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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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Kissen sorgten für unsere Bequemlichkeit; dickes Mauerwerk dämpfte die Straßengeräusche, indes an der Gartenseite durch hohe Fenster das Licht hereinströmte und die imitierten Marmorwände mit dem goldenen Schimmer reifen Weizens übergoß. Es war ein kultiviertes Heim, auch wenn hier und da der Putz ein wenig bröckelte. Helenas Vater war Millionär (das hatte nicht etwa meine Spürnase rausgekriegt, nein, es war einfach die Voraussetzung für die Aufnahme in den Senat); gleichwohl mußte er sich einschränken in einer Stadt, wo Wählerstimmen nur den Multimillionären zuflogen.
    Natürlich war ich noch viel schlechter dran. Ich besaß weder Geld noch Rang. Um Helena einen angemessenen Lebensstil bieten zu können, würde ich vierhunderttausend Sesterzen aufbringen und den Kaiser dazu überreden müssen, mich in die Liste von Jammerlappen aufzunehmen, die den Mittelstand bilden. Selbst wenn ich das je schaffen sollte, wäre ich für Helena immer noch eine schlechte Partie.
    Helena erriet meine Gedanken. »Du, Marcus, ich habe gehört, dein Pferd hätte das Rennen im Circus Maximus gewonnen.«
    O ja, das Leben sorgt hin und wieder für einen Ausgleich: Besagten Gaul, der auf den Namen Goldschatz hörte, verdankte ich einer unverhofften Erbschaft. Ich konnte mir zwar kein Pferd leisten, doch bevor ich den Goldschatz verkaufte, hatte ich ihn noch für ein einziges Rennen angemeldet – das er wider Erwarten gewann. »Das stimmt schon, Helena. Ich habe bei diesem Rennen ein schönes Stück Geld verdient. Vielleicht leiste ich mir damit eine anständige Wohnung, die besser situierte Klienten anlockt.«
    Helena, den Kopf an mein Knie geschmiegt, nickte beifällig. Sie hatte das Haar mit einem Pantheon elfenbeinerner Nadeln aufgesteckt: Jeder Knauf war als streng dreinblickende Göttin geschnitzt.
    Ganz vertieft in den Gedanken an meine Geldnöte, hatte ich eine Nadel herausgezogen. Die steckte ich mir wie einen Jagddolch in den Gürtel und machte dann, aus lauter Übermut, auch Jagd auf die übrigen. Helena wehrte sich leicht gereizt und hielt mich an den Handgelenken fest, womit sie schließlich nur erreichte, daß ich meine Handvoll Haarnadeln am Boden verstreute. Ich überließ es Helena, sie einzusammeln, während ich meinen Plan systematisch weiterverfolgte.
    Als ich ihre Frisur ganz gelöst hatte, war Helena auch wieder im Besitz ihrer Haarnadeln – die eine, die ich in den Gürtel gesteckt hatte, ließ sie mich allerdings behalten. Ich habe sie immer noch: Flora, mit Rosen bekränzt, von denen sie offenbar Heuschnupfen kriegt; sie fällt mir manchmal in die Hände, wenn ich in meinem Pult nach verlegten Schreibfedern krame.
    Fächerförmig, so wie ich es mag, breitete ich Helenas Haar aus. »Schon besser! Jetzt siehst du eher aus wie ein Mädchen, das sich vielleicht küssen läßt – ja, du siehst sogar aus wie eine, die mich womöglich wiederküßt …« Ich nahm ihre Arme und legte sie um meinen Hals.
    Es war ein langer, sehr inniger Kuß. Und nur weil ich Helena sehr gut kannte, spürte ich, daß meine Leidenschaft bei ihr auf ungewohnten Widerstand stieß.
    »Nanu? Liebst du mich etwa nicht mehr, Spatzenfuß?«
    »Marcus, ich kann einfach nicht …«
    Ich begriff. Die Fehlgeburt war ein seelischer Schock gewesen, wie sie ihn nicht noch einmal erleben wollte. Vielleicht hatte sie auch Angst davor, mich zu verlieren. Wir kannten beide mehr als einen flotten, charakterfesten Jungrömer, der eine verzweifelte Freundin in diesem Zustand glatt sitzenlassen würde.
    »Verzeih …« Es war ihr peinlich, und sie wollte sich losmachen. Aber sie war immer noch meine Helena. Sie sehnte sich ebenso sehr nach meiner Umarmung, wie ich mich danach, sie zu halten. Und sie brauchte Trost – auch wenn sie mir das ausnahmsweise einmal nicht zeigen konnte.
    »Mein Liebes, das ist doch ganz natürlich.« Ich lehnte mich zurück und sah ihr in die Augen. »Es wird schon alles wieder gut …« Ich mußte ihr Mut machen und versuchte mein Bestes, auch wenn es schwer war, die Enttäuschung wegzustecken. Im stillen fluchte ich, und Helena muß das gespürt haben.
    Äußerlich gefaßt, blieben wir noch einige Zeit sitzen und sprachen über Familienangelegenheiten (von Haus aus kein gutes Thema), bis ich mich mit dringenden Geschäften entschuldigte.
    Helena brachte mich zur Tür. Der Pförtner schien sich inzwischen in Luft aufgelöst zu haben, darum schob ich selbst den Riegel zurück. Plötzlich schlang sie die Arme um mich und
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