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Kupfervenus

Kupfervenus

Titel: Kupfervenus
Autoren: Lindsey Davis
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an.
    »Endlich hast du kapiert, worauf’s bei einer Frau ankommt, und dir die richtige geangelt.«
    »Stimmt. Ich verlaß mich dabei ganz auf mein Gesicht – ebenmäßig wie parischer Marmor …«
    Lenia, eine gestrenge Kritikerin der schönen Künste, lachte spöttisch. »Aber Falco, du bist höchstens eine billige Fälschung!«
    »Ich doch nicht – ich kann die Expertise einer Dame von untadeligem Ruf vorweisen! Ihr macht es Freude, mich zu verwöhnen. Was ich natürlich auch verdient habe … Wieviel hat sie übrigens beigesteuert?«
    Als Lenia den Mund aufmachte, sah ich, daß sie drauf und dran war, mich zu beschwindeln. Doch dann fiel ihr ein, daß Helena Justina mich aufklären würde, sollte ich je den Anstand aufbringen, meine Schulden zu erwähnen. »Drei Monatsmieten, Falco.«
    »Beim Jupiter!« Der Schock brachte meinen ganzen Organismus durcheinander. Das Höchste, was ich bereit war, für die Pensionskasse meines Vermieters zu spenden, waren drei Wochen (selbstverständlich rückwirkend). »Smaractus muß sich ja vorkommen wie auf einem Regenbogen im Olymp!«
    Lenias Miene umwölkte sich, woraus ich schloß, daß Smaractus noch gar nichts von seinem Glück wußte. Sie wechselte hastig das Thema. »Übrigens hat dauernd einer nach dir gefragt.«
    »Etwa ein Klient?« Ich überlegte fieberhaft, ob der Oberspion wohl schon entdeckt hatte, daß ich ausgeflogen war. »Hast du seinen Auftrag notiert?«
    »Also, da hab wirklich Besseres zu tun, Falco! Nein, er schaut jeden Tag rein, und jedesmal sag ich ihm, daß du nicht da bist …« Ich seufzte erleichtert. Anacrites hätte vor heute nachmittag keinen Grund gehabt, nach mir zu suchen.
    »Tja, nun bin ich ja wieder da!« Ich war zu müde zum Rätselraten.
    Ich stiefelte die Treppe hoch in den sechsten Stock, den billigsten im ganzen Haus. Der Weg nach oben bot reichlich Gelegenheit, mich wieder mit dem Geruch von Urin und alten Kohlstrünken vertraut zu machen; mit dem verkrusteten Taubendreck auf jeder Stufe; den Graffiti – nicht alle in Kinderhöhe – von brünstigen Wagenlenkern; mit den Flüchen gegen Buchmacher und den pornographischen Kleinanzeigen. Von meinen Nachbarn kannte ich kaum jemanden, aber ihre zänkischen Stimmen waren mir vom Vorbeigehen im Treppenhaus vertraut. Manche Türen waren dauernd geschlossen, so daß man bedrückende Geheimnisse dahinter vermutete; andere Familien hängten nur einen Vorhang vor den Eingang, so daß die Nachbarn notgedrungen an ihrem trostlosem Leben teilhatten. Eine verrückte alte Dame im dritten Stock saß immer auf ihrer Schwelle und brabbelte hinter jedem Vorbeikommenden her; ich grüßte sie ausgesucht freundlich, was sie prompt mit einem Schwall giftiger Verwünschungen quittierte.
    Ich war aus der Übung; als ich endlich meinen Adlerhorst erklommen hatte, schlackerten mir die Knie. Einen Augenblick lang blieb ich stehen und lauschte: eine Berufskrankheit. Dann schob ich den einfachen Schnappriegel zurück und stieß die Tür auf.
     
    Daheim. Die Sorte Wohnung, die man betritt, um seine Tunika zu wechseln und die Mitteilungen seiner Freunde zu lesen, bevor man sie unter dem erstbesten Vorwand wieder verläßt. Aber heute hätte ich die Schreckgespenster auf der Treppe kein zweites Mal ertragen, also blieb ich da.
    Mit vier Schritten konnte ich mein ganzes Reich durchmessen: das Büro mit dem billigen Tisch und der wackligen Bank, dahinter das Schlafzimmer mit der windschiefen Konstruktion, die mir als Bett diente. In beiden Räumen herrschte jene beunruhigende Ordnung, die sich einstellte, wenn meine Mutter drei Tage lang ungestört und nach Herzenslust hatte aufräumen können. Ich blickte mich argwöhnisch um, aber es sah nicht so aus, als wäre außer ihr noch jemand hier gewesen. Dann schickte ich mich an, die Wohnung wieder gemütlich zu machen. Rasch hatte ich die spärlichen Möbel schief gerückt, die Bettwäsche zerwühlt, beim Wiederbeleben meiner Balkonpflanzen überall Wasser verschüttet und alles, was ich am Leibe trug, auf dem Fußboden verstreut.
    Danach ging es mir besser. Jetzt fühlte ich mich wirklich daheim.
    Auf dem Tisch war, so auffallend, daß selbst ich sie nicht übersehen konnte, eine griechische Keramikschale plaziert, die ich einmal für zwei Kupfermünzen und ein verwegenes Lächeln an einem Antiquitätenstand ergattert hatte. Sie war halb voll mit zerkratzten beinernen Plättchen, von denen manche eine ganz merkwürdige Färbung aufwiesen. Mir stockte der Atem. Das
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