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Kuessen al dente - Roman

Kuessen al dente - Roman

Titel: Kuessen al dente - Roman
Autoren: Jenny Nelson
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gekocht. Als Georgia im Marco dann zur Küchenchefin befördert worden war, hatte sie darauf bestanden, Ricky als ihren Stellvertreter einzustellen. Der junge Bursche war nicht nur ein kulinarisches Wunderkind, der neunundzwanzig Sorten Basilikum auswendig aufsagen und diese unterschiedlichen Gerichten zuordnen konnte, sondern er war auch einer der ganz wenigen Menschen, der Georgia immer ehrlich seine Meinung mitteilte. In jeglicher Hinsicht.
    Bernard schlenderte in Richtung Mittagstafel, sein Markenzeichen, das rote Klemmbrett, unter dem Arm, die schmale Stahlbrille auf der Nase. »Guten Tag, alle miteinander.
Heute ist Freitag, und der Laden ist ausgebucht.« Der Geschäftsführer tippte mit seinem Kugelschreiber auf das Klemmbrett. »Die üblichen Promis, B-Movie-Akteure, und auch ein Politiker aus der zweiten Reihe haben sich angesagt. «
    Marco, ehemaliger Küchenchef und jetziger Eigentümer dieses Restaurants selbigen Namens war ein wahrer Meister darin, etwas in Szene zu setzen und eine Aura von Exklusivität zu kreieren, die die selbst ernannten Gourmets quasi mit dem Essen in sich aufsogen und von der sie gar nicht genug kriegen konnten. Und obwohl die Speisekarte nicht vor Inspiration sprühte und die Einrichtung des Lokals so aalglatt war wie Marcos Gebaren, war das Lokal auf Monate hinaus ausgebucht. Selbst zu so unbeliebten Essenszeiten wie zwischen fünf und sechs Uhr abends war kaum je ein freier Tisch zu bekommen.
    »Und«, fuhr Bernard nach einer kurzen Pause fort, »es geht das Gerücht um, dass Mercedes Sante vom Daily vorbeischauen könnte. Ihr wisst, was das bedeutet. Wenn jemand die Alte sichtet, soll er das sofort in den Computer eingeben, und zwar blitzschnell. Beim Herald haben wir’s vergeigt, aber das darf uns beim Daily nicht wieder passieren.«
    Gerüchte von Perücke tragenden Kritikern kursierten im Restaurant ständig, doch solange die Quelle nicht eindeutig benannt werden konnte, waren sich alle sicher, dass sie auf Marcos Mist gewachsen waren, der es anscheinend geschafft hatte, die Grundschule abzuschließen, ohne die Geschichte vom Hirtenjungen zu lesen, der seine Umgebung so lange zum Narren hält, bis ihn keiner mehr ernst nimmt.
    Drei der Burschen, die für das Abräumen der Teller und das Decken der Tische zuständig waren, servierten das als »family meal« titulierte Personalessen: eine Schüssel suppenartiger
Spinat, eine Schüssel mit Spaghetti, die in einer wässrigen roten Tunke schwammen, und eine Platte mit winzigen Fleischbällchen aus der Tiefkühltruhe, die liebevoll in der Mikrowelle erhitzt worden waren. Dazu muss gesagt werden, dass diese Mittagsgerichte niemals einem Vertreter von Marcos Familie vorgesetzt wurden, nicht einmal seiner verhassten Stiefmutter.
    Georgia hörte zu, wie Bernard die Tagesspezialitäten für die Kellner herunterratterte und ihnen anschließend winzige Kostproben der einzelnen Gerichte gönnte, die das Team vorbereitet hatte. Heute stand der Branzino auf der Karte, den sie morgens auf dem Markt erstanden hatten; hausgemachte Taglierini mit jungen Erbsen und zarten Zuckerschoten aus biologischem Anbau; Carpaccio vom Bresaola-Schinken mit gehobeltem Pecorino; Polenta an Waldpilzragout; Risotto mit Babyartischocken, Spargel, Minze und sautierten Schnecken; und zuletzt eine mit Wildkräutern gefüllte Lammkeule.
    Da Georgia die Rezepte für die Standardgerichte von Marco übernehmen musste, der sich schon bei der kleinsten Variation aufregte, blieben ihr nur die Tagesempfehlungen, um sich als Köchin zu verwirklichen. Und diese durften die Kellner erst servieren, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass sie genauestens über die Zutaten und Zubereitung der Speisen informiert waren. Georgia legte allerhöchsten Wert auf erstklassige Qualität und eine perfekte Präsentation ihrer Gerichte.
    »Und, habt ihr irgendwelche Fragen, Jungs?«, erkundigte sie sich, als die Kellner das erste Gericht probierten.
    »Ist bei diesem Branzino al Sala Butter dran?«, nuschelte ein Bursche mit roten Wangen, der erst vor kurzem zum Team gestoßen war, den Mund voller Fisch.
    »Erst einmal, sala ist ein Zimmer. Es heißt sale – italienisch
für Salz. Aber das sagt ihr bitte nur Gästen, die speziell danach fragen, ansonsten glauben sie vielleicht, der Fisch wäre zu salzig. Und erklärt ihnen, dass das Salz, das zu einer harten Kruste trocknet, die am Schluss aufbricht, die natürlichen Geschmackstoffe und den eigenen Saft des Fischs konserviert, so
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