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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Autoren: Karlheinz Deschner
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brandmarkte der bekannte Kanonist Heinrich von Susa (Hostiensis), Kardinalbischof von Ostia, der bei den Päpsten in höchstem Ansehn stand, Ablässe für Verstorbene als sündhaften Betrug. Aber nach Kirchenlehrer Albertus Magnus waren sie den armen Seelen im Fegfeuer sehr nützlich!
    Für den Lebenden bewirkte ein Ablaß offensichtlich desto mehr, je mehr er zahlte. Gott kann rechnen. Und zumindest im ausgehenden Mittelalter soll die jeweilige Kauf summe für Legionen von Ablässen an der Kurie in Verzeichnissen gestanden haben. Gegenpapst Gregor VIII., den Papst Calixt II. so gnadenlos ruinierte (VI 398 f.!), bewilligte im frühen 12. Jahrhundert den Bewohnern von Lucca für den vierzigsten Teil ihres Vermögens als Kreuzzugsspende einen vollkommenen Ablaß. Innozenz IV. gewährte 1253 den vollkommenen Ablaß für Überweisung eines Viertels oder noch größeren Teils des Jahreseinkommens; wer freilich weniger gab, durfte auch nur einen geringeren, einen der Gabe entsprechenden Erlaß gewärtigen. Gott ist gerecht.
    Vollkommene Ablässe (nicht umsonst hießen sie so) waren am teuersten, jedoch unterschiedlich hoch – es hing von der »Wichtigkeit der Sache« (dem Vorteil für den Empfänger) ab. Für Mailand beliefen sich dafür die Kosten anno 1391 auf 1000 Gulden, 1398 auf 600 Gulden, für München im späten 15. Jahrhundert auf 245, für Trier 1515 auf 230 und (in einem weiteren Fall) auf 220 Gulden. Höher stehenden Personen scheinen Päpste gelegentlich auch höhere Ablässe gewährt zu haben. So verlieh Klemens V., der Vernichter der Templer (VII 461 ff.!), meist nur Ablässe von 10, 20, 40, 60 oder 100 Tagen, gab aber der Herzogin Blanka von Bretagne einmal einen Ablaß von 40 Jahren, der Königin Isabella von England und der Tochter Blanka Ludwigs IX. von Frankreich sogar von 100 Jahren.
    Im Spätmittelalter zählten die Ablaßbriefe bereits nach Tausenden, und die Ablaßgnaden vermehrten sich geradezu ungeheuer, als bestünde da ein Zusammenhang mit dem chronischen Geldmangel, den oft immer größeren Ausgaben der Päpste. Die Stellvertreter Gottes waren völlig skrupellos. Sie versicherten in ihren Bullen zwar oft, der eben bewilligte Ablaß werde nie widerrufen, setzten sich aber bei nächster Gelegenheit darüber hinweg, ja erklärten in neuen Bullen die anderen Ablässe für ungültig trotz aller entgegenstehenden Klauseln, auch wenn ausdrücklich gesagt worden sei, daß sie nie suspendiert werden könnten!
    Noch nach dem Konzil von Trient verkauften spanische Bischöfe »in althergebrachter Weise« Ablässe gegen Geld, machten sie daraus einen »pecuniären Erwerbszweig« (Kober).
    Eine weitere Methode, den Mammon zu mehren, war die Exkommunikation.
    Wann immer möglich, wandte man sie an und ließ die Exkommunizierten sich dann loskaufen. Da allmählich ein ganzer Hagel von Bannflüchen, vor allem aus politischen Gründen, auf die Gläubigen, auch auf Bischöfe und Äbte, niederging, da nach der Klage von Zeitgenossen im Spätmittelalter fast ein Drittel der Christenheit unter Bann oder Interdikt lag, wobei die Kirchensperre manchmal zwölf und mehr Jahre dauerte, war dies ein sehr einträgliches Geschäft, auch wenn schließlich der Bann nicht mehr so einschlug wie zuvor. Oder – eine andere Ausbeutungsvariante – man rief Laien zur gleichen Zeit vor verschiedene geistliche Gerichte. Erschienen sie dann da oder dort nicht, exkommunizierte man sie, bis sie sich durch hohe Geldbußen wieder befreit hatten. 21
    Dazu kamen all die monetären Auflagen, die man dem eigenen Klerus machte.
    Zum Beispiel die nicht unbeträchtlichen Reichnisse der Erzbischöfe beim Empfang des Palliums, ursprünglich ein Geschenk, dann eine Gebühr, die schon früh beklagte Zahlungspflicht. Dabei betonte man, die übliche Heuchelei, um den Vorwurf der Simonie zu entgehen, die Freiwilligkeit der Beisteuer (subsidium caritativum), als diese schon längst erzwungen wurde.
    Die Päpste fanden Geschmack daran und verlangten Präsente oder Geld auch von den in Rom geweihten Bischöfen, den Äbten, kassierten bei der vorgeschriebenen Visitatio ad limina Apostolorum, den Besuchen der Prälaten an der Kurie, ein Drittel des Jahresertrages jeder Diözese, kassierten ebenso für Pfründen, die sie übertrugen oder bestätigten. Papst Innozenz IV., besonders begabt auch für diesen Geschäftszweig, bekam geradezu das Epitheton ornans »Pfründenkrämer«. Für England erteilte er fünfmal soviel Genehmigungen wie seine Vorgänger.
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