, und befahl dem Kellner ungerührt, wobei er ins Katalanische der Einheimischen verfiel: »Bring uns eine Kanne Schokolade, Jep, gut schaumig geschlagen und mit Sahne.«
    »Sie beherrschen das Spanische, Sir?« fragte Jack und nahm Platz, wobei er die Rockschöße so auseinanderschlug, daß sein Säbel sichtbar wurde und Marineblau plötzlich den Raum dominierte. »Es muß ein großer Vorteil sein, Spanisch zu können. Ich habe es oft versucht, auch mit Französisch und Italienisch; aber mir will es nie gelingen. Die meisten Leute verstehen mich zwar, aber sie antworten so schnell, daß ich nicht mitkomme. Der Fehler liegt hier oben, fürchte ich.« Damit tippte er sich an die Stirn. »Als Kind ging es mir mit dem Lateinischen genauso. Wie mich mein Hauslehrer dafür geprügelt hat!«
    In der Erinnerung lachte er so herzhaft, daß der Kellner, der ihnen die Schokolade brachte, ebenfalls lächelte und bemerkte: »Schöner Tag heute, Captain und der Herr, sehr schöner Tag.«
    »Ein ganz erstaunlich schöner Tag.« Mit überströmendem Wohlwollen blickte Jack dem Kellner in sein Frettchengesicht. » Bello soleil , gar keine Frage. Aber«, und damit spähte er vorgebeugt durch die obere Fensterscheibe, »wenn mich nicht alles täuscht, kommt bald eine Tramontana auf.«
    »Mich wundert, daß Ihnen Fremdsprachen so schwerfallen, Sir«, sagte Mr. Maturin, der zum Wetter nichts beizusteuern wußte. »Denn man sollte doch annehmen, daß ein musikalisches Gehör das Erlernen einer fremden Sprache erleichtert — eines begünstigt logischerweise das andere.«
    »Da haben Sie gewiß recht, jedenfalls vom philosophischen Standpunkt aus«, antwortete Jack. »Aber so bin ich nun mal. Außerdem könnte es durchaus sein, daß auch mein musikalisches Gehör nicht gerade berühmt ist, obwohl ich die Musik über alles liebe. Gott weiß, daß es mir manchmal höllisch schwerfällt, mittendrin den richtigen Ton zu treffen.«
    »Sie spielen ein Instrument, Sir?«
    »Ich kratze ein wenig herum, Sir, ja. Von Zeit zu Zeit quäle ich meine Geige.«
    »Ich auch, ich auch! Sooft ich Zeit finde, versuche ich mich auf dem Cello.«
    »Ein edles Instrument«, bestätigte Jack. Danach wandte sich ihr Gespräch der Kunst Boccherinis zu, dem besten Kolophonium für den Bogen, dem sauberen Kopieren von Partituren und der rechten Pflege der Saiten; jeder genoß mit großer Genugtuung die Gesellschaft
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