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Küss mich Engel

Küss mich Engel

Titel: Küss mich Engel
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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allem anderen hatte sie die Fähigkeit zum Weinen verloren.
    Da der Zirkus in dieser Nacht nicht weiterziehen musste, hatten die Arbeiter für den Abend frei und machten sich auf in die Stadt, um sich ein Bier oder einen Schnaps zu genehmigen. Langsam wurde es ruhig auf dem Zeltplatz. Während Alex sich um Mischa kümmerte, schlüpfte sie in eins von seinen alten Sweatshirts und ging dann zu den schlafenden Elefanten und zu Tater. Sie kniete nieder und kroch zwischen seine Vorderbeine, und der kleine Elefant ließ seinen Rüssel über ihre angezogenen Knie baumeln.
    Sie kuschelte sich tiefer in Alex‘ Sweatshirt. Der weiche Sweatshirtstoff roch nach ihm, nach dieser ganz besonderen Mischung aus Seife, Sonne und Leder, die sie überall erkannt hätte. Wurde ihr denn alles genommen, was sie liebte?
    Sie hörte das Herannahen ruhiger Schritte. Tater ruckte ein wenig mit den Hinterfüßen, und ein Paar jeansbekleideter Beine tauchte vor ihr auf, die sie ohne Schwierigkeiten erkannte. Alex ging vor ihr in die Hocke, die Knie gespreizt, die Ellbogen aufgestützt und die Hände lose dazwischen herunterhängend. Er sah so müde aus, dass sie eine Sekunde lang das Bedürfnis hatte, ihn zu trösten. »Bitte komm da raus«, flüsterte er. »Ich brauch dich so.«
    Sie legte die Wange an Taters runzliges Bein. »Ich glaub, ich bleib noch ein Weilchen hier.«
    Er ließ die Schultern hängen und bohrte mit dem Finger in der Erde. »Mein Haus ... es ist ziemlich groß. Es gibt ein Gästezimmer auf der Südseite, das auf einen alten Obstgarten hinausgeht.«
    Sie stieß den Atem mit einem leisen Seufzen aus. »Ist kühl heute Abend. Der Herbst ist bald da.«
    »Ich dachte, wir könnten vielleicht ein Kinderzimmer draus machen. Es ist ein hübsches Zimmer. Sehr sonnig, mit einem großen Fenster. Vielleicht könnten wir einen Schaukelstuhl reinstellen.«
    »Ich hab den Herbst schon immer gemocht.«
    Die Tiere regten sich, und eins schnaubte leise im Schlaf. Tater hob den Rüssel von ihrem Knie und legte ihn um die Schulter ihres Mannes. Alex‘ Stimme klang zwar leise, doch die Bitterkeit darin war nicht zu überhören. »Du wirst mir nie verzeihen, stimmt‘s?«
    Sie sagte nichts.
    »Ich liebe dich, Daisy. Ich lieb dich so sehr, dass es weh tut.«
    Sie hörte, wie er litt, sah, wie verwundbar sein Gesicht in diesem Moment wirkte, und obwohl sie wusste, dass das von seinen Schuldgefühlen kam, hatte sie selbst schon viel zuviel mitgemacht, um Gefallen daran zu finden, anderen weh zu tun, besonders jemandem, der ihr soviel bedeutete. So sanft sie konnte, sagte sie: »Du weißt nicht, was Liebe bedeutet, Alex.«
    »Früher vielleicht nicht, aber jetzt schon.«
    Vielleicht lag es daran, dass sie sich dort, wo sie saß, unter Taters Herz, so geborgen fühlte, oder auch daran, dass sie Alex‘ Schmerz spüren konnte, aber der eisige Panzer, den sie um sich herum errichtet hatte, bekam auf einmal Risse. Trotz allem, was sie gesagt hatte, liebte sie ihn immer noch. Sie hatte ihn und sich selbst angelogen, als sie sagte, sie liebte ihn nicht mehr. Er war ihr Seelenverwandter, und ihr Herz gehörte für immer ihm. Zusammen mit dieser Erkenntnis tauchte eine noch tiefere, noch bitterere Gewissheit in ihr auf. Wenn sie sich noch einmal der Liebe ergab, die sie für ihn empfand, könnte sie das sehr leicht zerstören, und um ihres Kindes willen durfte sie das nicht zulassen.
    »Verstehst du denn nicht? Was du fühlst, ist dein schlechtes Gewissen, nicht Liebe.«
    »Das ist nicht wahr.«
    »Du bist ein stolzer Mann. Dein Ehrgefühl ist verletzt, und jetzt versuchst du, es wiedergutzumachen. Ich verstehe das, aber ich werd mein Leben nicht von Worten regieren lassen, die du nicht wirklich meinst. Dieses Baby ist mir zu wichtig.«
    »Mir auch.«
    Sie zuckte zusammen. »Bitte sag das nicht.«
    »Ich würd dir meine Liebe ja beweisen, aber ich weiß nicht wie.«
    »Du musst mich gehen lassen. Ich weiß, dass das deinen Stolz verletzt, und das tut mir leid, aber weiter so zusammen zu sein ist einfach zu schwer für uns beide.«
    Er sagte nichts. Sie schloss die Augen und versuchte sich hinter ihren Eispanzer zurückzuziehen, hinter dem sie bis jetzt sicher gewesen war, aber er hatte zu viele Risse bekommen. »Bitte, Alex«, flüsterte sie gebrochen. »Bitte lass mich gehen.«
    Seine Stimme war kaum hörbar. »Willst du das wirklich?«
    Sie nickte.
    Sie hätte nie gedacht, dass sie ihn je besiegt sehen würde, aber in diesem Moment schien ein innerer
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