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Kurs auf Spaniens Kueste

Kurs auf Spaniens Kueste

Titel: Kurs auf Spaniens Kueste
Autoren: Patrick O'Brian
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morgen, zwischen eins und zwei.«
    »In der Tat? Wie erstaunlich. Da bin ich aber sehr verwundert. Der Brief ist jedenfalls rechtzeitig an Sie abgegangen. Die Schuld liegt zweifellos bei den Leuten in Ihrer Herberge. Auf Ausländer kann man sich eben nicht verlassen. Natürlich wünsche ich Ihnen viel Glück mit Ihrem neuen Schiff, aber wie Sie es ohne Leute jemals aus dem Hafen bringen wollen, ist mir ein Rätsel, muß ich gestehen. Allen hat seinen Leutnant mitgenommen, seinen Bordarzt und die tüchtigeren Fähnriche. Und ich kann Ihnen bestimmt keinen einzigen Mann abgeben, jedenfalls keinen mit zwei gesunden Armen und Beinen.«
    »Naja, Sir«, sagte Jack, »dann muß ich eben das Beste daraus machen.« Allens Verhalten war ihm nur zu verständlich: Natürlich wechselte jeder Offizier, dem die Chance dazu geboten wurde, gerne von einer kleinen, langsamen alten Brigg auf eine so glückhafte Fregatte wie die Pallas über. Und von alters her war es Brauch, daß ein Kommandant bei der Versetzung seinen Bootssteurer samt Crew und gewisse Gefolgsleute mitnehmen durfte; falls man ihm dabei nicht streng auf die Finger sah, nützte er das natürlich schamlos aus, indem er den Kreis beträchtlich erweiterte.
    »Ich kann Ihnen höchstens einen Kaplan überlassen.« Damit streute Harte genüßlich Salz in die Wunde.
    »Kann er aufentern, reffen und Ruder gehen?« Jack war fest entschlossen, sich nicht provozieren zu lassen. »Andernfalls würde ich lieber auf ihn verzichten.«
    »Dann leben Sie wohl, Mr. Aubrey. Ihre Befehle lasse ich Ihnen am Nachmittag zukommen.«
    »Guten Tag, Sir. Mrs. Harte ist doch hoffentlich zu Hause? Ich muß ihr noch meine Aufwartung machen und ihr gratulieren — ihr danken für den Genuß, den sie uns gestern abend bereitet hat.«
    »Waren Sie denn auch beim Gouverneur«, fragte Captain Harte, obwohl er es ganz genau wußte; sein schmutziger kleiner Trick mit dem verzögerten Brief beruhte schließlich auf diesem Wissen. »Tja, wenn Sie dort nicht den Lebemann gespielt hätten, wären Sie rechtzeitig an Bord Ihrer Slup gewesen, wie es sich für einen Kommandanten geziemt hätte. Mein Gott, was sind das für haarsträubende Unsitten, wenn ein junger Bursche sich lieber mit italienischen Fiedlern und Eunuchen abgibt, als pünktlich sein erstes Schiff zu übernehmen!«
    Der sonnige Tag kam Jack nicht mehr ganz so heiter vor, als er diagonal über den Patio schritt, um Mrs. Harte seinen Besuch abzustatten. Trotzdem war ihm ziemlich heiß in seinem Uniformrock, weshalb er schnell dem Schatten zustrebte und im Sturmschritt die Treppe erklomm, wobei die schwere Epaulette ungewohnt, aber angenehm auf seiner Schulter wippte. Ein Leutnant, den er nicht kannte, und der steife Fähnrich vom letzten Abend waren ihm zuvorgekommen, denn in Port Mahón galt es allgemein als schick, Mrs. Harte einen Morgenbesuch abzustatten. Sie saß höchst dekorativ an ihrer Harfe und unterhielt sich mit dem Leutnant; als Jack eintrat, sprang sie auf, reichte ihm beide Hände und rief: »Captain Aubrey, wie schön, Sie zu sehen! Meinen allerherzlichsten Glückwunsch! Kommen Sie, wir müssen den Schwabber begießen. Parker, haben Sie die Güte zu klingeln.«
    »Ich gratuliere ebenfalls«, sagte der Leutnant, erfreut durch den bloßen Anblick der Epaulette, nach der es ihn so sehr gelüstete. Der Fähnrich trat verlegen von einem Fuß auf den anderen, im Zweifel darüber, ob er in so vornehmer Gesellschaft überhaupt das Wort ergreifen durfte; dann, als Mrs. Harte gerade die Herren einander vorzustellen begann, platzte er überlaut heraus: »Gratuliere, Sir« — und wurde puterrot.
    »Mr. Stapleton, Dritter Offizier auf der Guerrier «, fuhr Mrs. Harte mit einem Wink ihrer Hand fort. »Und Mr. Burnet von der Isis. Carmen, bring uns Madeira.« Sie war eine temperamentvolle, attraktive Frau; ohne wirklich hübsch oder gar schön zu sein, erweckte sie doch diesen Eindruck, allein durch ihre elegante Haltung. Sie verachtete den Gnom, mit dem sie verheiratet war und der vor ihr kroch; aufs Harfenspiel war sie verfallen, um sich seiner wenigstens zeitweise zu entledigen. Aber die Musik allein schien ihr als Ausweg nicht zu genügen, denn sie schenkte sich nun ein großes Glas Wein ein und leerte es mit einer Routine, die von langer Praxis zeugte.
    Wenig später verabschiedete sich Mr. Stapleton, und nach fünfminütigem Gespräch über das Wetter — zauberhaft, selbst mittags nicht zu heiß, kühlende Brise, der Nordwind zwar ein
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