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Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens

Titel: Kuesse - heiß wie die Sonne Siziliens
Autoren: Carol Grace
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überreden.
    „Sie brauchen nicht zu warten“, sagte sie stattdessen. „Ich schaue mich nur ein bisschen um und finde später schon eine Mitfahrgelegenheit für die Rückfahrt.“
    „Eine Mitfahrgelegenheit?“, fragte er ungläubig. „Das ist eine Privatstraße. Seit Monaten ist hier niemand entlanggefahren, nicht seit dem Tod Ihres Onkels.“
    „Gab es eine Beerdigung?“ „Selbstverständlich. Für was halten Sie uns, für Wilde? Die ganze Stadt war da.“
    Nur sie hatte nicht an der Beisetzung ihres Onkels teilgenommen. Er hätte den versteckten Vorwurf genauso gut laut aussprechen können. Offensichtlich dachte er, sie habe keinen Sinn für familiäre Bande. Vielleicht dachte er auch, sie sei die Wilde.
    „Ich wusste nichts von seiner Existenz, bis ich den Brief vom Anwalt bekam.“ Sie holte tief Luft. „Machen Sie sich keine Gedanken um mich. Ich laufe zu Fuß zurück.“
    Er taxierte sie mit einem kalten, abschätzigen Blick, so als überlegte er, ob er glauben sollte, dass sie ihren Onkel nicht gekannt hatte. Ganz genau betrachtete er ihren kurzen Rock, ihre weiße Bluse und die Riemchensandaletten. Isabel hatte geglaubt, sie seien perfekt für einen heißen Sommertag in Sizilien. Für eine meilenweite Wanderung über eine schlechte, staubige Straße waren sie jedenfalls denkbar ungeeignet. Nun gut, dann war sie eben völlig unpassend angezogen. Sie war nun einmal keine Italienerin und befand sich nicht auf heimischem Terrain. Warum ließ er sie sich nicht einfach allein umschauen?
    „Ich hänge hier ein bisschen rum“, sagte Dario. „Es wird nicht lange dauern, bis Sie merken, dass dies nicht der richtige Ort für Sie ist.“
    Der Mann machte sie mit seinem Pessimismus noch irre. Sie wünschte wirklich, er würde gehen. Lieber liefe sie barfuß über heiße Kohlen, als zu wissen, dass er darauf wartete, dass sie Einsicht zeigte und ihr Erbe aufgab.
    Sie drehte sich um und sah ihn an. „Rumhängen? Wo haben Sie um Himmels willen Englisch gelernt?“
    „Von einem Privatlehrer“, antwortete er mit seinem unglaublich sexy italienischen Akzent. „Mein Vater wollte, dass alle sechs Kinder Englisch lernen, denn als zukünftige Winzer und Weinexporteure sollten wir uns im internationalen Geschäft bewegen können. Bernhard hat uns alle Slangausdrücke und Flüche beigebracht, die er kannte. Sind mir schon sehr nützlich gewesen.“
    „Kann ich mir vorstellen“, murmelte sie, insgeheim überrascht von dieser ausführlichen Antwort. Monsieur hatte sich herabgelassen, mehr als zehn Worte am Stück an sie zu richten. Wie lange würde sie brauchen, um die italienische Alltagssprache zu beherrschen und in dieser Sprache fluchen zu können? Der Unterschied zwischen seiner privilegierten Herkunft mit Hauslehrern und einem großen Familienverband und dem Leben, das sie als Kind geführt hatte, war mehr als irritierend. Sie fragte sich, ob er sich seines Glückes bewusst war. Wahrscheinlich nahm er seine Familie als selbstverständlich hin. Die meisten Leute taten das.
    Anstatt zu warten folgte er ihr auf die Veranda, stieg vorsichtig über durchgefaulte Dielenbretter und öffnete die Haustür, die quietschend aufschwang. Als Isabel ihm ins Haus folgen wollte und ein riesiges Spinnennetz ihr Gesicht berührte, stieß sie einen Schrei aus und zuckte so schnell zurück, dass sie fast gegen ihn gefallen wäre. Er legte seine großen Hände auf ihre Schultern – damit sie das Gleichgewicht wiederfand oder um sie auf Abstand zu halten? Sie kämpfte gegen die Versuchung, sich für einen Moment gegen ihn zu lehnen und sich auszuruhen. Aber Isabel Morrison würde sich außer auf sich selbst auf niemanden mehr verlassen, nicht einmal für einen Augenblick. Also straffte sie die Schultern und bewegte sich vorwärts.
    Mehr zu sich selbst als zu ihm gewandt, sagte sie: „Es war nur eine Spinne.“ Vielleicht würde er ja draußen warten und sie allein das Haus erkunden lassen? Es war unmöglich, mit ihm in einem Raum zu sein und ihn zu ignorieren. Mit seiner imposanten, maskulinen Gestalt, seinem unmäßigen Selbstvertrauen, dem grüblerischen Ausdruck in seinen blauen Augen und dieser Art, Englisch zu sprechen, die allem, was er sagte, eine neue Bedeutung verlieh, nahm er so viel Raum ein, dass sie sich nicht auf das Haus konzentrieren konnte. Dabei war sie sich absolut sicher: Gleichgültig, wie beschädigt es war, gleichgültig, wie viel er ihr dafür bot, dieses Haus gehörte ihr und sie würde daran
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