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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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letzte Mal hatte ich diese Dinger bei jener gräßlichen Familienfeier gesehen, wo meine kleine Nichte Marcia sie sich als Spielzeug erkoren und zum größten Teil verschluckt hatte: meine Wettmarken.
    Wenn ein Kind etwas gegessen hat, worauf man eigentlich nicht verzichten möchte, dann gibt es – vorausgesetzt, man hängt an dem Kind – nur einen Weg, das Zeug zurückzubekommen. Ich kannte diese ekelhafte Prozedur von damals, als mein Bruder Festus den Ehering unserer Mutter verschluckt hatte und ich hinterher das Vergnügen hatte, ihm suchen zu helfen. (Bis er in Judaea ums Leben kam, was meinen brüderlichen Pflichten ein Ende setzte, war es Tradition in unserer Familie, daß Festus immer wieder in irgendeine Klemme geriet, und ich mich jedesmal dazu breitschlagen ließ, ihm rauszuhelfen.) Der Verzehr von Familienpretiosen war offenbar erblich bei uns; und ich hatte gerade drei Tage im Gefängnis dafür gebetet, daß das liebe, aber beschränkte Kind meines beschränkten Bruders Durchfall kriegen möge …
    Ich hätte mir die Mühe sparen können. Irgendeine dickköpfige Verwandte – wahrscheinlich meine Schwester Maia, die als einzige von uns Organisationstalent besaß – hatte meine Spielmarken heldenmütig gerettet. Zur Feier des Tages lüpfte ich ein Dielenbrett, unter dem ich einen halbvollen Weinkrug vor Gästen versteckt hielt, setzte mich damit auf den Balkon, legte die Füße auf die Brüstung und widmete mich in aller Ruhe dem stärkenden Trunk.
    Kaum, daß ich’s mir gemütlich gemacht hatte, kam Besuch.
    Ich hörte ihn eintreten, denn nach dem langen Aufstieg schnaufte er vernehmlich. Obwohl ich mich nicht muckste, fand er mich. Er stieß die Flügeltür auf und sprach mich ganz frech an: »Sind Sie dieser Falco?«
    »Schon möglich.«
    Seine Arme waren spindeldürr und sein dreieckiges Gesicht lief spitz in einem Winzlingskinn aus. Ein schmaler schwarzer Schnurrbart reichte fast von einem Ohr bis zum anderen. Dieser Schnurrbart sprang ins Auge. Er halbierte das Gesicht, das zu alt war für den dazugehörigen Jünglingskörper und eher zu einem Flüchtling aus einer Provinz gepaßt hätte, die seit zwanzig Jahren unter Hungersnöten und Stammesfehden litt. Die Wirklichkeit war weit weniger dramatisch. Mein Besucher war ganz einfach ein Sklave.
    »Wer fragt denn nach Falco?« Inzwischen hatte mich die Nachmittagssonne so wohlig aufgewärmt, daß es mir eigentlich egal war.
    »Ein Bote aus dem Hause des Hortensius Novus.«
    Er sprach mit leicht fremdländischem Akzent, aber beileibe nicht das Kauderwelsch, mit dem sich die Kriegsgefangenen unweigerlich auf dem Sklavenmarkt infizieren. Der hier hatte sein Latein vermutlich schon als Kind gelernt und konnte sich kaum noch an seine Muttersprache erinnern. Er hatte blaue Augen, und ich hielt ihn für einen Kelten.
    »Darf ich fragen, wie du heißt?«
    »Hyacinthus!«
    Der ruhige, feste Blick, mit dem er seinen Namen nannte, warnte mich, ihn nur ja nicht deswegen zu verspotten. Als Sklave hatte er genug Probleme, auch ohne daß jeder sich über ihn lustig machte, bloß weil irgendein verkaterter Aufseher ihm den Namen einer griechischen Blume verpaßt hatte.
    »Sehr erfreut, Hyacinthus.« Ich hatte keine Lust, mir die Retourkutsche einzufangen, die er bestimmt schon parat hatte. »Dein Herr, dieser Hortensius, ist mir gänzlich unbekannt. Was hat er denn für Kummer?«
    »Wenn Sie ihn selbst fragten, würde er sagen, keinen.«
    Leute, die einen Detektiv engagieren, sprechen oft in Rätseln. Kaum ein Klient scheint Manns genug, gerade heraus zu fragen: Was muß ich zahlen, damit Sie beweisen, daß meine Frau mit meinem Kutscher schläft?
    »Warum hat er dich dann hergeschickt?« fragte ich geduldig.
    »Seine Verwandten schicken mich«, korrigierte Hyacinthus. »Hortensius Novus hat keine Ahnung, daß ich hier bin.«
    Die Antwort schien dafür zu bürgen, daß bei dem Fall Denare winkten, und schon bedeutete ich Hyacinthus, sich zu mir auf die Bank zu setzen: Heimlichkeiten bedeuten ein höheres Honorar, und das möbelt mich immer auf.
    »Danke, Falco, Sie sind ein feiner Mann!« Hyacinthus bezog meine Einladung nicht nur auf einen Sitzplatz, sondern, sehr zu meinem Verdruß, auch auf meinen Weinkrug. Er trottete zurück in die Wohnung und suchte sich einen Becher. Als er sich schließlich unter meiner Rosenlaube niederließ, wollte er wissen: »Ist das in Ihren Augen ein geschmackvoller Rahmen, um Klienten zu empfangen?«
    »Meine Klienten sind leicht zu
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