Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kuessen gut, alles gut

Kuessen gut, alles gut

Titel: Kuessen gut, alles gut
Autoren: Rachel Gibson
Vom Netzwerk:
Sie auf dem Parkplatz gewartet?«
    »Zwanzig Minuten etwa.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, als wäre er verärgert, und verschränkte die kräftigen Arme vor der noch kräftigeren Brust.
    »Tut mir leid.« Sie griff nach ihrer ins Wanken geratenen Frisur und wickelte sich das rote Tuch ab. »Wenn ich gewusst hätte, dass ich gestalkt werde, hätte ich mich beeilt.« Sie stopfte das Tuch in ihren Rucksack und fing an, die Haarklammern aus ihrer Frisur herauszuziehen.
    »Die Stalking-Gesetze variieren von Staat zu Staat. Aber normalerweise ist ein Stalker eine Person, die eine andere Person wiederholt verfolgt und belästigt und – offen oder indirekt – eine glaubhafte Bedrohung für deren körperliche Unversehrtheit darstellt. Natürlich ist das nur die Kurzversion.« Er hielt inne und beobachtete, wie sie die Klammern aus ihren Haaren zog, bevor er hinzufügte: »Das Schlüsselwort lautet wiederholt . Da ich Sie heute Abend zum ersten Mal sehe, kann man wohl mit Sicherheit sagen, dass ich kein Stalker bin.«
    Sie wusste nicht, ob sie beunruhigt sein sollte oder nicht, dass er sich mit den Stalking-Gesetzen auskannte. Ob nun in der Lang- oder in der Kurzversion. Sie stopfte eine Handvoll Haarklammern in ihren Rucksack, zog sich das Haarteil vom Kopf und legte es vor sich auf den Tisch. Schlagartig wurde ihr kühler. »Was sind Sie denn dann?«, fragte sie, obwohl sie es sich denken konnte. Stella versteckte sich zwar nicht gerade, aber sie war auch nicht mit einer einfachen Google-Suche zu finden. Sie war in keinem sozialen Netzwerk und nutzte das Internet vor allem, um nach Getränkerezepten zu suchen und sich YouTube-Videos reinzuziehen. »Sind Sie Privatdetektiv?« Sie fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
    Seine grauen Augen richteten sich von ihrem Gesicht auf den Beehive auf dem Tisch. »Nicht direkt. Ich bin im Security-Bereich tätig.«
    »So was wie ein Bodyguard?« Rein vom Äußeren konnte er einer sein.
    »Unter anderem.« Die Kellnerin kam mit zwei Tassen Kaffee und einem Tellerchen Flan zurück, der mit flüssigem Karamell beträufelt war.
    »Und was sonst noch?«
    Er wartete, bis die Kellnerin sich verzog, bevor er antwortete: »Ich kümmere mich um Sachen, von denen Sie nichts zu wissen brauchen.«
    »Geheime Spionagesachen?«
    Er nahm seine Gabel und deutete damit auf den Beehive. »Was ist das?«
    Geheime Spionagesachen waren anscheinend tabu, und sie antwortete: »Ein künstliches Haarteil.«
    »Sieht aus wie ein kleiner Kläffer.« Er machte sich über sein Dessert her. »Wie ein fetter Pekinese.«
    Nach allem, was gerade passiert war, wollte er sich ausgerechnet über ihren Amy-Beehive auslassen? Sie goss sich einen Spritzer Milch in den Kaffee und gab ein Päckchen Zucker dazu. »Und wer hat Sie nun bezahlt, um nach mir zu suchen?« Während sie umrührte, griff sie sich mit der anderen Hand in den Nacken und zog sich die Haare über die Schulter nach vorn. Dabei streiften die feinen schwarzen Strähnen den oberen Rand ihres Bustiers und kringelten sich unter der Rundung ihrer linken Brust. Sie dachte an ihre Familie und fragte sich, wer von ihnen mit seinem Geld herausgerückt war, um sie zu finden. Ihre Mutter jedenfalls nicht. Die kannte zwar ihre Adresse, doch sie bezweifelte, dass Marisol sie an irgendjemanden weitergegeben hatte. Nicht etwa, weil sie verschwiegen gewesen wäre, sondern weil Stella ihre Mutter beim Leben des Jesuskindes hatte schwören lassen, sie geheim zu halten. Und auf das Jesuskind zu schwören war eine ernste Angelegenheit. Als Erstes fiel ihr der Exmann ihrer Mutter ein. »Carlos?« Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, was er jetzt noch von ihr wollen könnte. Geld. Immerhin war ihr leiblicher Vater vor Kurzem verstorben, und Carlos musste davon ausgehen, dass sie von ihm etwas geerbt hatte. Hatte sie aber nicht. Geld hätte ihre Mutter mit Sicherheit erwähnt.
    Der Typ aß einen Löffel voll Flan, hob den stabilen weißen Becher hoch und spülte ihn hinunter. »Nein.«
    Auch sie nippte an ihrem Kaffee und wischte den roten Lippenstiftfleck mit dem Daumen weg. »Onkel Jorge?« Ihren Onkel Jorge mochte sie. Er war einer ihrer wenigen Verwandten, den sie gerne sehen würde. Er war immer gut zu ihr gewesen; dass Jorge sich jedoch auch nur von einem 10-Cent-Stück trennen würde, um sie zu finden, konnte sie sich allerdings nicht vorstellen. Er war ein guter Mensch, aber ein schrecklicher Geizkragen.
    Der Typ deutete mit dem Becher auf sie.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher