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Kurpfalzblues

Titel: Kurpfalzblues
Autoren: Marlene Bach
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hatte noch immer kein Wort gesagt.
    »Und, was macht der Kopf? Soll ich Sie lieber zum Krankenhaus
fahren?«
    Wie üblich hatte Maria am Bismarckplatz versäumt, sich rechtzeitig
einzuordnen. Während sie hektisch die Spur wechselte, sagte Alsberger endlich
etwas. Allerdings so leise, dass Maria es nicht verstand.
    »Vielleicht könnten Sie so laut reden, dass ich eine winzig kleine
Chance habe, Sie zu verstehen?«
    »Ein Weichei, hat er gesagt. Ich habe es genau gehört«, kam es
schließlich von der anderen Seite.
    Erstaunlicherweise klang Alsberger nicht einmal beleidigt, obwohl er
gern beleidigt war. Eher erschüttert.
    »Nun nehmen Sie sich das nicht so zu Herzen. Sie kennen Jantzek
doch. Wenn der wütend wird, weiß er nicht mehr, was er sagt. Morgen ist das
alles wieder vergessen.«
    »Sie denken doch das Gleiche über mich.«
    »Ach was! Natürlich nicht.«
    Hoffentlich sah er jetzt nicht rüber. Wahrscheinlich wurde ihre Nase
gerade so lang, dass sie damit gleich an die Windschutzscheibe stoßen würde.
    »Nein. Sie denken nur, dass ich ins Mädchenpensionat gehöre.«
    Also doch beleidigt. Alles andere wäre ja auch ein kleines Wunder
gewesen.
    »Das war doch nicht so gemeint, Alsberger.«
    Ihre Nase war schon wieder ein Stück länger geworden. Sie konnte es
genau spüren. Angestrengt schaute sie auf die Heckklappe des Kombis vor ihr.
Jetzt sollte sie wohl am besten mal etwas Nettes sagen.
    »Ich habe nur gemeint, dass Sie besser ins Mädchenpensionat gehen
sollten, weil die Frauen Ihnen da lebendig zu Füßen liegen würden und nicht
tot. Und wir beide wissen doch, dass Ihnen das eindeutig lieber ist, oder?«
    Sie lächelte ihm zu. Aber als sie seinen Gesichtsausdruck sah, fiel
es ihr wieder ein: Alsberger verstand ihre Späße nicht. Hatte sie noch nie
verstanden und würde sie wahrscheinlich auch nie verstehen.
    Er knurrte etwas, das klang wie: »Verarschen kann ich mich alleine.«
    Das war es. Kein Wort mehr, bis sie ihn vor dem Haus rausließ.
    Weichei. Sensibelchen. Maria kurvte durch das
Einbahnstraßenlabyrinth der Weststadt. Was auch immer. Ganz verkehrt war das
auf jeden Fall nicht.
    Fünf Minuten später hatte sie ihre Wohnung in der Dantestraße
erreicht. In Windeseile zog sie sich um und wechselte die nassen Schuhe gegen
ein paar trockene aus. Als sie die Tür aufriss und in den Hausflur stürmte,
stieß sie um ein Haar mit Arno Herkel zusammen, der auf dem Weg ins
Obergeschoss war.
    »Meine schöne Nachbarin! Mal wieder in Eile, was?«
    Er war offensichtlich gerade vom Einkaufen zurückgekommen und stand
mit Plastiktüten bepackt vor ihr.
    Arno Herkel lebte seit einigen Monaten in der Wohnung über ihr,
vorübergehend, wie er immer wieder betonte. Er war Journalist und schrieb
Reiseberichte, zurzeit einen ganzen Reiseführer über Heidelberg.
    Allerdings schien er nicht gerade einer der Fleißigsten zu sein.
Anders war wohl kaum zu erklären, dass er immer noch in der Wohnung seiner
Tante lebte, die nach einem unglücklichen Sturz in ein Altersheim gezogen war.
    Arno hatte auch graues Haar, wie Jörg Maier, allerdings schon etwas
ausgedünnt, war leicht untersetzt und hatte ein Faible für Maria. War Jörg
Maier für Marias Geschmack zu zurückhaltend mit Sympathiebekundungen, Arno war
es nicht. Er ließ keine Gelegenheit aus, ihr zu signalisieren, dass er an mehr
interessiert war als an guter Nachbarschaft.
    »Das dickste Huhn, das ich kriegen konnte.« Er hielt mit
Besitzerstolz eine der Plastiktüten in die Höhe. »Ich würde vorschlagen, wir
essen es mit viel Knoblauch. Kleiner Salat dazu?«
    Sie hatten verabredet, dass Maria am Abend zum Essen hochkommen
sollte, wie so oft in den letzten Wochen. Arno war ein begnadeter Hobbykoch und
hatte sie mit Lammkeulen, Kaninchenragout, Bergen von Bratkartoffeln und
Zitronenhühnchen verwöhnt.
    Arno konnte kochen, dass Maria das Wasser schon im Mund
zusammenlief, wenn sie ihn nur sah. Nett war er auch, aber es kribbelte eben
nicht im Bauch, und sie war sich sehr unsicher, was von ihrer Sympathie für ihn
wohl übrig blieb, wenn sie Sahnesoße und Tiramisu abzog.
    »Tut mir leid. Wir haben einen neuen Fall. Heute klappt es bestimmt
nicht. Ich hätte dich noch angerufen.«
    Arno ließ die Tüte sinken. »Schade.« Die Enttäuschung war ihm
anzusehen. »Und was mache ich jetzt?«
    »Wie wäre es mit Einfrieren?«
    »Du lässt uns also wirklich sitzen? Mich und das dickste Huhn in
ganz Heidelberg? Überleg dir das lieber noch einmal!«
    »Es tut mir
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