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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman
Autoren: Jenny Nelson
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High Five.
    Georgia schlug seine Hand weg. »Ich bin mir nicht sicher, ob es einen High Five wert ist, dass mein Verlobter sich dazu herablässt, mich in einem Musikschuppen in der Lower East Side zu treffen.«
    »Stimmt, da wäre ein High Five etwas übertrieben.« Er ließ seine Hand sinken. »Okay, dann ein Low Five?«
    Sie lachte. Manchmal verstanden sie und Ricky sich so gut, dass Georgia sich tatsächlich fragte, warum sie es nicht schafften, sich ineinander zu verlieben. Andererseits hatte er ihr noch nie die berühmten Schmetterlinge im Bauch flattern lassen oder ihr eine Gänsehaut beschert oder sie so abgelenkt, dass sie nur noch daran denken konnte, wie unglaublich sexy sein Unterarm war. Glenn hingegen gelang all das.
    Bernard kam durch die Schwingtür in die Küche gestürzt. »Tisch fünfzehn. Sie ist da!«
    Georgia und Ricky wechselten einen verständnislosen Blick.
    »Niemand anderer als Mercedes Sante höchstpersönlich. Hat sich als fette Landpomeranze verkleidet. Nein, wenn ich es mir recht überlege, glaube ich eigentlich gar nicht, dass sie sich verkleidet hat. Schaut euch bloß ihre Bestellung an – ihr sorgt besser dafür, dass dieses Perlhuhn wie ein Kanarienvogel singt.« Dann wandte er sich dem übrigen Küchenpersonal zu. »Meister der Küche, die allerwichtigste der wichtigsten Personen weilt in unserer Mitte. Alles muss absolut perfekt sein. Und falls jemand ein paar Ecstasy-Pillen entbehren und in das … äh, Huhn stopfen kann, wäre das sicher auch hilfreich. «
    Ricky nahm sich die Bestellung vor. »Ach du heilige Scheiße! Außer dem Perlhuhn will sie auch noch den Zackenbarsch – wann haben wir den das letzte Mal verkauft? Und
die Rehkeule, außerdem das Risotto, Ravioli, das Lamm, das Kaninchen, das außer Marco niemand isst, Austern à la Marco, Rote-Bete-Salat und die drei Vorspeisen.« Kopfschüttelnd schaute er Georgia an. »Puh, wir sind geliefert. Abgesehen von den Vorspeisen hat sie sich die abartigsten Gerichte der ganzen Speisekarte ausgesucht.«
    »Reg dich nicht auf, das ist Marcos Beerdigung, nicht unsere«, erwiderte Georgia, obwohl sie ganz genau wusste, dass es ihre eigene Zukunft war, von der sie sich verabschieden konnte, falls es der berühmten Restaurantkritikerin heute Abend nicht schmeckte. Im gegenteiligen Fall könnte eine gute Kritik von Mercedes Sante sie in die erste Liga der New Yorker Küchenchefs katapultieren – und an den Herd des Fernsehsenders »Food Network«. Wichtiger noch, dann wäre sie endlich in der Position, ihr eigenes Restaurant zu eröffnen. Mit einer Bombenkritik wäre die Finanzierung ein Kinderspiel; die Investoren würden vor ihrer Tür Schlange stehen, ein jeder mit einem dicken Scheckbuch in der Tasche. Georgia atmete ein paarmal tief durch und sandte ein gemurmeltes Stoßgebet an Ganesha. »Zweieinhalb«, erflehte sie sich von der Hindu-Gottheit in Elefantengestalt, die zuständig für Glück bei neuen Unternehmungen und Schutzpatron der Geschäftsleute war. »Nur zweieinhalb Gabeln, bitte!« Dann machte sie sich an die Arbeit.
    Die Nachricht von Mercedes’ Eintreffen verbreitete sich so schnell wie das jüngste »Hollywoodstar in Entzugsklinik«-Gerücht, und die gesamte Küchenmannschaft sprang hochkonzentriert in den Kritikermodus. Dieser unterschied sich erheblich vom Promimodus, denn hier wurde mehr Wert aufs Essen als auf die Getränke gelegt, und am Ende des Abends wurde nicht der kleinste Posten auf der Rechnung erlassen. Was die Mercedes betraf, so lautete die Devise, sie möge
schlemmen wie eine Königin und den Eindruck gewinnen, dass jeder andere namenlose Gast ebenso gut speiste.
    Georgia ging von Station zu Station, schaute den einzelnen Köchen über die Schulter und begutachtete peinlich genau die zubereiteten Gerichte, kostete Soßen, drückte den Zeigefinger in Fleischstücke, rührte in Töpfen, steckte ihre Nase überall hinein und ihren Probierlöffel ebenfalls. Dabei strahlte sie professionelle Ruhe aus, trotz der dampfenden Hitze und der Kakophonie von scheppernden Pfannen, klirrenden Messerklingen, surrenden Küchenmaschinen und auf- und zuklappenden Türen. Doch nicht nur ihre Frisur, die einem Mopp immer ähnlicher wurde, verriet den angespannten Zustand ihres Nervenkostüms. Auch die beiden parallelen Linien zwischen ihren Augenbrauen – die »Elf«, wie Glenns Mutter sie zu bezeichnen pflegte – vertieften sich zusehends, während ihre Wangen die Farbe reifer Erdbeeren annahmen.
    Sie steckte ihren
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