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Kuehe essen Wiese auf

Kuehe essen Wiese auf

Titel: Kuehe essen Wiese auf
Autoren: Rosi Fellner , Margit Schoenberger
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selbst gemachte Butter ist zum raschen Verzehr bestimmt, da sie keine chemischen Haltbarmacher enthält.

Herzlich willkommen auf dem Land!
    Alle Menschen haben ihre Träume – auch wir, die wir in der sogenannten Provinz daheim sind. Manchmal ein bisschen länger schlafen zu können, wäre beispielsweise schön. Steht aber nicht weit oben auf der Traumliste, denn wer auf dem Land aufgewachsen ist, passt sich schon von Kindesbeinen dem Lebensrhythmus und Bedürfnissen der Tiere an, die versorgt werden müssen. Aber spontan eine Ausstellung zu besuchen, ins Kino und ins Theater zu gehen, ohne stellvertretende Versorger für die Vier- und gefiederten Zweibeiner organisieren zu müssen … das ist oft gar nicht so einfach. Ich freue mich jedes Mal riesig, wenn es mir gelingt, einen halben Tag freizuschaufeln, mit dem Auto in eine Stadt zu fahren und in einer Buchhandlung zu verschwinden. Das, was den Stadtleuten der Geruch von frisch gemähtem Gras oder von Heu ist, ist für mich der einer Buchhandlung. Ich kann mich stundenlang in diese wunderbare Atmosphäre hineinfallen lassen. Den Gesprächen über Bücher zuhören, selbst in ihnen zu blättern und mir den Geschmack von bedrucktem Papier im übertragenen Sinn auf der Zunge zergehen zu lassen – das ist für mich wahrer Luxus. Wenn ich dann mit meinen frisch erworbenen Schätzen zwischen zwei Buchdeckeln wieder Richtung Heimat fahre, denke ich dankbar an meine Bienenvölker: Es ist meist das Honiggeld, das ich in Bücher umwandle. Auch eine Form von Alchemie.
    Nach solchen Ausflügen kann ich aber auch jedes Mal aufs Neue verstehen, warum es Menschen von den Städten hinaus aufs Land zieht. Es geht schon recht hektisch und unpersönlich zu in diesen großen Häuseransammlungen …
    Ob man aber die Übersichtlichkeit des Landlebens und die damit verbundene Nähe zueinander wirklich aushält, sollte man sich als potenzieller Stadtflüchter ziemlich genau überlegen. Wir hier draußen sind alle aufeinander angewiesen. Schon wenn der Schneepflugfahrer im Winter ausfällt, haben viele Menschen ein Problem. Und das ist vielleicht gar nicht so klein. Auch bei uns gibt es Ärzte, Krankenhäuser und Polizei. Aber diese Nothelfer sind aufgrund längerer – hoffentlich schneefreier – Wege nicht so schnell da, wie das vielleicht in der Stadt der Fall ist. Wir alle sind deshalb auf gute Nachbarschaft angewiesen. Die muss man aber pflegen. Wer die Anonymität der Stadt schätzt und froh ist, wenn er von anderen Menschen nichts hört und sieht, der ist auf dem Land nur bedingt gut aufgehoben.
    Es heißt ja, wir Dörfler seien allem Fremden abgeneigt und es brauche Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis wir Zugezogene als dazugehörig betrachten. Das mag da und dort so sein, aber es gibt ganz einfache Methoden, dem erfolgreich entgegenzuwirken. Kinder sind dabei hilfreich, weil sie unbefangener sind und daher meistens weniger Berührungsängste haben als Erwachsene. Sie tragen Informationen von Haus zu Haus, manchmal mehr, als einem lieb ist. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Stadt und Provinz. Es sind die Erwachsenen, die sich gegenseitig das Leben schwer machen, wenn sie sich nicht kennen. Diejenigen, die sich aber kennen, und das tut man eben meistens in kleinen Gemeinden, grüßen einander, wenn sie sich begegnen. Das ist für Städter ungewohnt und viele tun sich schwer damit, deshalb hält man sie leicht für unfreundlich und arrogant. In der Grußangelegenheit wäre es hilfreich, wenn sich Landneulinge ein Beispiel an erfahrenen Wanderern und Bergsteigern nähmen. Sie grüßen einander wie selbstverständlich: wer auch immer da des Weges kommt, denn man könnte in der Einsamkeit schneller aufeinander angewiesen sein, als einem lieb ist.
    Das Problem des Neuseins ist am besten an der Wurzel zu packen: Wer sich beim Bäcker und beim Metzger beim ersten Einkauf namentlich vorstellt, erwähnt, in welches Haus er gezogen ist, ein paar Worte zur Familie und vielleicht auch zu seinem Beruf sagt, der wird beim nächsten Gang durchs Dorf schon ein paar freundlichen und wissenden Gesichtern mehr begegnen. Die »stille Post« funktioniert perfekt. Das Gemeindeamt und die Schule sind ohnedies von Amts wegen bereits informiert. Dem Postamt und der Polizeistation einen Antrittsbesuch abzustatten, wird mit Hochachtung registriert werden. Mit dem Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr wird einen der Dorfwirt bekannt machen, dem man auch auf einen Sonntagsbraten die Ehre erweisen sollte.
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