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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues
Autoren: Marlene Bach
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verwischen.«
Alsberger drehte sich um.
    »Sie bleiben gefälligst hier! Verdammt noch mal, Alsberger, Sie sind
hier bei der Kripo und nicht im Mädchenpensionat. Sie müssen sich endlich daran
gewöhnen, dass wir mit Leichen zu tun haben. Die sehen nun mal nicht immer
schön aus, wenn man ihnen den Hals umgedreht oder ihnen ein Loch in den Kopf
geschossen hat!«
    Und das war der Freund ihrer Tochter! Wie konnte sich Vera nur in
dieses Sensibelchen verlieben.
    Maria hatte sich fast an ihn gewöhnt, in letzter Zeit sogar manchmal
gedacht, dass Alsberger doch ein ganz patenter Kerl war und es gar nicht so
verkehrt wäre, wenn er ihr Schwiegersohn werden würde. Sie hatte ihn sogar vor
ein paar Monaten, als sie beide halb tot vor Sorge um Vera waren, einmal
geduzt. Aber in Situationen wie dieser machte er alles wieder zunichte.
    Alsberger stand da, mit hängenden Schultern.
    »Die Frau ist tot! Oder glauben Sie, die greift gleich nach Ihrem
Bein, um Sie zu Neptun in den Neckar zu ziehen? Die tut Ihnen doch nichts!«
    »Das ist es nicht«, murmelte er.
    »Was dann?«
    Seine Stimme war so leise, dass Maria Mühe hatte, ihn zu verstehen.
    »Man kann einen toten Körper beschreiben, aber das Grauen, das diese
Frau erlebt hat, was ist damit? Was für entsetzliche Angst muss sie gehabt
haben? Was für ein Monster muss das gewesen sein, dass er sie auch noch
festbindet.«
    Alsberger sah mit einem seltsam entrückten Gesichtsausdruck auf den
Fluss.
    »Man kann es noch spüren. Die Angst. All das Schreckliche, was hier
passiert ist. Wie ein böser Geist, der noch da ist.«
    Maria verschlug es die Sprache. Böse Geister! Was sollte sie denn
darauf noch erwidern? Vielleicht die Weihrauchampel rausholen und den Pfarrer
bestellen?
    Zum Glück kam Jörg Maier, der Rechtsmediziner, den Weg entlang.
    »Nehmen Sie sich ein Beispiel an ihm. Der hat schon weit Schlimmeres
gesehen als das hier und noch nie auch nur mit der Wimper gezuckt.« Und bissig
fügte sie hinzu. »Egal wie viele böse Geister über einer Leiche rumschwirren.«
    Endlich ein vernünftiger Mensch. Einer, der nicht cholerisch war und
gleich herumschrie und der auch ganz bestimmt nicht an Geister glaubte. Maria
freute sich, ihn zu sehen. Denn Jörg Maier war zudem noch ein attraktiver Mann,
groß, schlank, mit grauen Schläfen. Und einigen Eheproblemen, die dazu geführt
hatten, dass seine Frau ausgezogen war und er und Maria etliche nette Abende
miteinander verbracht hatten.
    »Hallo, ihr zwei!«, begrüßte er sie und lächelte, sodass die kleinen
Fältchen um seine Augenwinkel sichtbar wurden.
    »Schön, dass du da bist«, erwiderte Maria, während Alsberger, die
Hände in den Manteltaschen vergraben, mit finsterer Miene nickte.
    »Na, dann wollen wir uns mal ansehen, wen es diesmal erwischt hat.«
    Er stellte seine Tasche ab und beugte sich zu der Toten.
    »In der Tasche hat er übrigens eine Fliegenklatsche, falls noch ein
paar Geister da sind«, raunte Maria Alsberger zu.
    Es war genau der Moment, in dem der Rechtsmediziner jäh hochfuhr und
einen Schritt zurückwich. Ein Schritt, der ihn zu nah ans Ufer kommen ließ. Er
schwankte und versuchte mit rudernden Armbewegungen das Gleichgewicht zu
halten.
    Alsberger sprang auf ihn zu, um ihn festzuhalten. Doch er stolperte,
fiel nach vorn. Und gab Jörg Maier den letzten entscheidenden Stoß.

Unglücksraben
    Es war ein einziger Alptraum. Aber einer, der sich leider nicht
vertreiben ließ.
    Die nasse Hose klebte an Marias Beinen, und in ihren Schuhen spürte
sie den kalten Schlamm des Neckars. Vor ihr stand Jörg Maier, tropfnass, mit
einer Decke um die Schultern. Er verarztete Alsberger, der am Ufer saß.
    Die beiden waren von Mitarbeitern der Spurensicherung umringt, die
mit besorgten, manche auch mit belustigten Gesichtern, zusahen. Ihr Chef,
Jantzek, stand ein paar Meter entfernt, der Gruppe den Rücken zugewandt, die
Hände in die Seiten gestützt, und starrte auf das gegenüberliegende Ufer.
    Nicht nur Maria war in den Fluss gesprungen, um Jörg Maier wieder
auf die Beine zu helfen. Alle, die es gesehen hatten, waren zu Hilfe geeilt,
und sosehr Jantzek auch geschrien hatte, niemand hatte sich mehr um
irgendwelche Absperrungen gekümmert. Überall auf dem gepflasterten Pfad konnte
man kleine Wasserlachen und die Abdrücke von verschlammten Schuhen sehen.
    Unglücksrabe Alsberger war beim Versuch, Jörg Maier festzuhalten,
der Länge nach hingefallen. Er hatte, nachdem er gelandet war, kurz den Kopf
gehoben und den
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