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Kuessen kann schon mal passieren

Kuessen kann schon mal passieren

Titel: Kuessen kann schon mal passieren
Autoren: Susanne Fuelscher
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die Taschen seiner Jeans und zog die Schultern bis zu den Ohren.
    Â»Nein, was denn?« Es roch nach modrigem Kanal, so dass ich kurz die Luft anhalten musste.
    Â»Warte.« Er suchte in seinen Taschen herum, fischte schließlich ein zerknülltes Plastiktütchen heraus. Es sah wie die Tüte aus, in der die Ohrstecker für seine Mutter gewesen waren. »Hier. Nimm.«
    Â»Was soll ich damit?«
    Â»Auspacken. Und das, was drin ist, behalten.«
    Â»Wie bitte?«, stotterte ich und fühlte mein Herz so schnell schlagen, dass ich Angst hatte, es könnte mir einfach aus dem Brustkorb hüpfen.
    Luca erwiderte nichts, kehrte mir bloß den Rücken zu, während ich die Tüte mit klammen Fingern öffnete und eine kleine Pappschachtel hervorzog.
    Ein Geschenk? Aber wieso?
    In meiner Kehle brannte es, als hätte ich Schnaps getrunken. »Soll ich es aufmachen?«
    Â»Hab ich doch schon gesagt.«
    Behutsam, als könnte ein kleiner Schmetterling drinstecken, klappte ich den Deckel hoch. Aber es war kein Schmetterling, sondern ein Herz. Ein blaues Herz aus Muranoglas an einem Lederband. »Nein, Luca«, sagte ich leise.
    Â»Doch, Lena.« Er drehte sich zu mir und lächelte nur ganz leicht. »Komm, ich binde es dir um.«
    Ich nickte, brachte nicht mal ein Danke über die Lippen. Schon im nächsten Augenblick glitten seine warmen Hände über meinen Nacken. Sie nestelten dort eine Weile herum, dann trat Luca einen Schritt zurück. »Gefällt es dir überhaupt?«, fragte er.
    Â»Ja«, sagte ich, aber es war mehr ein Krächzen.
    Â»Ich wollte es dir schon vorhin geben, doch dann hat dieser blöde Typ mit den blauen Augen dazwischengefunkt und ich war einfach sauer, weil …«
    Er stockte.
    Â»Weil was, Luca?«
    Er schwankte ein wenig, sein Blick glitt an mir rauf und runter, und als er wieder Halt gefunden hatte, fragte er: »Weißt du eigentlich, wie schön du bist?«
    Â»Ich bin überhaupt nicht schön«, wehrte ich ab, während mein Herz, das eben noch schnell geschlagen hatte, plötzlich stillzustehen schien.
    Â»Natürlich bist du das, Lena. Allein wie du lächelst, das ist, als ob …«
    Â»Lass, Luca«, ermahnte ich ihn leise. Er durfte das nicht! Wir waren beste Freunde! Hatte er das denn vergessen?
    Â»Auch wenn du mich für einen Volltrottel hältst, ich muss dir das jetzt sagen. Es gibt nichts Schöneres für mich, als bei dir in der Küche zu sitzen, deinen grässlichen Kinderkaffee zu trinken und deine Stimme zu hören und dann …« Er machte eine wegwerfende Handbewegung und lachte unsicher. »Ich rede Scheiß, oder? Aber okay, dann rede ich eben Scheiß. Manchmal, wenn ich dich ansehe, dann zieht sich alles in meiner Brust zusammen und am liebsten würde ich mit dir in eine Rakete steigen und ins Weltall fliegen und nie, nie wieder zurückkehren, und es wäre mir auch schnuppe, wenn du nicht mit mir ins Bett gehen würdest, weil das überhaupt nicht das Wichtigste ist.« Er schnappte nach Luft und blickte mich aus seinen schönen Augen an. »Wenn du willst, kannst du mir jetzt gerne eine scheuern, aber das ändert nichts daran, dass ich … dass ich dich am liebsten auf der Stelle küssen würde, so wie damals. Denn irgendwie war es das Tollste, was ich je erlebt habe.«
    Ich hob meine Hände, was bestimmt aussah, als hätte ich lahme Flügel, doch er nahm sie in seine und sagte mit einer Stimme, so klar wie ein Gebirgsbach: »Lena, ich liebe dich.«
    Er war fertig, aber die Luft vibrierte noch, als würde eine Hochspannungsleitung über uns hinwegführen. Mein Herzschlag setzte wieder ein, zum Glück und ohne, dass ich später noch hätte sagen können, wie es eigentlich dazu gekommen war, lagen wir uns plötzlich in den Armen und küssten uns. Es war anders als damals und doch um viele Punkte schöner. Irgendwie fühlte es sich an, als würde sich die Milchstraße vor mir auftun, Tausende von Sternen bloß uns zu Ehren blinken, und ich fragte mich, warum wir erst die Umwege über Jade und Filippo hatten nehmen müssen, um in einer kalten Novembernacht in Venedig zu stehen, und warum ich bis zu diesem Zeitpunkt wirklich nichts begriffen hatte. Luca war vielleicht nicht der Größte und er hatte statt muranoglasblauen Augen bloß Nutella-Augen, aber er war einfach Luca. Der Junge, der
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